Joseph Mitchell

 3,8 Sterne bei 12 Bewertungen
Autor*in von Joe Goulds Geheimnis, McSorley’s Wonderful Saloon und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Joseph Mitchell wurde in Iona (North Carolina) geboren. Im Alter von 21 Jahren kam er einen Tag nach dem Börsenkrach 1929 nach New York und begann seine journalistische Laufbahn als Kriminalreporter bei verschiedenen Tageszeitungen. Er gilt als Mitbegründer des New Journalism. Als Chefreporter des New Yorker wurde er zur lebenden Legende. Nach seiner Reportage »Joe Gould’s Secret« (1964) veröffentlichte er bis zu seinem Tod keine Zeile mehr, suchte jedoch täglich sein Büro auf.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Joseph Mitchell

Cover des Buches McSorley’s Wonderful Saloon (ISBN: 9783037341414)

McSorley’s Wonderful Saloon

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Erschienen am 19.02.2011
Cover des Buches Old Mr. Flood (ISBN: 9783037348789)

Old Mr. Flood

 (2)
Erschienen am 31.01.2015
Cover des Buches McSorley’s Wonderful Saloon (ISBN: 9783035804096)

McSorley’s Wonderful Saloon

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Erschienen am 27.04.2021
Cover des Buches New York Reporter (ISBN: 9783035804133)

New York Reporter

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Erschienen am 27.04.2021
Cover des Buches Street Life (ISBN: 9783035804225)

Street Life

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Erschienen am 27.04.2021
Cover des Buches Zwischen den Flüssen (ISBN: 9783037341834)

Zwischen den Flüssen

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Erschienen am 06.03.2012
Cover des Buches Zwischen den Flüssen (ISBN: 9783035804126)

Zwischen den Flüssen

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Erschienen am 27.04.2021

Neue Rezensionen zu Joseph Mitchell

Cover des Buches Joe Goulds Geheimnis (ISBN: 9783462028898)

Rezension zu "Joe Goulds Geheimnis" von Joseph Mitchell

Eigentlich erzählt ...
Ein LovelyBooks-Nutzervor 7 Jahren

Mitchell eine Geschichte zweier Männer - die von Joe Gould und die von sich selbst. 

Menschen wie Gould sind in der heutigen Zeit rar geworden. Sie werden in geschlossene Abteilungen gesteckt und mit Medikamenten vollgepumpt. Über ihre Lebensgeschichten und Erfahrungen möchten die meisten nichts wissen. Dieses Buch ist eine Zusammenfassung zweier Porträts, die Mitchell im New Yorker über Gould geschrieben hatte. Sie ergänzen sich, sind nicht redundant, sondern runden das Gesamtbild ab. Mitchell hat hier natürlich mehr als ein Porträt über einen Nomaden oder einen auf der Straße lebenden Exzentriker geschrieben. Er macht es sich nie einfach, bleibt immer auf Distanz, orientiert sich an Fakten (was zunehmend schwieriger wird) und verfasst alles in kühler, sachlicher Sprache. Mitchell lernt Gould als eine Art Gescheiterten kennen - einem Menschen, der sich trotz bester Voraussetzungen - wohlhabendes Elternhaus, Studium in Harvard, nie auf die Verheißungen der modernen Gesellschaft eingelassen hat. Gould lebt auf den Straßen, schnorrt sich durch, gehört nirgends dazu, ist sein eigener König, kommuniziert lieber mit Tauben als mit Menschen. Angeblich arbeitet er seit Jahren an seiner "Oral History", einer Art Enzyklopädie der Zeit. Dieser Text, "länger als die Bibel", soll bereits über mehr als zwanzigtausend Seiten verfügen, eine Melange aus Notizen, mitgehörten Gesprächen und eigenen Verschriftlichungen Goulds. Mitchell kann das alles sehr gut einsortieren, er recherchiert, berichtet über die teilweise enervierenden Gespräche mit Gould, der auch immer mehr zu einem Fixpunkt in Mitchells Leben wird, und über die zwei Gesichter - das eine einfühlsam und mitteilsam, sanftmütig und belesen, das andere krass, drastisch, exaltiert und wütend. Mitchell ist involviert, es sind intime Szenen, die er schildert, wenn Gould über Familie, insbesondere seinen Vater und seine Jugend spricht, aber er begeht nie den Fehler, fasziniert zu sein. Es wird nie anrührend, nie emotional, er erliegt auch nie der Verführung, den Leser irgendwie manipulieren zu wollen, was bei einer Figur wie Gould sicherlich sehr einfach gewesen wäre. Er bleibt immer Journalist, der sich auf der Suche nach Wahrheiten befindet, der ergründet und hinterfragt und sich auch im richtigen Moment zurückziehen kann. Was bleibt von Gould übrig, ist er ein vergessenes Genie, ist er ein Scharlatan, ein Hochstapler? Und ist das noch wichtig?


