Im Buch findet man ein wunderbares Beispiel, das einen Teil seines Inhalts erklärt ohne groß Worte darüber zu verlieren. Jemand liebt einen anderen Menschen. Und dieser andere Mensch will wissen warum das so ist. Die ehrlichste Antwort wäre: Der Liebende weiß es nicht. Doch damit gibt sich in unserer Kultur der geliebte Mensch selten zufrieden. Du musst doch wissen, warum du mich liebst, kriegt man zu hören, wenn man ehrlich war. Man weiß es, kann es aber nicht erklären. Und das geht gar nicht, was die völlige Kopflastigkeit unserer Kultur beweist.
In seiner Erklärungsnot fängt unser Gehirn an nach Gründen zu suchen. Es fallen einem dann sicher viele ein, aber einzeln betrachtet erklären sie nichts, und in der Summe sind sie auch unbefriedigend, weil sie die Komplexität eines Gefühls nicht beschreiben können. Wir haben wohl ein unglaubliches Misstrauen gegenüber der eigenen Intuition entwickelt, obwohl unser Bauchgefühl uns selten täuscht. Tatsächlich nämlich sind unsere wirklichen Wahrnehmungen viel komplexer als das, was im Gehirn ankommt. Sie werden oft irgendwo im Unterbewusstsein systematisch abgespeichert und stehen auch immer zur Verfügung, wenn wir sie brauchen. Doch wir misstrauen ihnen, weil wir sie nicht erklären können.
Dieses Buch möchte uns wieder in einen Zustand zurückführen, in dem wir wieder Vertrauen zu unserer Intuition besitzen. Dass es nebenbei und ungenannt auch eine moderne Erklärung der Lehren Buddhas darstellt, sei am Rande erwähnt. Der eigentliche Buddhismus ist keine Religion, sondern eine im Westen lange verkannte uralte psychotherapeutische Handlungsanweisung. Erst kürzlich hat man im Westen die "Achtsamkeit" entdeckt. Buddha kannte ihre Heilwirkung schon vor etwa 2500 Jahren.
Unser Gehirn ist ein raffinierter Bursche. Ständig will es Aufmerksamkeit, ständig irrt es in der Gegend umher und sendet uns fortlaufend irgendwelche Gedanken, denen wir dann glauben nachgehen zu müssen. Es ist zum Beispiel deshalb völlig besessen von Handys, die eine wahre Fundgrube für sinnlose Beschäftigungen sind. Unser Gehirn kann deshalb von diesen Dingern nicht genug bekommen und zwingt uns ständig nachzusehen, ob es was Neues gibt, womit wir uns befassen können.
Der Autor fordert seine Leser auf, mehr auf ihre Intuition zu hören und die endlosen Gedankenschleifen zu verlassen. Nur wie sie das machen sollen, bleibt in Wirklichkeit offen. Das ist aber gerade der Schlüssel. Im Buch gibt es dazu einen Abschnitt. Man solle sich einfach des Denkens gewahr werden, es beobachten ohne zu werten. Tatsächlich ist das der zen-buddhistische Weg. Aber so ganz nebenbei, wie das der Autor behauptet, funktioniert das nicht. Denn das Gehirn ist raffiniert, und man muss es zur Ruhe zwingen, was wiederum nicht nebenbei geht.
Ich kann die negativen Rezensionen allein schon aus diesem Grund durchaus verstehen. Aber vielleicht sollte man die einfache Botschaft mitnehmen, nicht jeden Mist zu glauben, den das Gehirn bereitstellt um anschließend seine Kreise darum zu drehen. Intuition spielt in unserer Zeit, in der man alles begründen können muss, keine große Rolle. Vielleicht aber erinnert sich mancher daran, dass er plötzlich eine Lösung für ein Problem in den Kopf bekam, mit dem er sich schon eine Weile herumgeschlagen hatte. Das ist Intuition bei der Arbeit. Denn das Gehirn hat eben auch eine unbewusste Funktion, die im Hintergrund unbemerkt arbeitet, unsere Erfahrungen, Bedürfnisse oder Wertungen benutzt, und uns dann eine Lösung eines Problems präsentiert.
Ich bin bei diesem Buch in der Bewertung gespalten, weil es besonders am Ende zu geschwätzig wird und gerade das Gegenteil von dem macht, was der Autor uns eigentlich übermitteln will. Abgesehen davon bedeutet Intuition nichts Esoterisches. Auch hier schweift der Autor gelegentlich ab und kommt plötzlich mit "Wundern" daher. Oder mit der eigenen "Göttlichkeit". In meiner Wahrnehmung sind das blödsinnige Begriffe, die nicht zu dem passen, was uns der Autor eigentlich vermitteln wollte. In Wirklichkeit geht es lediglich darum Vertrauen in die eigene Intuition zu gewinnen.
Wunder haben mit dem Zen-Buddhismus, den er zu adaptieren versucht ohne ihn beim Namen zu nennen, nichts zu tun. Und ohne Meditation wird das, was der Autor verspricht, nicht funktionieren.