Josef M. Bauer

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Neue Rezensionen zu Josef M. Bauer

Cover des Buches So weit die Füße tragen (ISBN: 9783404146666)
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Rezension zu "So weit die Füße tragen" von Josef M. Bauer

Spannend, trotz Schwarz-Weiß-Sicht und historischer Ungereimtheiten
AnjaLG87vor 4 Jahren

"So weit die Füße tragen" hat sich mittlerweile als vermutlich unwahre und fiktive Geschichte herausgestellt, nicht als der Tatsachenbericht, der er zu sein vorgibt. Nichtsdestotrotz, auch als rein fiktive Geschichte, fand ich das Buch total spannend: Die Flucht eines Mannes vom sibirischen Ostkap Tausende von Kilometern weit zurück nach Hause, durch verschiedene Länder, Jahreszeiten, Gefahren usw. wird so anschaulich und mitreißend erklärt, dass man immer weiterlesen und erfahren will, ob er es schafft. Im Jahr der Entstehung des Romans war es wohl normal und "zeitgemäß", aber die Einteilung aller Menschen in Gut und Böse, in Schwarz und Weiß, hat mich beim Lesen doch ziemlich gestört. Die deutschen Kriegsgefangenen und die einfachen sibirischen Bauern sind herzensgute Menschen mit guten Zielen, aber alle, die im Ostblock-System als Soldaten, Grenzbeamte usw. tätig sind, werden - auch optisch - als fies, böse usw. beschrieben. Trotz dieser Schwäche und "Einfältigkeit", konnte mich die geschilderte Flucht mit all ihren Widrigkeiten wirklich packen, weshalb ich den Roman - mit dem Wissen, dass es sich um Fiktion handelt - für nervenaufreibende Lesestunden empfehlen kann. 

Cover des Buches So weit die Füße tragen (ISBN: 9783404146666)
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Rezension zu "So weit die Füße tragen" von Josef M. Bauer

So weit die Füße tragen von Josef Martin Bauer
Janko-Unchainedvor 6 Jahren

So weit die Füße tragen von Josef Martin Bauer
(Bastei Lübbe)

„So weit die Füße tragen“ ist die Erzählung des jungen, deutschen Wehrmachtangehörigen und Kriegsgefangenen Clemens Forell [(eigentlich Cornelius Rost (1919–1983)], der Ende des zweiten Weltkriegs zu 25 Jahren Zwangsarbeit in einem russischen Bleibergwerk am Ostkap (Kap Deschnjow) verurteilt wird und von dort zu fliehen versucht. Er schuftet Tag ein Tag aus, wird krank oder gibt hin und wieder an krank zu sein, damit er nur einmal kurz ausbrechen kann, aus der ewigen Dunkelheit und der beklemmenden Bedrängnis des todbringenden Bleibergwerks. Dabei schmiegt er erste Pläne für eine irrwitzige Flucht. 

Der 1955 erschienene und in 15 Sprachen übersetzte Erfolgsroman von Josef Martin Bauer beruht angeblich auf Tatsachen, deren niedergeschriebene Erlebnisse so zermürbend sind wie ein Todesmarsch. Ein verzweifelter Todesmarsch durch die eiskalte Hölle Sibiriens. Ständig auf der Flucht, von nichts weiter umgeben als Eis, Kälte und ewiger Weite. Weit über 14.000 Kilometer legt Clemens Forell  hierbei zurück. Die Entfernungen im Buch werden jedoch stets in „Werst“ angegeben, was etwa einem Kilometer (1066,78 Metern) entspricht.

