Cover des Buches Umweg nach Hause (ISBN: 9783462046595)
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Rezension zu Umweg nach Hause von Jonathan Evison

Ich hatte mehr erwartet..

von Leselampe_ vor 9 Jahren

Rezension

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Leselampe_vor 9 Jahren
Ben, in seinen späten Dreißigern, arbeitslos und von Schulden überhäuft, hat es nicht leicht im Leben. Nach einem schweren Schicksalsschlag hat seine Frau ihn verlassen und zwingt ihn bereits seit mehreren Jahren dazu, die Scheidungspapiere zu unterzeichnen.
Durch einen Kurs in häuslicher Pflege und anschließender Vermittlung lernt er den jungen Trev kennen, welcher an Muskelschwund leidet, sich nur im Rollstuhl fortbewegen kann und daher auf fremde Hilfe angewiesen ist. Doch Trev hat sich mit seinem Schicksal abgefunden. Er lebt tagtäglich mit der selben Routine, trägt immer die gleichen Klamotten, geht nicht vor die Tür und sein Tag besteht aus dem Gucken des Wetterkanales und Waffeln essen.
Nach anfänglichem Misstrauen von Seiten Trev's Mutter wird Ben schließlich als Pfleger eingestellt. Um Trev's Alltag interessanter zu gestalten, plant Ben einen Roadtrip mit einem Kleinbus, dessen Ziel es ist, Trev's Vater in Utah zu besuchen. Dieser hat sich vor Jahren nach Trev's Diagnose aus dem Staub gemacht, versucht aber trotzdem immer wieder die Aufmerksamkeit seines Sohnes zurückzuerlangen, indem er plötzlich vor der Tür steht und mit Essen darum bittet, eingelassen zu werden. Trev's Mutter zweifelt jedoch weiterhin an Ben's Fähigkeiten im Umgang mit ihrem Sohn, doch nach vielerlei Überzeugungskraft erhalten sie schließlich die Erlaubnis zu fahren. Und deren beiden Trip verläuft natürlich nicht wie ursprünglich geplant.

Die Kapitel sind aus Ben's Perspektive erzählt und wechseln sich zwischen seiner Vergangenheit und dem gegenwärtigen Geschehen ab. In den Rückblenden erfährt man einiges von Ben's Familie und über dessen zwei Kinder, die bei einem von Ben verschuldeten Unfall ums Leben gekommen sind.Ich hatte einen spannenden, skurrilen Roadtrip voller Situationskomik erwartet, eben wie es im Klappentext angekündigt wurde. Der eigentliche Entschluss und Aufbruch zum Roadtrip beginnt aber erst ab der Hälfte des Buches. Da sich die Kapitel jedoch zwischen Ben's Vorleben und dem heutigen Geschehen abwechseln, liegt der Fokus eher auf der Vergangenheit und Ben's Rückblenden als auf der Gegenwart, sodass der Roadtrip sich eher nebensächlich ins Geschehen einfügt. Auch war ich mir keiner witzigen Situation bewusst, das Buch war vielmehr von einem negativen, problembeladenen Charakter geprägt, was vor allem Ben's Gedankengängen geschuldet war.

Auf ihrer Fahrt durch einige verschiede Bundesstaaten der USA sammeln die Beiden die von zu Hause ausgerissene Dot und die hochschwangere Frau namens Peaches samt deren Mann auf. Durch eine Auseinandersetzung muss Peaches Mann jedoch vorübergehend ins Gefängnis, sodass der Trip mit den verbliebenen Vieren weitergeht. Auf ihrem Weg pausieren sie in kleinen Ortschaften und sehen sich die örtlichen Sehenswürdigkeiten an, bis Peaches plötzlich und ohne Vorwehen Vorort ihr gebärt (was eigentlich wenig logisch ist). Die Reise geht also mit Ben, Trev und Dot weiter, wobei sich Dot und Trev immer näher kommen.
Alle Charaktere wurden eher oberflächlich geschrieben, obwohl alle keine Durchschnittstypen sind und man gerade aus der verzweifelten Peaches und der rebellischen, ausgerissenen Dot so viel Interessantes hätte herausholen können. Auch die Verfolgungsjagd eines Skylarks, welcher sie mehrere Tage beschattet und auf Schritt und Tritt folgt, hätte man durchaus interessanter gestalten können.
An einigen Passagen war das Buch etwas eigenartig, beziehungsweise unschlüssig. Beispielsweise habe ich nicht verstanden, wieso Ben, welcher selbst kein Geld hat der gesamten Crew während des Trips ständig Essen in Restaurants ausgibt? Desweiteren spendiert er der ihm Anfangs noch fremden Dot ein Frühstück, nachdem sie sich gerademal an dessen Tisch gesetzt hat.Außerdem habe ich nicht verstanden, warum Ben sich nicht endlich dazu aufrafft, die Scheidungspapiere zu unterschreiben und sich stattdessen täglich eine Verfolgungsjagd mit einem Kurier leistet und deshalb sogar aus seinem Fenster springt, da dieser damit beauftragt ist, Ben's Unterschrift auf die Scheidungspapiere zu erzwingen. Er müsste doch nach drei Jahren wissen, dass die Unterzeichnung des Vertrages unvermeidlich ist.Entgegen meiner Erwartungen, dass sich die Beziehung zwischen Ben und Trev im Verlaufe des Roadtrips weiter verbessert, passiert in dieser Hinsicht einfach gar nichts. Auch gelang es mir, trotz meiner Bemühungen nicht mich mit dem Protagonisten anzufreunden. Dazu kam Ben mir zu sehr wie ein unbeholfener, naiver Nichtsnutz rüber, welcher schon zu lange auf der faulen Haut lag.
Leider muss ich auch sagen, dass das Buch mich eher an einen billigen Abklatsch von "Ziemlich beste Freunde" erinnert, jedoch mit dessen Tragödik und Geschichte nicht mithalten kann und welche mich sehr berührt hat. Das Buch wurde meiner Erwartungen nicht gerecht, da der Klappentext ziemlich missverständlich ist.
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