Das Buch zeichnet das Bild einer Fantasystadt. In verschiedenen Geschichten werden verschiedene Schauplätze abgeklappert und durch eine Rahmenhandlung verbunden. Abwechslung bietet die Sammlung auf jeden Fall, das Konzept hat für mich aber nicht immer funktioniert.
Schreibstil und Struktur:
Naturgemäß ist der Stil bei einer Anthologie mit verschiedenen Autor*innen unterschiedlich, in diesem Fall würde ich sagen: durchwachsen. Es gab Geschichten, die fand ich etwas holprig bis plump, aber auch gute. Immerhin musste ich keine aufgrund der Sprache abbrechen, es war also solide genug. Bei viereinhalb Geschichten hat für mich der Spannungsbogen bzw. die Pointe allerdings nicht funktioniert, bei zwei anderen war ein solcher wenig bis überhaupt nicht erkennbar. Bei einer Geschichte gab es merkwürdige Perspektivbrüche. Es gab drei Highlights und es hätten ruhig mehr sein dürfen.
3 Sterne
Auswahl und Settings:
Die Anthologie hat eine Rahmenhandlung. Ich war da ja skeptisch, denn Rahmenhandlungen sind selten interessant bzw. unnötiger Ballast. Da ist es mir dann lieber, ich lese die Geschichte(n) ohne diesen. Hier hat es aber erstaunlich gut funktioniert, wenn auch ich mir vom Ende ein wenig mehr erwartet hätte. Nichtsdestotrotz fand ich das ganz gut gemacht. Auch die verschiedenen Schauplätze sind kreativ und decken Gauklermarkt, Tempel, Friedhof bis hin zum Spinnenpalast ab. Es hätte vielleicht ein Nachteil sein können, dass sich manche Dinge wiederholen. So habe ich es aber nicht empfunden, im Gegenteil, der Wiedererkennungswert war hier ein Vorteil, weil ich das Gefühl hatte, tiefer in die Welt einzusteigen.
4,5 Sterne
Tiefgang:
Auch hier würde ich sagen: Durchwachsen. Manche Geschichten sind doch sehr einfach gestrickt. Andere regen tatsächlich zum Nachdenken an. Da geht es zum Beispiel um das Leben von Menschen mit Behinderung oder um Rassismus und Diskriminierung. In der Breite gehen die Geschichten aber nicht unbedingt in die Tiefe, sondern wollen lediglich unterhalten.
3,5 Sterne
Konsistenz:
Da Schreibstil und Tiefgang doch ein wenig variieren, wirkt die Anthologie nicht immer ganz konsistent. Es passt nicht recht zusammen, wenn sich eine sehr simple Geschichte mit nur allzu pädagogisch-pathetischer Message an eine komplexere Geschichte mit Tiefgang reiht. Die Anthologie ist ja sehr umfangreich. Vielleicht wäre hier weniger mehr gewesen und manche Geschichten verzichtbar. Hinzu kommt noch, dass thematisch nicht alle Geschichten miteinander harmonieren. Die Geschichte „Sprachen“ beispielsweise war zwar für sich genommen gut, aber sie zeigt ein sehr viel moderneres Setting als die Vorgängergeschichte „Veränderung“, die gut in einer Mittelalterwelt spielen könnte. Außerdem war die Geschichte eigentlich auch keine Phantastik und hätte genauso gut in einer völlig anderen Anthologie stehen können. Und auch wenn ich nichts gegen Steampunkgeschichten habe, so hatte ich doch meine Schwierigkeiten, Valys nun einzuordnen. Ist Valys nun eine Steampunkstadt oder nicht? Man weiß es nicht. Für mich ist das ein Bruch mit dem Konzept, denn es ist schwer miteinander vereinbar, dass diese Fantasystadt gleichzeitig modern, magielos und mittelalterlich und voller Zauberei ist.
3 Sterne
Schwierig, diese Anthologie zu bewerten. Das Konzept hat mir gefallen und die Sache mit der Rahmenhandlung fand ich gut gemacht. Und auch gute Geschichten gab es ja durchaus. Für meinen Geschmack waren es aber zu wenige. Die meisten sind dann doch eher Mittelmaß und ein paar haben für mich auch nicht recht funktioniert. Außerdem wurde für mich das Konzept nicht ganz konsistent umgesetzt. Natürlich soll eine Anthologie abwechslungsreich sein, aber wenn man schon auf intertextuelle Bezüge setzt, dann sollten diese doch auch funktionieren, oder nicht? Lässt man das außen vor, findet man hier aber durchaus Kreativität und Abwechslung.
Gesamtwertung: 3,5 Sterne, macht gerundet 4 Sterne