Cover des Buches Wohin der Wind uns weht (ISBN: 9783518424292)
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Rezension zu Wohin der Wind uns weht von João Ricardo Pedro

Bewegender Roman aus Portugal zur Zeit des politischen Umbruchs von 1974

von sommerlese vor 10 Jahren

Kurzmeinung: Ein bewegender Roman über die Widrigkeiten zur Zeit der Nelkenrevolution!!!

Rezension

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sommerlesevor 10 Jahren

Der Roman *"Wohin der Wind uns weht"* ist das preisgekrönte Debüt des portugiesischen Autors Joao Ricardo Pedro und erscheint im Suhrkamp Verlag.

Hier wird die Geschichte von drei Generationen der portugiesischen Familie Mendes erzählt. Sie beginnt zur Zeit der Nelkenrevolution vom 25.04.1974.

Damals lebt der Großvater Augusto Mendes auf dem Land, da er die Einfachheit liebt. Seine größte Abwechslung sind die Briefe seines Freundes Policarpo, der die Welt bereist und davon regelmäßig detailgenau berichtet.

Gemeinsam mit seinem Enkel Duarte liest er begeistert Brief für Brief, sie scheinen den Zugang zur übrigen Welt darzustellen.

Augustos Sohn Antonio war als Soldat in den portugiesischen Kolonien in Afrika und kehrte als gebrochener Mann zurück. Antonios Sohn Duarte wird in einer Zeit des politischen und gesellschaftlichen Umbruchs groß. Er wird wegen seiner besseren Herkunft von Gleichaltrigen als Außenseiter angesehen und drangsaliert. Erst die Freundschaft mit Indio, einem ärmlichen Jungen, vermag ihn aus dieser Situation zu befreien. Beide Jungen sind auf ihre Art Genies: Indio zeichnet, Duarte spielt Klavier. Doch ihr Schicksal ist nicht einfach und auch grausam.


Anfangs wirr eingestreute Episoden von Personen und deren berührendem oft tragischen Schicksal fügen sich langsam im Laufe des Romans zu einem umfassenden Bild und einer zusammenhängenden Geschichte.

Die verschiedenen Handlungsstränge verwirren aber nicht nur, sie erschrecken auch mit grausamen Szenen, mit Selbstmord, Tod, Verzweiflung und Gewalt. Das Thema Gewalt ist im Roman allgegenwärtig.

Der Leser wird aber nicht nur geschockt, sondern auch von Joao Pedros unnachahmlichen Sprachgebrauch in seinen Bann gezogen. Denn neben drastisch geschilderten Tatsachen (Ich bin am Arsch!) treten auch Geschichten mit einem subtilen unterschwelligen Humor zutage (zwei Zähne waren immun gegen die Flucht der Kameraden). Lange verschachtelte Sätze wirken schon fast wieder schön und die Aneinanderreihung von vielen aufgezählten Lebensmitteln machen regelrecht sprachlos.

Insgesamt wirkt der Roman melancholisch und zerstückelt. Jedoch schließt sich der Kreis der einzelnen Erzählungen am Ende zu einer Geschichte.

Eine Sache mit der Klaviermusik Duartes möchte ich noch erwähnen.

Anfangs spielt er wie ein besessenes Genie die Partituren Beethovens. Also Stücke, die man der Romantik zuordnet. Diese steht für die Sehnsucht, die Welt zu heilen und sie versucht, Gegensätze zu einem harmonischen Ganzen zusammenzuführen.

Schließlich wandte sich Duarte jedoch von der Romantik ab und hin zur Musik Bachs und damit zum Barock: dort ist der Tod allgegenwärtiges Thema. Deutlicher kann die Veränderung Duartes gar nicht ausgedrückt werden, als durch diese nicht nur musikalische Wandlung seiner Persönlichkeit.

Der Roman Joao Ricardo Pedros hat mich doch vom Ausdruck her sehr beeindruckt. Allerdings ebenso auch durch die dargestellte Gewalt abgeschreckt, daher wäre eine eindeutige Leseempfehlung doch zu subjektiv.

Ich habe diesen aufwühlenden, leicht melancholisch wirkenden Roman interessiert lesen und fand ihn sehr anspruchsvoll und auch packend.

Hier werden die Widrigkeiten dargestellt, die die gesellschaftlichen und politischen Umbrüche Portugals mit sich brachten.

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