Rezension zu "Shame of Thrones - Das Leid von Eis und Feuer" von José Fonollosa
Laut Einleitung dürfte "Shame of Thrones" theoretisch perfekt für alle Fans von TV-Serie und Romanreihe sein. Schließlich gibt es noch mehr Charaktere, mehr Intrigen, mehr Gewalt und natürlich auch viel mehr Sex zu sehen. Das erfreut nicht nur die zwangsweise enthaltsam lebenden Nachtwächter, sondern wahrscheinlich auch jeden, der möglichst ausführliche Darstellungen davon für authentischen Realismus hält. Ein kleiner Vorgeschmack auf zahlreiche Seitenhiebe, die der Autor geschickt in eine geraffte Nacherzählung des ersten Romans, beziehungsweise der ersten Serienstaffel einzuflechten versteht. Der Zeichenstil fängt die wichtigsten Äußerlichkeiten der bekanntesten Figuren ein, manchen erkennt man somit auch ohne die amüsant verfremdeten Namen wieder (zum Beispiel den Bluthund). Die wiederum verraten auf überspitzte Weise oft einiges über die Charaktere, sei es Jon Weh (vom Vater ungeliebt und ewig melancholisch), Nerd Stark (echten Nerds und Geeks als Boromir, Odysseus usw. bekannt), die Geschwister Gagarien (gaga dank Inzest) oder Kalle Dumbo (ein besonders primitiver und überdimensionierter Khal Drogo).
Gleichzeitig gibt es aber auch etliche Details zu entdecken, die den Autor als echten Fan des Genres entlarven. Die Neuerzählung und so manche kreativ zusammengefassten Handlungsstränge verlangen durchaus detaillierte Kenntnisse der parodierten Welt. Auch auf andere Werke wird Bezug genommen, etwa wenn der "Halbmann" Tyson Polyester von einem gewissen Zauberer per Anhalter mitgenommen wird, oder wenn der dreiäugige Rabe einen Dichter zitiert, dessen Name kurz darauf als lautmalerischer Soundeffekt erscheint. An diesen und einigen anderen Stellen zeigt sich einen angenehme Subtilität, die weit mehr als der im Prolog angedeutete Haudrauf-Humor ist und den Comic damit zu einer in Teilen durchaus anspruchsvollen Auseinandersetzung mit George R.R. Martins Fantasywelt und deren Rezeption in der Popkultur macht. Aber an den meisten Stellen macht er auch einfach nur mächtig Spaß.
Da es sich bei diesem Band laut Buchrücken um den ersten Beitrag einer beginnenden Reihe handelt, darf man getrost annehmen, dass noch weitere folgen. Schaden würde es nicht. Schließlich gibt die beginnende Schreckensherrschaft des verwöhnten Kindkönigs Psycho Ballatheon noch genug Stoff für weitere Parodien her. Ganz zu Schweigen vom Schicksal der vermutlich gebeuteltsten Familie des Nordens.
Seitenzahl: 64
Format: 21,5 x 21,7 cm, gebunden
Verlag: Panini