Rezension zu "Inishowen Blues" von Joseph O'Connor
Im Fischer Verlag erscheint viel lesenswerte Literatur aus dem angelsächsischen Raum. Deshalb griff ich hier zu, obwohl ich den Autor nicht kannte. Im Rückblick frage ich mich, was sich der Verlag wohl von der Veröffentlichung dieses Buches versprochen hat.
Denn „Inishowen Blues“ ist zwar kurzweilige Lektüre, bringt aber wenig Neues oder Einzigartiges, und erreicht an keiner Stelle das Niveau anderer Veröffentlichungen des Verlages, eines Jonathan Frantzen etwa. Vielleicht war der Autor Joseph O’Connor zu der Zeit einfach gehypt, Teil einer Jagd mehrerer Verlag, geschickt lanciert von einem Agenten, und konnte die Erwartungen dann nicht ganz einlösen. Aber wer weiß – das ist Spekulation.
Die Geschichte von Ellen, der krebskranken Frau, die auf der Suche nach ihren Wurzeln Mann und Kinder zurücklässt und nach Irland reist, ist trotz der tödlichen Krankheit heiter, manchmal richtiggehend komisch. Das liegt auch an Ellens Mann, einem Schönheitschirurgen und chronischen Schürzenjäger, der sich mit einer Frau zur Witzfigur macht, die seine Tochter sein könnte. Zur komischen Note trägt auf der irischen Seite der Polizist Martin bei, der sich nach seiner Scheidung und dem Tod seines Sohnes aufgegeben zu haben scheint, allerlei selbstmitleidige Schrullen und einen herben Umgangston pflegt.
Man durchschaut zwar irgendwann ein Muster des Autors, die Erwartungen durch das Gegenteil zu überlisten. Die Lektüre ist dennoch unterhaltsam. Gerade auf der irischen Seite geht es manchmal saftig und derb zu, doch das war für mich Teil einer glaubhaften Milieuschilderung. Daneben hat das Buch auch aufklärerischen Wert, wir erfahren im Vorbeigehen einiges über den Bürgerkrieg in Nordirland und seine Folgen.
Das einzig Unnötige war der Handlungsstrang, in dem Martin zunächst verfolgt wird und sich von seinem Verfolger bedroht fühlt. Damit soll eine Spannungskomponente eingefügt werden, die aber nicht zur Stimmung des restlichen Buches passt, weil die sich aus den (zwischen-) menschlichen Themen speist.
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Nichts Weltbewegendes oder Bewusstseinserweiterndes, aber ein Buch mit Herz und Witz, das trotz seiner potentiell schwierigen Themen (Krankheit, Trennung, Tod) weder kitschig noch rührselig wird und ich gern gelesen habe.