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In Cold Case Ötzi ist der Name Programm. Drei forensische Experten, die heute mit ihrem Fachwissen Verbrechen aufklären, rollen den Fall der in den 90er-Jahren in Südtirol gefundenen Gletschermumie („Ötzi“) neu auf. Ihr Ziel: herausfinden, was sich damals tatsächlich zugetragen hat.
Ich muss zugeben, dass auch mir der Name Ötzi nicht unbekannt war und ich vage wusste, dass er als Mumie entdeckt wurde. Was ich jedoch nicht wusste: In seinem Körper wurde eine Pfeilspitze gefunden, weshalb man davon ausgeht, dass er nicht eines natürlichen Todes starb, sondern ermordet wurde. Wer ihn tötete und aus welchem Grund – genau das versuchen die Experten dieses Buches mithilfe ihrer forensischen Kenntnisse zu rekonstruieren. Eine anspruchsvolle Aufgabe, wenn man bedenkt, dass Ötzi rund 3000 Jahre v. Chr. gelebt hat – also vor über 5000 Jahren.
Bei der Fallaufklärung gehen die drei Experten äusserst akribisch vor. Sie analysieren zunächst die zahlreichen Fundstücke, die in und um die Mumie entdeckt wurden: Neben Kleidungsstücken aus Tierhaut fanden sich unter anderem ein selbst gebauter Bogen, Pfeile und eine Axt. Jedes Detail wird sorgfältig untersucht, um keinen möglicherweise entscheidenden Hinweis auf die Tat zu übersehen.
Durch Spurenanalysen und Materialuntersuchungen gelingt es ihnen, ein grobes Bild von Ötzis damaligem Status zu erstellen und dieses mit dem heutigen Wissen über die Kupferzeit zu verknüpfen – vieles davon basiert natürlich auf Vermutungen.
Während der erste Teil des Buches von detaillierten Analysen geprägt ist, die ein gewisses Interesse an forensischer Arbeit erfordern, fand ich vor allem die späteren Hypothesen fesselnd. Die Autoren rekonstruieren Ötzis letzten Weg und die wahrscheinliche Tat auf beeindruckende Weise. Auch wenn es keine Beweise für diese Erklärungsmodelle gibt, erscheinen sie durch die im Buch dargelegten Überlegungen schlüssig. Auf welche Erkenntnisse sich die Experten letztlich einigen, möchte ich nicht vorwegnehmen. Sie können zwar keinen klaren Täter benennen, doch sie entwerfen ein plausibles Bild eines möglichen Mörders und seiner Beziehung zu Ötzi sowie ein denkbares Mordmotiv.
Für mich klang ihre Theorie überzeugend, und ich würde am liebsten mit einer Zeitmaschine in die Kupferzeit reisen, um herauszufinden, was wirklich geschah – denn die Geschichte ist faszinierend.
Fazit:
Dieser Abstecher in das mir eher fremde "True Crime" Lesegenre hat mir überraschend gut gefallen. Drei forensische Experten rollen die Fallakte Ötzi neu auf und wollen herausfinden, wie er damals gestorben ist. Die detailreichen Analysen jedes Gegenstandes waren stellenweise etwas trocken, dafür fand ich die daraus abgeleiteten Hypothesen über die damaligen Geschehnisse, Ötzis Status und dem Mordmotiv sehr spannend und aufschlussreich und am Ende wirkt alles - trotz fehlender Beweise - sehr plausibel, sodass mich dieses Sachbuch überraschend gut unterhalten konnte.
Josef Rohrer
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
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Neue Rezensionen zu Josef Rohrer
Alexander Horn - Profiler, Oliver Peschel - Rechtsmediziner, Andreas Putzer – Archäologe, und der Autor schließen sich für drei Tage in einer abgeschiedenen, hochalpinen Hütte ein um den Mordfall Ötzi zu beleuchten.