Die Geschichte beginnt, als im Dezember 1945 ein Zug mit deutschen Kriegsgefangenen durch das karge, schneebedeckte Russland fährt. Monatelang durch halb Sibirien bis zum Baikalsee. Ab und an, wenn der Zug in arktischer Kälte für Stunden steht, wird eine Wanne lauwarmer Kartoffeln hineingeschüttet. Dann darf auch ein Arm voll Feuerholz hineingeholt werden, aber erst nachdem die Toten hinausgelegt wurden. Viel zu wenig Feuerholz um die kalten Wagons in ausreichendem Maße zu heizen. Am ersten Etappenziel Tschita angekommen, sattelt man für den nächsten, qualvollen Abschnitt auf Pferdeschlitten um. Weitere 40 strapaziöse Reisetage ziehen ins Land, in denen elendiglich weitergestorben wird. Das darauffolgende Teilstück zieht sich auf Hundeschlitten fort. Anschließend geht man noch wochenlang zu Fuß. Eine Flucht erscheint aufgrund der Bewachung, der kargen Landschaft und des ewigen Eises mehr als aussichtslos. Es ist eine nie enden wollende Totenwanderung, bei der so mancher auf der Strecke bleibt. Und als man endlich an der Station am Ostkap ankommt, sind von ursprünglich 1.950 Mann gerade noch 1.236 übrig. Josef Martin Bauer erzählt Clemens Forells‘ Geschichte recht nüchtern und sinniert im Allgemeinen wenig über die Strapazen dieser Odyssee. Der Leser muss also seiner Phantasie zusätzlich Antrieb geben, um auch nur annähernd die Qualen und das Elend nachvollziehen zu können, das auf die Totgeweihten mit ihrer Verurteilung hereinbricht. Der intellektuell gehaltene Schreibstil Bauers ist an die vierziger Jahre des letzten Jahrtausends angelehnt, hat etwas Patina angesetzt und verhält sich gegenüber dem Lesefluss daher etwas kontraproduktiv. Die verwendete Sprache ist also gerne mal ein wenig sperrig, passt deswegen aber auch besonders gut zum Zeitgeist, den Gegebenheiten und den Gefahren, denen Clemens Forell im Laufe der Zeit ausgesetzt ist.

In der Kaserne am Ende eines Bergwerksstollens, ohne Einrichtung oder Stroh zum Hinlegen, werden die Männer nach ihrem kräftezehrenden Marsch untergebracht. Quasi arbeitsnah im Bleibergwerk. Es gibt generell wenig zu essen. Nur so viel, dass möglichst keiner stirbt. Der Hunger ist also ein ständiger Begleiter und auch die Dunkelheit. Als viele der Männer an Typhus erkranken und auf eine provisorische Krankenstation gebracht werden, schmieden Forell und sein Kumpan Dechant die ersten Fluchtpläne. Doch dazu kommt es nicht mehr, denn Clemens Forell wird gemeinsam mit dem Strafgefangenen Lothar Eisemann dazu auserkoren, eine bewachte Versorgungsfahrt auf Hundeschlitten zu begleiten. Mit Aufseher Wassilij machen sie sich zu dritt auf den dreiwöchigen Weg zu einer Hafenstadt am Meer. Bei dieser Gelegenheit beschließt Clemens zu fliehen. Es ist eine nahezu aussichtslose Flucht abertausende Kilometer durch die eisige Wüste Sibiriens, des Kaukasus und über das Uralgebirge. Mit Proviant für vielleicht zehn Tage. Als Wassilij tief und fest schläft, nutzt Clemens seine Chance. Er muss den eigentlich sehr netten Russen Wassilij glücklicherweise nicht töten und ihm gelingt die Flucht.

Forell muss aufpassen, dass er nicht schneeblind wird. Er will ein Pensum von mindestens 30 Kilometer am Tag schaffen, was kaum zu schaffen ist. Am elften Tag, als er schon fast nicht mehr klar denken kann, gerät er in eine Kontrolle. Forell wird festgenommen und letztlich wieder seiner Kommandantur am Ostkap überstellt, wo das langsame Sterben von neuem beginnt. Auf Anordnung der Russen wird der Flüchtige von seinen Kameraden im Spießrutenlauf bestraft. Mit allerlei erdenklichem Einfallsreichtum wird auf Clemens eingedroschen. Bis er bewusstlos zu Boden geht. Dann hören die Männer auf, die bereits geschlagen haben. Doch diejenigen, die noch nicht zum Zuge gekommen sind, prügeln weiter ohne jede Rücksicht auf den reglos am Boden liegenden Kameraden Clemens Forell ein. Wieder zurück im Berg überkommen ihn Angstzustände. Er redet nicht mehr so gerne mit den anderen. Vom unförmigen Stiel seiner Spitzhacke bekommt er offene Blutblasen an den Händen. Die Arbeit im Bleibergwerk ist hart. Die Gefangenen kommen nur selten ans Licht. Und so vergeht Jahr um Jahr mit der Arbeit im dunklen Bleibergwerk. Die mühselige Arbeit, ohne auch nur ein Quäntchen Hoffnung, macht die Kriegsgefangenen mürbe. Keiner traut sich gegen die Russen mobil zu machen. Und so verrinnt jeder neuerliche Tag in Schweiß, Demut, Krankheit und hirnzermarternder Sinnlosigkeit. Gequält und angetrieben von der Liebe zu seiner Katrin macht sich Forell zwei Jahre nach seinem ersten Fluchtversuch dann doch auf zu einer erneuten Flucht und auf den äußerst beschwerlichen, wie auch gefährlichen Weg nach Hause. Die jeweils aufgenommenen Strapazen kommen jedoch nicht richtig zur Geltung und bleiben eher hintergründig, was doch arg befremdlich ist, sollte dies doch eines der Hauptaugenmerke eines solchen Tatsachenromans sein.

