Cover des Buches Am Horizont die Freiheit (ISBN: 9783651000384)
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Rezension zu Am Horizont die Freiheit von Jorge Molist

Eine Odyssee im spanischen Mittelalter

von Literatur vor 10 Jahren

Kurzmeinung: Im spanischen Mittelalter angesiedelt historisch fundiert, interessant und lehrreich, stilistisch zeitweise langatmig und unproportioniert.

Rezension

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Literaturvor 10 Jahren

"Bücher sind wie Menschen, sie haben Leib und Seele. Beide sind wichtig. Ich habe viele Bücher gelesen, und an vielen hatte ich größere Freude wegen des Aussehens, des Duftes und der Textur als wegen des Inhalts, den sie erzählten." (S. 158)


Bei einem Piratenüberfall auf ein katalanisches Dorf verliert der Jugendliche Joan fast seine gesamte Familie und sein Zuhause. Ein Kloster in Barcelona nimmt Joan und seinen Bruder notgedrungen auf und bietet ihnen eine Perspektive im Buch- und Schmiedehandwerk. Für Joan steht fest, dass er den Überfall auf sein Dorf und die Ermordung seines Vaters rächen sowie die entführten und versklavten Frauen seiner Familie wiederfinden muss. Neben dieser Lebensaufgabe strebt er nach Erfüllung seiner Liebe zur Juwelierstochter Ana, die als Konvertitin von der spanischen Inquisition bedroht wird.


Historisch wirkt der Roman, angesiedelt im Spanien und Mittelmeerraum des 15. Jahrhunderts, sehr gut recherchiert, sodass die Leser sehr viel über die gesellschaftlichen und kirchlichen Strukturen, die Moral- und Rechtsvorstellungen, die Kriegsführung sowie interessante und prägende Persönlichkeiten aus dieser Zeit erfahren. Die historischen Aspekte werden über spannende und ereignisreiche Episoden aus Joans Leben gefühlvoll und meist fesselnd vermittelt, wobei gelegentlich die Grenze zu kitschiger und oberflächlicher Gefühlsdarstellung überschritten wird. Die Themen Schuld, Freiheit und Gerechtigkeit werden vielseitig thematisiert und wandeln sich im Laufe der Geschichte. Insbesondere berührt haben mich die Passagen über die Bücherherstellung zur damaligen Zeit und was für ein Glück es ist, lesen zu können :-) . Die Konstruktion der Geschichte ist für mich rückblickend betrachtet zu unproportioniert, unstrukturiert und unnatürlich. Die bildliche Sprache des Autors hat mir einerseits sehr gut gefallen, hat mich meist berührt und mich in ihren Bann gezogen, andererseits wurde die Erzählweise passagenweise langatmig, sodass der Spannungsbogen der Handlung sich sehr wechselhaft gestaltete. Der deutsche Buchtitel, aber insbesondere die Titelbildgestaltung, finde ich nicht optimal gelöst: Der Buchtitel klingt zwar zunächst poetisch, ist mir jedoch in Hinblick auf die Geschichte zu wenig "griffig", der Blick aus der Kathedrale auf's Meer gewichtet den kirchlichen Aspekt zu stark.


"Am Horizont die Freiheit" hatte für mich durch seine interessante und historisch vielseitig angelegte Themenwahl einen guten Unterhaltungswert mit lehrreichen Episoden, konnte mich jedoch aufgrund von wiederholten Längen nicht kontinuierlich fesseln und verlor im Laufe der Handlung durch die unausgereifte Aneinanderreihung von Themenschwerpunkten an Glaubwürdigkeit. Meine Leseempfehlung gilt für alle, die sich für die Geschichte des Mittelalters aus männlicher Perspektive sowie Handwerk, Buchherstellung, Freiheit, Sklaverei und Gefangenschaft interessieren, da historisch ein guter Überblick vermittelt wird.
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