Joska Pintschovius

 2,3 Sterne bei 4 Bewertungen
Autor*in von Der Bürger-Kaiser.

Lebenslauf

Heino Jaeger , Maler, Kabarettist und Satiriker, wurde 1938 in Hamburg geboren. Er besuchte die Hochschule für Bildende Künste und übte danach diverse Berufe aus: Briefträger, Textilentwerfer, Scherbenzeichner für Museen sowie Zeichner von plastischen Stadtplänen u.v.m. In Hamburg schlugen sich die Erfahrungen nieder: In Stegreifszenen und Monologen, die bald in Rundfunk, Fernsehen und auf drei Langspielplatten Verbreitung fanden, und den Kabarettisten und Satiriker Heino Jaeger in den 70er-Jahren zur Kultfigur machten. Die letzten zehn Jahre seines Lebens verbrachte er in einem sozialpsychiatrischen Heim, dort starb er am 7. Juli 1997 an den Folgen eines Schlaganfalls. Joska Pintschovius, geboren 1941 in Rostock, ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen u.a. über Hexenglauben, Nationalsozialismus und Bauerntum. Er lebt in einem kleinen Dorf in der Lüneburger Heide und war bis zum Tod von Heino Jaeger eng mit diesem befreundet. Er ist Herausgeber der Jaeger-Publikation Man glaubt es nicht (Kein & Aber, 2005).

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Joska Pintschovius

Cover des Buches Der Bürger-Kaiser (ISBN: 9783940731166)

Der Bürger-Kaiser

 (1)
Erschienen am 12.12.2008

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Cover des Buches Der Bürger-Kaiser (ISBN: 9783940731166)
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Rezension zu "Der Bürger-Kaiser" von Joska Pintschovius

Misslungener Versuch, Wilhelm II. zu rehabilitieren
Andreas_Oberendervor 3 Jahren

An Wilhelm II., dem letzten deutschen Kaiser, scheiden sich bis heute die Geister. Der bekannteste Kritiker Wilhelms II. ist der britische Historiker John Röhl. Niemand, der sich heute ernsthaft mit Wilhelm II. beschäftigen möchte, kommt an Röhls monumentaler dreibändiger Kaiser-Biographie vorbei, die zwischen 1993 und 2008 erschienen ist. An Versuchen, Wilhelm II. gegen seine Kritiker in Schutz zu nehmen, hat es in jüngerer Zeit nicht gefehlt. In den 1990er Jahren bemühte sich der Schriftsteller Nicolaus Sombart um eine positive Beurteilung des Kaisers ("Wilhelm II. Sündenbock und Herr der Mitte", 1996). In die Kategorie der Ehrenrettung fällt auch das Werk des Sachbuchautors Joska Pintschovius. Das Buch ist 2008 erschienen, zum 90. Jahrestag der Abdankung Wilhelms II. Dass Pintschovius den Kaiser rehabilitieren möchte, wird allerdings erst im Laufe der Lektüre klar, denn dem Buch ist keine Einleitung vorangestellt, die Auskunft über Motive und Zielsetzung des Autors geben könnte. Nirgendwo setzt sich Pintschovius explizit mit der aktuellen Forschung zur Geschichte des Kaiserreiches und der Rolle Wilhelms II. auseinander, so dass unkundigen Lesern verborgen bleibt, gegen wen er mit seinem Buch Position bezieht. Bei einem Blick in die Anmerkungen (Endnoten) fällt auf, dass Pintschovius kaum eine Handvoll wissenschaftlicher Arbeiten aus der Zeit nach 1945 benutzt hat. Die meisten der von ihm zitierten Titel stammen aus der Zeit vor 1945. Von einer angemessenen Rezeption der Forschungsliteratur kann nicht im Mindesten die Rede sein. Erstaunlicherweise hat Pintschovius selbst solche Arbeiten ignoriert, die sich ebenfalls gegen Röhls scharfe Verurteilung Wilhelms II. wenden. Das gilt für die Studie von Christopher Clark (englische Ausgabe 2000, deutsche Ausgabe 2008) und Wolfgang Mommsens Buch "War der Kaiser an allem schuld?" von 2002. Auch die bedeutende Kaiser-Biographie des Amerikaners Lamar Cecil (2 Bände, 1989/1996) hat Pintschovius nicht herangezogen. Jeder Versuch, Wilhelm II. zu rehabilitieren, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt, wenn ein Autor meint, die relevante Forschungsliteratur komplett ignorieren zu können. Pintschovius verfügt auch nicht über die nötige Quellenkenntnis, um sich mit Historikern wie Clark, Mommsen oder Röhl messen zu können. Er zieht lediglich einige Memoiren und das bekannte Tagebuch der Baronin Spitzemberg heran. Das ist zu wenig, um ein plastisches und realistisches Bild von der Persönlichkeit und dem Regierungsstil Wilhelms II. zu zeichnen.