Im Laufe der Zeit werden von verschiedenen Insassen Fluchtversuche unternommen, von denen einer über Alaska sogar bei den Amerikanern endet, die den Flüchtigen allerdings prompt wieder an die Russen ausliefern. So heißt es also: Es bleibt nur die Möglichkeit über die Weiten Sibiriens nach Hause zu gelangen. Zwei weitere Flüchtige werden keine zehn Kilometer vom Lager erfroren gefunden. Dechant, ein Mitgefangener Forells will es dann dennoch wagen und erhält dabei Unterstützung von dem deutschen Kasernenarzt Dr. Stauffer. Dechant gibt sein Vorhaben jedoch vorzeitig auf. Die Überbleibsel der Fluchtvorbereitungen Dechants sind jedoch noch vorhanden und befinden sich in Dr. Stauffers' Obhut. Als Forell wegen einer Lungenentzündung ins Lazarett kommt, übernimmt er kurzerhand die aufgegebene Planung Dechants. Vor Angst vor Entdeckung, aber auch seiner Liebe zu Katrin wegen, macht sich Clemens Forell abermals auf den beschwerlichen, unvorstellbar strapaziösen Weg. Die klirrende Kälte Sibiriens, die schier endlosen Weiten, die Gefahren des Entdecktwerdens, den Tod als ständigen Begleiter an seiner Seite wissend, marschiert und marschiert und irrt Forell fast ganze drei Jahre lang durch die Einöde des weltgrößten Kontinents. Der Ausbrecher läuft und läuft und läuft und der Horizont, der aus lauter glitzernden Glasscherben zu bestehen scheint, macht den Anschein, als ob er vor ihm fliehen würde. Mit einem sehr kleinen Kompass ausgerüstet, der ihm nur grob die Richtung vorgibt, irrt Clemens Forell durch Sibirien und gerät dabei immer wieder an seine Grenzen oder auch weit darüber hinaus. Er trifft auf einheimische Rentierhirten, die ihn verköstigen, aber nicht verraten, sondern erst einmal mitnehmen. Wochenlang zieht er mit ihnen umher, kehrt sogar in ihr Dorf ein. Irgendwann als die Zeit gekommen ist, überhäuft man ihn mit Geschenken, führt ihn fort und wünscht ihm voller Herzlichkeit alles Gute für seinen weiteren Weg.

