Rezension zu "Kanarische Geheimnisse" von José Luis Correa
Opfer numero uno: Mario Bermúdez. Vertreter, keiner von der erfolgreichen Sorte. Menschlich nicht unbedingt derjenige, mit dem man des Abends gern von Taverne zu Taverne zieht. Ihn als Scheusal zu bezeichnen, wäre zu viel des Guten, kommt dem Charakter aber ziemlich nahe. Ein Eigenbrödler. Ab und zu – so berichtet eine Nachbarin mehr vage als präzise – kam ein junges Mädchen zu ihm, das wohl auch einen Schlüssel zu seiner Wohnung hatte.
Opfer numero dos: Carlos Ventura. Krankenpfleger. Ein geselliger Typ. Nicht der Sympathischste auf der Welt, aber immerhin ein umgänglicher Kerl.
Opfer numero tres: Inspector Alvarez weiß noch gar nichts von einem dritten Opfer. Er hat genug mit den beiden ersten zu tun. Denn beide Opfer wurden mit ziemlicher Vehemenz des Lebens beraubt, an einem Freitag ermordet und trugen nicht ihrem Typ, sprich ihrem Geschlecht, die angemessene Kleidung. Bei Bermúdez kommt noch erschwerend hinzu, dass er an Karfreitag ermordet und erst Ostermontag gefunden wurde. Das heißt, dass es erbärmlich gestunken hat als man ihn fand und den Tatort inspizieren konnte.
Auftritt Ricardo Blanco. Auch er hat von den ungewöhnlichen Leichenfunden Wind bekommen. So wie die Presse, die Alvarez gehörig auf die Pelle rückt. Nun, Blanco tastet sich langsam an die beiden Mordfälle heran. So viele Parallelen. Hier ist eindeutig ein und derselbe Täter am Werk. So weit war Alvarez auch. Doch Blanco geht noch einen Schritt weiter. Er weiß, dass es bald ein drittes Opfer geben wird. Das Wer und Wann und das Wo gilt es zuvor zu ermitteln.
Ricardo Blancos Vorbilder Marlowe und Poirot sind gerade nicht zur Stelle, so muss er sich wohl oder übel – wie immer – selbst darum kümmern. Die Coolness von Marlowe hat er, die Spitzfindigkeit von Poirot ebenso. Na dann, frisch ans Werk!
José Luis Correa lässt dem Kanaren-Urlauber keine Chance! Eine Strandliege ohne Correa bzw. seinen knallharten Ermittler Blanco ist kein vollendeter Strandtag. Die Wellen rauschen unaufhörlich, und Ricardo Blanco rauscht dem Leser durchs Hirn wie die Gischt, die auf den Wellen schwimmt. Und unversehens ist man tiefer in der Urlaubsinsel verankert als man es sich hätte vorstellen können. Das ist die Macht der Literatur, die jedem Urlaub die Krone aufsetzt.