Im Laufe des Buchs wird die Auseinandersetzung mit Gould und seiner Oral History vertrackter, zäher, langsamer, und es wird auch immer mehr zu einer Auseinandersetzung zwischen Autor und der Person Gould, was alledem zugrunde liegt - das wird nie in aller Deutlichkeit ausgesprochen, aber der Leser spürt förmlich, wie es in Mitchell arbeitet, wie er um eine eigene Position ringt. Was im letzten Drittel des Buches dann folgt, ist an leiser Tragik, meisterhaft, neutral, knapp beschrieben, kaum mehr zu überbieten. 


Ein Buch, das für mich mehr Fragen als Antworten liefert. Heute werden Charaktere wie Gould in einer überhöhten, romantischen Folklore besungen und dargestellt, weil sie eben nicht mehr in unserer Selbstverständlichkeit, in unserer Realität vorkommen, das kann schnell zum Kitsch ausarten. Mitchell hatte es allerdings mit einer Echtheit, einer Leibhaftigkeit zu tun, mit den alten Fragen nach den Grenzen von Fiktion und Fakt - er hat stellvertretend auch eine Geschichte über nicht erzählte Geschichten geschrieben, über die Lebensgeschichten der Vergessenen nämlich, die sich weder dem Zwang zum sozialen Aufstieg verschworen noch als Konsument in einer bunten, allumfänglichen Warenwelt taugen. 


 

Cover des Buches McSorley’s Wonderful Saloon (ISBN: 9783037341414)
JohannesGroschupfs avatar

Rezension zu "McSorley’s Wonderful Saloon" von Joseph Mitchell

Meisterhafte Reportagen
JohannesGroschupfvor 10 Jahren

Joseph Mitchells Revier war das New York der 30er, 40er und 50er Jahre, und heute noch gilt er als der beste Reporter, der je für den „New Yorker“ schrieb. Seine Liebe galt den Kaschemmen in der Bowery und am alten Hafen, den Lebensentwürfen der Tagediebe und Habenichtse. „Mein Thema waren nicht die kleinen Leute“, sagte er, „sie sind so groß wie du und ich, ganz egal wer wir sein mögen“.

Mitchell schreibt knapp und präzis. Seine Reportagen, aus denen eine Auswahl nun endlich, elegant übersetzt von Sven Koch und Andrea Stumpf, auch auf Deutsch vorliegt, sind getragen von einem schwarzen Humor, der auf jegliche Wertung verzichtet, und von einer Wertschätzung seiner Gegenüber, die diese niemals bloßstellt.

Mit wenigen Worten führt Mitchell ins McSorley’s, die älteste Bar der Stadt, ein: „Es ist eine ruhige Kneipe; der Barmann macht keinen unnötigen Handgriff, die Gäste halten sich an ihren Ale-Gläsern fest und die drei Uhren an den Wänden können sich schon seit Jahren nicht auf eine gemeinsame Zeit einigen.“ Am Ende der Beschreibung meint der Leser, die ganze Belegschaft der Bar zu kennen, bis hin zu Minnie, der faulen Katze, die in der Kohlenschütte neben dem Ofen schläft.