Forell trifft mehrfach auf Dörfer, wird in der Regel herzlich aufgenommen und zuvorkommend behandelt. Aber eigentlich will er doch nur nach Hause. Bedrückend wird es, als sich Clemens eingestehen muss, dass er kurz davor steht aufzugeben und sich allmählich Gewahr wird, dass er niemals heimkehren wird. Er gerät an drei russische Strafgefangene, die vor einiger Zeit aus einem Goldbergwerk im Kolymagebirge geflohen sind. Raue Genossen, die als Gesetzlose auf das Leben in der Wildnis bestens eingestellt sind. Sie nehmen Forell mit auf ihre Reise, die in der kargen Landschaft Sibiriens nicht viel mehr als Jagen und Goldwaschen bereithält. Eine tiefe Freundschaft wird sich unter den Männern nicht herauskristallisieren. Eher das Gegenteil ist der Fall. Folgendes Zitat von Seite 343 macht es mehr als deutlich: „Clemens muss ständig auf der Hut sein, denn es ist eine abscheuliche Gegend, in der einem Menschen so schnell etwas zustoßen kann, so laut er auch um Hilfe schreit. Leichen bedeuten in diesem Land keine große Aufregung, wenn überhaupt jemand die findet.“ Forell trifft immer wieder auf Menschengruppen, wobei er von einem Jakutenstamm der Hunde züchtet einen Hund, der wohl Ausschussware ist, zur Seite gestellt bekommt. Niemand auf den er trifft fragt Forell ernsthaft nach seinem Ausweis. Ansonsten redet er sich raus, erfindet Geschichten und baut auf die Barmherzigkeit des einfachen sibirischen Volkes. Er stielt, wenn ihm nichts anderes übrig bleibt und schlägt sich durch. Krank sieht er aus und keiner glaubt, dass er jemals nach Hause zurückkehren wird. Viele meinen es gut mit ihm, andere wiederum trachten ihm nach dem Leben. Aber nicht nur Menschen können hier draußen in der endlosen Wildnis Gefahr bedeuten, denn Forell macht auch mit Bären und Wölfen Bekanntschaft.

„So weit die Füße tragen“ wurde bereits mehrfach verfilmt (u.a. in einem sechsteiligen Fernsehfilm von 1959 und einer Kinoverfilmung von 2001). Wohingegen sich der Sechsteiler noch sehr nahe am Buch orientiert, nimmt sich die 2001er Neuverfilmung schon wesentlich mehr Freiraum für eigene Interpretationen. Auch eine Hörspieladaption wurde erfolgreich produziert. Die Erzählungen, die Cornelius Rost alias Clemens Forell für Josef Martin Bauer auf Tonband gesprochen hatte, wurden jedoch vom Rundfunk-Journalisten Arthur Dittlmann in einer dreiteiligen Doku-Reihe im Bayerischen Rundfunk angezweifelt. Es gibt sehr viele Ungereimtheiten, die auf eine rege Phantasie Cornelius Rosts schließen lassen. Das Buch über die Flucht, die Strapazen und den elend langen Heimweg bis nach München ist dennoch sehr lesenswert. Lediglich die ersten 150 Seiten nehmen sich ein wenig zäh aus.

Meine Wertung: 84/100

Link zur Buchseite des Verlags: Klick!

10,00 €
Inkl. MwSt.
BASTEI LÜBBE
TASCHENBUCH
SONSTIGE BELLETRISTIK
478 SEITEN
ISBN: 978-3-404-14666-6
ERSTERSCHEINUNG: 11.12.2001

More Hard Stuff @  www.lackoflies.com

Cover des Buches So weit die Füße tragen (ISBN: 9783404146666)

Rezension zu "So weit die Füße tragen" von Josef M. Bauer

Rezension zu "So weit die Füße tragen" von Josef M. Bauer
Ein LovelyBooks-Nutzervor 15 Jahren

Der Kriegsgefangene Forell tritt eine Reise an. Mit einem schier unerreichbaren Ziel vor Augen. In Kriegsgefangenschaft geraten wird er nach irgendwo gebracht. In der Eishölle besteht das Leben nur aus dem Bergwerk und gelegentlichen Freigängen. Die sich ergebende Bekanntschaft mit dem dortigen Lagerarzt verschafft ihm einige lebensnotwendige Fluchtuntensilien. Die anschließende Odyssee beschreib eindringlich und genau die Entbehrungen und Gefahren.
Eine ganz hervorragende Idee ist hier zu Papier gebracht. Allerdings sehe ich hier nicht alle Chancen für einen spannenden Roman umgesetzt. Es wirkt streckenweise lustlos erzählt, abgespult. Ein Grund dafür mag sicher das alter des Buches sein. Hier wird mit der Geschichte ganz anders umgegangen als es heute der Fall sein würde.
Wer sich für die Ereignisse rund um den zweiten Weltkrieg interessiert, sollte hier unbedingt zugreifen. Wer spannende Unterhaltung auf dem Schlachtfeld sucht kann getrost auf dieses Werk verzichten.

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