Rezension zu "Edward III (Penguin Monarchs): A Heroic Failure" von Jonathan Sumption
Andreas_OberenderSeit 2014 bringt der Penguin-Verlag eine Buchreihe heraus, die "Penguin Monarchs". Es handelt sich um Kurzbiographien aller englischen und britischen Könige und Königinnen seit dem 11. Jahrhundert. Die Reihe beginnt mit den letzten angelsächsischen Herrschern vor der normannischen Eroberung. Auch Oliver Cromwell ist ein Band gewidmet. Mittlerweile sind zwei Drittel der 45 geplanten Bände erschienen. Die Bücher sind kleinformatig (13x18,5 cm) und umfassen maximal 150 Seiten. Sie enthalten farbige Abbildungen, Stammtafeln und kommentierte Literaturhinweise. Auch wenn eine entsprechende Angabe fehlt, ist davon auszugehen, dass sich die Bände an historisch interessierte Laien richten, die sich rasch über das Leben der englischen Monarchen informieren wollen. Als Konkurrenz zur renommierten Biographienreihe "Yale English Monarchs", deren Bände eher für den wissenschaftlichen Gebrauch in Frage kommen, sind die "Penguin Monarchs" nicht gedacht. Interessant ist die Reihe dennoch, denn der Verlag hat zahlreiche bekannte Historikerinnen und Historiker als Autoren gewonnen. Damit ist sichergestellt, dass sich die einzelnen Kurzbiographien auf der Höhe des heutigen Forschungsstandes bewegen.
Über Jahrhunderte hinweg war Eduard III. (1312-1377) einer der populärsten Könige Englands. Seinen Zeitgenossen und späteren Generationen galt er als vollkommener Fürst. Heinrich V. und Heinrich VIII. wählten ihn zu ihrem Vorbild. Nachdem die englische Monarchie unter seinem Vater Eduard II. einen Tiefpunkt erreicht hatte, führte Eduard III. das Königtum zu neuem Glanz. Vor allem als siegreicher Feldherr und Gründer des Hosenbandordens ist er in Erinnerung geblieben. Ohne zu ahnen, dass er einen mehr als hundertjährigen Konflikt auslösen würde, erhob Eduard III. 1340 Anspruch auf den französischen Thron. Der Kampf zwischen den Plantagenets und dem Haus Valois um die Krone Frankreichs zog sich bis Mitte des 15. Jahrhunderts hin. Eduard und sein gleichnamiger ältester Sohn, der Prinz von Wales, fügten den Franzosen 1346 bei Crécy und 1356 bei Poitiers schwere Niederlagen zu. Für einige Jahre war König Johann II. von Frankreich Eduards Gefangener, ebenso wie König David II. von Schottland. Die Beute aus seinen Kriegen, darunter hohe Lösegelder für prominente Gefangene, gestattete Eduard III. eine prachtvolle, verschwenderische Hofhaltung, wie sie England noch nie zuvor gesehen hatte.
Zur Überraschung des Lesers erteilt Jonathan Sumption der traditionellen Verklärung Eduards III. eine deutliche Absage. Sumption, bekannt geworden durch eine mehrbändige Darstellung des Hundertjährigen Krieges, erzählt Eduards Leben als Geschichte eines tragischen Scheiterns. Als der König 1377 nach fünfzigjähriger Herrschaft starb, hatte er seine Erfolge und seinen Ruhm überlebt. Trotz aller Siege auf dem Schlachtfeld hatte er es nie vermocht, seinen Anspruch auf die französische Krone durchzusetzen. Eine Krönung in Reims war geplant, gelang aber nicht (1359). Eduard besaß in Frankreich keine Anhänger, die seinen Anspruch unterstützt hätten. Dieses Problem sollte auch seinen Nachfolgern zum Verhängnis werden, die den sinnlosen Kampf um den französischen Thron jahrzehntelang fortsetzten. Eduard III. wollte nicht wahrhaben, dass die Ressourcen seines Landes für ein Kräftemessen mit Frankreich nicht ausreichten. Die Staatsfinanzen waren bei seinem Tod völlig zerrüttet. Es war ungewisser denn je, ob sich das Herzogtum Aquitanien, der letzte Festlandsbesitz des Hauses Plantagenets, dauerhaft gegen den Expansionsdrang der Valois-Könige würde verteidigen lassen. Eduard III. hinterließ seinen Nachfolgern ein schweres Erbe.
Sumption hat die militärischen und diplomatischen Aspekte von Eduards Herrschaft in den Vordergrund gerückt. Er geht nicht nur auf die Anfangsphase des Hundertjährigen Krieges ein, sondern auch auf den Dauerkonflikt zwischen England und Schottland, den Eduard III. von seinem Großvater und seinem Vater geerbt hatte. Andere Themen finden in Sumptions Darstellung zu wenig Berücksichtigung. Eduards Tätigkeit als Gesetzgeber bleibt ebenso unterbelichtet wie seine erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Parlament, das der König während seiner langen Herrschaft nicht weniger als 48 Mal einberief. Ohne regelmäßige Konsultation mit dem Parlament hätte Eduard seine kostspieligen Kriegszüge nicht finanzieren können. Mit beachtlichem Geschick mobilisierte Eduard die Engländer für den Kampf um die französische Krone, kein nationales, sondern ein rein dynastisches Anliegen. Sumption würdigt das politische Talent des Monarchen zu wenig. Eduard III. sah sich nie mit Adelsrevolten und Volksaufständen konfrontiert. Das ist bemerkenswert angesichts der Anstrengungen, die der König seinen Untertanen zumutete. Auch dieser Band der "Penguin Monarchs" hätte um einige Seiten umfangreicher ausfallen können. Ein abgerundetes Porträt Eduards III. bietet Jonathan Sumption nicht.
(Hinweis: Diese Rezension habe ich zuerst im Januar 2018 bei Amazon gepostet)