Mitchell war nicht nur ein genauer Beobachter, sondern vor allem ein begnadeter Zuhörer, der seine Figuren oft seitenlang zu Wort kommen lässt und ihnen in die feinsten Verästelungen ihrer Logik folgt. Zum Verhängnis wurde Mitchell die langjährige Bekanntschaft mit dem Schnorrer und Bohemien Joe Gould, der angeblich an einem riesigen Werk schrieb, einer Mitschrift aus 20 000 Gesprächen, die er auf seinen Streifzügen durch die Stadt aufgeschnappt hatte. Das ominöse Werk, in zahllosen Kladden voller Kaffee-, Fett- und Bierflecken, neunmal so lang wie die Bibel, fand nie einen Verlag.

Sieben Jahre nach Goulds Tod lüftete Mitchell dessen Geheimnis – und verstummte. Die nächsten 31 Jahre und sechs Monate kam er fast täglich zur Arbeit, aber er veröffentlichte keine einzige Zeile mehr. Mitchell starb 1996. Das McSorley’s gibt es übrigens heute noch: 15 East 7th Street.

Cover des Buches McSorley’s Wonderful Saloon (ISBN: 9783037341414)

Rezension zu "McSorley’s Wonderful Saloon" von Joseph Mitchell

Rezension zu "McSorley’s Wonderful Saloon" von Joseph Mitchell
Ein LovelyBooks-Nutzervor 12 Jahren

Was den Schreibstil angeht kann ich saz voll und ganz zustimmen. Es liest sich schleppend und ist nicht wirklich packend.
Die Historie der Kneipe ist auch meiner Meinung nach die beste Erzählung des Buches.

Wenn man sich aber etwas für die Hintergründe und Gechichte der USA bzw. New York's interessiert, wird man einige Anekdoten über die korrupten und unspektakulären Figuren des amerikanischen Gesellschaftsrands finden.
Mitchell portraitiert die Personen seiner Geschichten oft sehr genau, stellt sie somit auf eine Bühne und lässt sie ihre Geschichte erzählen.
Wenn man dann von den Geschichten "angefixt" wurde, und im Internet nach einigen der genannten prominenteren Personen sucht, kann man sich noch ein bisschen mehr auf Zeitreise begeben und tiefer in die Materie eintauchen um zu verstehen, was die Menschen damals bewegt hat.

Wer also handfeste Zeitzeugenaussagen sucht und etwas in vergangenen Zeiten schwelgen, und dabei meist skurillen Außenseiter-Figuren begegnen möchte, kann ruhig zugreifen. Spannung und viel Handlung sucht man in McSorley's Wonderful Saloon jedoch vergebens, denn Darstellung von Atmosphäre und Menschen standen im Mittelpunkt von Joseph Mitchell's Erzählungen.

Gespräche aus der Community

Joe Goulds Geheimnis Autor: Joseph Mitchell (New Yorker Autor, aber schon vor 30 Jahren geschrieben) * Ich bin auf das Buch über die »Rory Liste« gestoßen, also den gelesenen Büchern von Rory aus »Gilmore Girls«. Mir hat das Buch super gefallen, allerdings scheint es keine weiteren »deutschen« Werke des Autors zu geben, weiß da jemand mehr?
Zum Thema
10 Beiträge
Rheinzwitters avatar
Letzter Beitrag von  Rheinzwittervor 9 Jahren
Auch wenn die Einträge hier 4 Jahre zurückliegen - der Journalist und Schriftsteller Joseph Mitchell hat nach "Joe Goulds Geheimnis" kaum noch etwas zustande gebracht, so als hätte die Identifizierung mit Gould eine Schreibblockade verursacht, die er nie überwinden konnte.

Community-Statistik

in 25 Bibliotheken

auf 4 Merkzettel

von 1 Leser*innen aktuell gelesen

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