Cover des Buches Das Salz der Erde (ISBN: 9783596905805)
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Rezension zu Das Salz der Erde von Joseph Wittlin

Am Anfang war.....

von vielleser18 vor 9 Jahren

Kurzmeinung: 1914 : vier Wochen verändern nicht nur das Leben des naiven Protagonisten Peter - ein anspruchsvoller Roman

Rezension

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vielleser18vor 9 Jahren
Peter Niewiadomski ist Anfang vierzig, etwas naiv und weltfremd und Analphabet, aber er hat seine eigenen Gedanken, er beobachtet seine Umgebung auf seine ihm eigene Art.
Man schreibt das Jahr 1914, Peter ist Bahnwärter in den Karpaten und eigentlich strebt er nur nach einer ganz besonderen Beförderung: er möchte auch Träger einer Eisenbahnerkappe sein. Doch dann verändert ein Ereignis ganz Europa: der erste Weltkrieg bricht aus.

Joseph Wittlin beschreibt in diesem Buch, das eigentlich ein Auftakt einer Trilogie werden sollte, die aber nie weitergeführt worden ist, nur vier Wochen. Vier Wochen von Ende Juli bis Ende August. Einschneidende Wochen, nicht nur für Peter Niewiadomski, dem Huzulen aus den Karpaten.
Peter bekommt Post von "seinem Kaiser", er wird einberufen, einberufen in den Krieg. Ein Krieg, bei dem Peter glaubt, dass er nach sechs Wochen vorbei sein würde. Dennoch , die Gedanken über Tod und Leben sind allgegenwärtig.

Wittlin lässt uns durch Peters Augen sehen. Er beschreibt die Einberufung, die Musterung, die lange Fahrt ins weite Ungarn, dorthin verschlägt es Peter. Dort wird er eingekleidet und ausgerüstet werden und dort wird er zum Soldaten werden. Hier - im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarns - treffen Welten aufeinander. Und dann ist auch der Krieg noch da. Die Angst.

Im Lager treffen wir auf einen weiteren Protagonisten, den Berufssoldaten Bachmutiak, der mit Leib und Seele nach Zucht und Ordnung und seinen Dienstvorschriften lebt - bis auf einen Tag in der Woche, an dem er alles hinter sich lässt. Für ihn sind nur Soldaten Menschen. Die neuen Rekruten möchte er formen, zu "Menschen machen".


In diesem Buch kommt es zu keiner einzigen Kampfszene. Alles ist nur die Vorbereitung, der Beginn. Das Buch ist keine leichte Kost, keine leichte Lektüre. Es ist eine Erzählung. Eine Welt, die sich verändern wird, in diesem Juli 1914, nicht nur für diesen Huzulen, verändert sich vor unseren (Leser)Augen. Wie der Zug, der Peter von seinem Heimatort nahe Lemberg nach Ungarn bringt, wie die Landschaft, die sich währende seiner Reise verändert, so verändert sich auch Peter, so verändert sich draußen die Welt.
Aus dem Bahnhofswärter wird ein Soldat geformt, das Individuum wird zu einem Teil einer großen Truppe.

Wittlin gelingt es die Stimmung, die Gefühle in Worte zu packen, anschaullich zu erzählen - auch für uns Leser, die dieses Buch 80 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung vielleicht zum ersten Mal lesen.

Wittlin wurde 1896 im galizischen Podolien geboren. Bis 1918 ist Galizien Kronland des Kaisertums Österrreich-Ungarn, Ostgalizien ist heute Teil der Ukraine. 1935 erschien "Salz der Erde". 1976 starb Joseph Wittlin in New York.

2014 wurde das Buch "Salz der Erde" vom Fischer Verlag in einer neuen Taschenbuchausgabe mit einem Nachwort von Martin Pollack erneut veröffentlicht.
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