Cover des Buches Lauf, Jane lauf! (ISBN: B002FX4K9C)
Rezension zu Lauf, Jane lauf! von Joy Fielding

"Lauf, Jane, lauf!" - aber bitte ein bisschen schneller...

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 8 Jahren

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 8 Jahren
Eines Tages findet sich Jane Whittaker auf einer Straße mitten in Boston wieder und weiß nicht mehr wer sie ist, wo sie wohnt, hat keinerlei Erinnerungen mehr an ihr Leben. Im Krankenhaus wird sie als Frau eines beliebten Kinderchirurgen wiedererkannt und nach Hause geholt. Dort wird sie immer depressiver, schwächer und fühlt sich eingesperrt - und was sind das für Tabletten, die ihr Mann ihr immer geben lässt?



Das Buch ist vom Aufbau her sehr einfach gehalten: es ist eine fast vollkommen chronologische Geschichte, die nur an wenigen Punkten in ihrer Chronologie unterbrochen wird: wenn es darum geht, kleine Teile ihrer Vergangenheit zu rekonstruieren (insbesondere im Wendepunkt). Finde ich persönlich gut, weil nach und nach immer mehr von ihrem Leben bekannt wird. Dazu sind die Kapitel nicht zu groß gehalten, es gibt keine zu großen Sprünge zwischen den Abschnitten - trotzdem scheint die Zeit manchmal ein bisschen zu verschwimmen, was allerdings nicht weiter schlimm ist, weil das von der Geschichte her passt.

Und die Geschichte... naja, ich hatte den Eindruck, dass sie sehr lange nur so ein bisschen vor sich herschwimmt. Es passiert lange Zeit nicht sehr viel. Einerseits passt es irgendwie, weil sie den Eindruck hat, eingesperrt zu sein und klein gehalten zu werden (gerade durch die Tabletten) - aber trotzdem finde ich, dass es viel zu langsam vorangeht. Ich hatte ne ganze Weile ziemliche Langeweile, auch wenn sie immer wieder fixe Ideen hat, die sie gleich wieder verwirft, weil es eine ganz einleuchtende Erklärung gibt, warum es nicht so sein kann.

Die ganze Geschichte war irgendwie meiner Meinung nach zu 3/4 recht schwammig. Erst um Seite 300 herum nimmt es an Fahrt auf und wird richtig spannend. Mit dem Wendepunkt hab ich überhaupt nicht gerechnet. Das ist der Teil gewesen, der mich wirklich umgehauen hat. Von dort an bis zum Ende war es brutal spannend und ich hab meine Freude daran gehabt. Das Ende hat dem Buch seine Punkte verliehen, denn wirklich begeistert war ich wirklich lange nicht. Aber das Ende... Ja, das Ende war genial, auch wenn das Buch von der Geschichte her allgemein gesehen etwas strange gewesen ist - man muss auf den Typ Buch auf jeden Fall stehen.


Die Charaktere waren interessant. Die Konzeption um die Personen muss ich sagen war schon wirklich gut durchdacht und irgendwie im Endeffekt auch echt gut gemacht. Aber ich muss auch sagen, dass ich mir das ein oder andere nicht habe vorstellen können. Gerade Jane hat mir eigentlich einen ziemlich stabilen, wenn auch konfusen Eindruck gemacht und wird immer labiler, immer schwächer, immer depressiver - was irgendwo nachvollziehbar ist. Trotzdem finde ich es bescheuert, dass sie sich eigentlich immer ihre Ideen ausreden lässt, bei egal was. Es wird von ihr immer erzählt, dass sie eine starke, robuste Frau gewesen ist, die sich gerne in Schwierigkeiten gebracht hat - da passt das irgendwie nicht rein. Klar, sie weiß nicht wer sie ist, was sie getan hat und so weiter... Trotzdem finde ich es etwas überzogen, dass sie so abstürzt und so vollkommen auf das hört, was Michael ihr erzählt. Der dagegen ist perfekt: fürsorglich und nett und lieb und überhaupt. Aber er ist ZU perfekt. Was aber wirklich hinter ihm steckt (auch wenn einiges ziemlich schnell klar wird), das hätte ich auch von diesem Typ nicht erwartet.

Die anderen Charaktere finde ich alle zu sehr eingenommen. Ich meine, wenn selbst die besten Freundinnen einem nicht glauben wollen, dann finde ich das schon ein bisschen unrealistisch und überzogen, auch wenn Michael eine sehr überzeugende Persönlichkeit und Jane nicht in der Lage ist, ihre Situation zu erklären. Es ist irgendwie alles zu einfach. Sind die Personen zu schwach? Wollen sie nichts sehen? Bei Diane hatte man noch den Eindruck, dass sie es verstehen möchte und dass sie nicht glaubt, was sie sieht. Aber auch sie lässt mit sich spielen. Und die Härte ist natürlich Paula, die sich ja aber zum Glück noch "bekehren" lässt.


Sprachlich war das Buch ähnlich wie die Geschichte. Fielding beschreibt sehr genau und sehr schön, aber gleichzeitig dreht sie sich teilweise im Kreis. Die Genauigkeit der Beschreibungen täuscht eben doch nicht darüber hinweg, dass es sich bisweilen wiederholt und sich recht lange zieht. Schön finde ich allerdings, dass man so einen Einblick in Janes Gedanken und Empfindungen bekommt, wie sie exakter wahrscheinlich nicht sein könnten. Aber auch die Sprache konnte die Geschichte eben nicht wirklich schneller machen, was ich ein bisschen schade fand. Trotzdem ist ihre Schreibweise zumindest ein kleiner Pluspunkt gewesen.


Das Cover ist schon ein bisschen älter, was wahrscheinlich daran liegt, dass es eine etwas ältere Ausgabe gewesen ist. Es ist ein eher dunkel gehaltenes Bild, auf dem eine gehetzte junge Frau zu sehen ist, scheinbar auf der Flucht. In einem weißen Rahmen ist der Name der Autorin und der Titel des Buches zu lesen. Insgesamt ist es etwas düster gehalten und passt schon ganz gut zum Buch - immerhin war Jane auch immer wieder auf der Flucht, ist weggelaufen oder hat es zumindest versucht. Also vielleicht nicht das schönste, aber doch zumindest ein passendes Cover.



Was halte ich also jetzt von "Lauf, Jane, lauf!"? Ich bin mir nicht sicher. Ich bin mir wirklich nicht sicher. Einerseits hat das Buch eine wirklich interessante Wendung hingelegt und war deswegen letztlich gar nicht so schlecht wie es am Anfang den Eindruck erweckt hat. Doch insgesamt, von vorne bis hinten war das Buch meiner Meinung nach doch recht durchwachsen. Ich weiß, dass ich schon was von Fielding gelesen habe, das mich begeistert hat - doch das Buch hier konnte mich nicht so ganz überzeugen. Schade, aber was will man tun. Das nächste Mal dann wieder (: .
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