Rezension zu "Zeitenbruch" von Joschka Fischer
Zurzeit dürfte es schwer sein, ein aktuelles Buch zum Thema Weltpolitik vorzulegen. Versucht hat es Joschka Fischer mit „Zeitenbruch“, einem Buch, naja, wohl eher Essay zum Ende des Zeitalters der kohlenstoffbasierten Energieerzeugung und damit wahrscheinlich einhergehenden Zäsur des globalen politischen Systems.
Mit der Erkenntnis, dass Menschen Gewohnheitstiere sind und nur zu gern glaubten, es gehe immer irgendwie „wie gewohnt“ weiter, verkündet er nicht gerade Raketenwissenschaft – und das, obwohl man bemerkt haben könnte, dass die Welt von Erschütterungen getrieben wird: Pandemie, Erderwärmung und digitalen Revolution. Gut, zum Zeitpunkt des Drucks kann man das noch akzeptieren, doch jemand wie Fischer sollte eigentlich dem Artensterben mehr als „eine Fußnote“ gönnen. An sich bleibt der Text in der Analyse stecken, wie es wirklich weitergeht, Visionen: (weitgehend) Fehlanzeige, zumal Fischers Idee der globalen Zusammenarbeit statt nationaler Konkurrenz gerade ad absurdum geführt wird. Ähnlich wie beim Artensterben bleibt er bei der Erwähnung der Ernährungsgewohnheiten „stecken“: Ja, er erwähnt kurz den nötigen Weg von tierischem zu pflanzlichem Eiweiß, aber dass gerade in westlichen Gesellschaften da eine Hirnblockade vorzuliegen scheint: nein …
Insgesamt legt Joschka Fischer mit seinem Büchlein, wo sich die Weltwirtschaft langsam auf die Dekarbonisierung der Energiegewinnung einlässt, und untersucht, wo die Politik trotz diverser Klimaabkommen versagt bzw. sich erste Ansätze zeigen, eine treffende Analyse vor. Zieht man Vorspann, Fußnoten usw. ab, ist der Inhalt übersichtlich und ließe sich zusammendampfen auf „Wir müssten was tun“. Potzblitz, der Erkenntnisgewinn ist nicht nennenswert höher als nach Sehen einer durchschnittlichen Talkshow zum Thema. Lösungsvorschläge, bis auf sehr generelle gibt es nicht. Da gibt es definitiv Besseres … 2,5 Sterne, die für sehr eilige Leser aufgerundet würden – ansonsten lieber zu etwas substantielleren Büchern greifen.