Pintschovius ist ein Amateur und Dilettant, dem jedes tiefere Verständnis für die Geschichte des Kaiserreiches abgeht. Sein Buch ist von dem Bemühen gekennzeichnet, den großen und in vielen Fällen nachweislich verhängnisvollen Einfluss Wilhelms II. auf die Innen- und Außenpolitik systematisch zu leugnen oder wenigstens herunterzuspielen. Das führt zu vielen haarsträubenden Fehleinschätzungen. Wilhelms Einfluss auf den Gang der Politik sei "gering" gewesen, seine Machtbefugnisse "eingeschränkt". Als Historiker kann man nur den Kopf schütteln über diese plumpe und leicht widerlegbare Verharmlosung der Rolle, die Wilhelm II. im politischen System des Kaiserreiches spielte. Pintschovius versteigt sich zu der Behauptung, die im Reichstag vertretenen Parteien hätten "die Staatsgeschäfte kontrolliert" (S. 242). Wenn das Parlament tatsächlich die Möglichkeit besessen hätte, den Monarchen und die Regierung zu kontrollieren, dann wäre die Geschichte des Kaiserreiches ganz anders verlaufen! Immer wieder klagt Pintschovius darüber, das Parlament habe den Kaiser an der Umsetzung seiner fortschrittlichen Reformpläne gehindert. Und schlimmer noch: Chauvinistische Lobbygruppen und Agitationsverbände (z.B. Alldeutscher Verband, Flottenverein) hätten Kaiser und Regierung unter Druck gesetzt, vor sich hergetrieben, zu einer riskanten Außen- und Großmachtpolitik genötigt. Zu behaupten, Wilhelm II. sei eigentlich ein Verfechter einer "aktiven Friedenspolitik" gewesen (S. 370), ist eine groteske Verdrehung der Tatsachen. Der Kaiser und seine Regierung trugen eine erhebliche Mitschuld an der Zuspitzung der Mächtekonflikte in Europa am Vorabend des Ersten Weltkrieges. Es entspricht der eher essayistischen Anlage des Buches, dass Pintschovius durchweg an der Oberfläche verharrt und Wilhelms Einflussnahme auf die Innen- und Außenpolitik nirgends tiefgründig und auf breiter Quellengrundlage analysiert. Aus Sicht des Fachmannes ist der Ertrag des Buches gleich Null. Mit seinem Versuch, Wilhelm II. als politischen Akteur zu entlasten und zu entschuldigen, ist Pintschovius auf ganzer Linie kläglich gescheitert. Auch wenn Wilhelms Mäzenatentum und seine Aufgeschlossenheit gegenüber moderner Technik und Wissenschaft Anerkennung verdienen (zwei Apekte, die Pintschovius sichtlich am Herzen liegen), ist die historische Bedeutung des Kaisers alles in allem negativ einzuschätzen. Ärgerlich sind an Pintschovius' Buch auch einige formale Mängel: Endlose Blockzitate, abrupte chronologische und thematische Sprünge, der ständige Gebrauch von altertümlichen, gestelzt klingenden Verben wie aegrieren, alterieren, debauchieren, inhibieren, retirieren. Es fehlt ein Personenregister. Das Buch ist kein ernst zu nehmender Diskussionsbeitrag zur Rolle Wilhelms II. in der deutschen Geschichte. 

(Hinweis: Diese Rezension habe ich zuerst im März 2017 bei Amazon gepostet)

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