Ich kann mich noch gut an die Bilder erinnern, als die mumifizierte Leiche 1991 am Gletscher auf über 3000 Meter Seehöhe gefunden wurde. Die ersten Mutmaßungen und dann die große Sensation – über 5000 Jahre alt. Muss die Geschichte neu geschrieben werden? Und wer war der Unbekannte? Die Leiche und all die Fundstücke wurden auf das genaueste untersucht, um Antworten auf die vielen Fragen zu finden, hauptsächlich aus archäologischer Sicht. Erst zehn Jahre später, 2001, wurde eine Pfeilspitze in Ötzis Schulter entdeckt, die zweifelsfrei als Teil einer Tatwaffe, die seinen Tod verursachte, identifiziert werden konnte. Das warf ein neues Licht auf den Mann aus dem Eis.
Die drei Wissenschaftler setzten sich nun akribisch mit dem Fall auseinander. Mit dem Mordfall, denn davon wird mittlerweile ausgegangen. Oder war es doch ein Jagdunfall.
Nach 5200 Jahren kann das natürlich nicht mehr vollständig geklärt werden. Und dennoch, was Forensik und Archäologie mittlerweile alles zu Tage fördern, ist mehr als erstaunlich. Unter anderem anhand von wenigen Pollen, die im Magen, an Kleidung, etc. gefunden wurden, ließ sich ein recht gutes Bild von Ötzi und der ganzen Gegend zeichnen. So konnte mit ziemlicher Sicherheit sein soziales Umfeld beschrieben werden, seine ursprüngliche Herkunft aus einem anderen Tal, usw.
Das Buch liest sich weg wie nichts, ist spannend wie ein Krimi. Erstaunliche Erkenntnisse werden uns präsentiert, nach und nach aufgearbeitet. Und vor allem: sehr flüssig geschrieben. Viele Skizzen und Fotos ergänzen alles perfekt. Das Buch gibt sehr interessante Einblicke auf die Arbeit der Forensik und Rechtsmedizin, und auch darauf, wie verzwickte Kriminalfälle in der Praxis aufgerollt werden.
Ein Sachbuch, das, ich wiederhole mich, spannender ist als so mancher Krimi, den ich gelesen habe.
Sehr gerne gebe ich eine Leseempfehlung für dieses informative Buch.
Wie ist Ötzi gestorben und warum? Lässt sich das nach der ganzen vergangenen Zeit noch feststellen? Um das zu klären, treffen sich Alexander Horn, Leiter der Dienststelle für operative Fallanalyse des Polizeipräsidiums München, Oliver Peschel, stellvertretender Vorstand am Institut für Rechtsmedizin der LMU München, Andreas Putzer, Spezialist für hochalpine Archäologie und der Autor.
Selten habe ich ein Sachbuch gelesen, das sich so locker-leicht dahinliest. Dem Autor ist es wirklich gelungen, angenehm und dennoch informativ zu berichten: von dem Treffen der drei Spezialisten, von den Diskussionen und den Ergebnissen. Dabei werden viele Informationen rund um all das, was es an reichlichen Untersuchungen zur Gletschermumie gibt, mit eingestreut. Einiges davon wurde mittlerweile wiederlegt, anderes untermauert. Nicht nur zur Fundstelle, auch zur Mumie selbst und zur Ausrüstung gibt es viele Bilder und Fotografien zu sehen. Interessant wird das Ganze aus dem neuen Blickwinkel betrachtet: Warum musste Ötzi sterben und wie ging dieser Mord überhaupt vor sich.
Natürlich bleibt dabei Vieles Spekulation – schließlich ist das Ganze wirklich ein „Cold Case“ und liegt lange zurück. So dient die kriminalistische Herangehensweise hier dazu, noch einmal ein Resümee zu ziehen, was man bisher zu Ötzi weiß, was beweisbar ist, was nicht und auch, wie man sich die Lebensumstände und die Gesellschaft zu Ötzis Lebzeiten vorstellen kann.
Es ist etwas her, dass ich mich mit Ötzi und den Forschungsergebnissen rund um ihn beschäftigt habe. So wurde ich hier von einigem überrascht, das mir neu war.
Fazit: Ich fand das Ganze höchst spannend und genauso informativ wie angenehm zu lesen. Ich kann das Buch nur empfehlen.
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