Juan Pablo Villalobos ist Schriftsteller, lebt mit seiner Familie in Barcelona und ist ziemlich glücklich. Ihm geht es nämlich richtig gut. Sowohl familiär als auch beruflich läuft alles zu seiner Zufriedenheit. Doch über was soll ein Schriftsteller schreiben, wenn es ihm selbst gut geht und auch in seiner näheren Umgebung nicht mal ein kleines Wölkchen Drama am blauen Horizont erscheint. Obwohl…? Als er eines Tages das Haus verlässt um sich eine Bestätigung aus dem nahegelegenen Krankenhaus zu holen, nähere Informationen hierzu würden den Rahmen sprengen, erhält er eine Nachricht von seinem Friseur, dass dieser sein Geschäft geschlossen und selbst als Angestellter in einem Geschäft ans anderen Ende der Stadt gewechselt hat. Doch ausgerechnet jetzt benötigt Villalobos einen neuen Haarschnitt! Dringend! Nur wo soll er denn nun hin gehen? Soll er etwa in den Laden gehen, der bei ihm um die Ecke ist? Der Schriftsteller wagt den großen Schritt der Veränderung und steckt plötzlich Hals über Kopf in einer kuriosen Geschichte.
Die autofiktionale Geschichte von Juan Pablo Villalobos mutet nicht nur kurios an, sie ist es auch. Zunächst folgt man dem Geschehen ganz gemütlich, fast wird man ein bisschen schläfrig dabei, doch plötzlich beginnt es unglaubwürdig zu werden. Ich habe mir ständig gedacht, das kann doch nicht sein, man muss der Friseurin doch ins Krankenhaus folgen und sie unterstützen. Bis ich dann allerdings gemerkt habe, dass hier etwas nicht stimmen kann. Dann ist es auch mir gedämmert, die Handlung driftet in die "Fiktion" ab.
Aus dem mexikanischen Spanisch wurde das Buch von Carsten Regling übersetzt. Vielen Dank dafür!
Fazit:
Eine kurzweilige, unterhaltsame Geschichte, die mir fast ein wenig zu positiv war. ;)
Juan Pablo Villalobos
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Juan Pablo Villalobos
Das Alibi
Ich hatte einen Traum
Ich verkauf dir einen Hund
Down the Rabbit Hole
Neue Rezensionen zu Juan Pablo Villalobos
Das war mal ein schönes Büchlein. In diesem Roman passieren so einige skurrile Dinge, die Figuren sind ulkig / liebenswert und man darf dem Erzähler, der wie der Autor auch Juan Pablo heißt, nicht alles glauben, was er da erzählt - was man spätestens am Schluss zu spüren bekommt. Sowas liebe ich ja!
Der Roman kommt ganz leichtfüßig daher, immer mit einem Schalk im Nacken. Seine Kreativität zeigt der Autor, indem er etwa eine entscheidende Stelle im Text schwärzt (weil der Erzähler einer Figur versprochen hat, ein Geheimnis nicht zu verraten) und man sich so seinen Teil selbst denken muss. Das fand ich einen äußerst gelungenen Kniff, wobei allerdings für mich im Verlauf der Geschichte nicht klar wurde, was er da genau geschwärzt hat.
Zudem blieben mir weitere Dinge unklar bzw. erschienen mir unlogisch, etwa was jetzt die “gute Sache” (S. 106) war, mit der sich der Verlauf der Geschichte veränderte. Und dann wäre noch die Sache mit dem Finger und dem Polyp zu klären.
Toll war, wie Villalobos die Handlungselemente mit Reflexionen über den Schreibprozess verbindet, einen Einblick in sein Schreiben gibt und etwa erklärt, warum die Figuren in seinem Roman keine Namen haben. Insgesamt wirklich gelungen.
Der Anfang: «Wir waren glücklich, wir aßen Tacos, Butifarras und Feijoada. Wir waren so glücklich, dass ich’s mir erlauben konnte, das schamlos an den Anfang eines Buches zu schreiben, als wäre es der Schluss.»
Juan führt eine gute Ehe mit der «Brasilianerin», es läuft problemlos in bester Eintracht, die Kinder sind aus dem Gröbsten raus, Geldsorgen hat er keine – er fühlt sich pudelwohl in Barcelona. Doch worüber soll der Schriftsteller, der über das Alltägliche schreibt, jetzt bloß schreiben? Wenn man schreibt, benötigt man einen Konflikt. Nur wo soll man den hernehmen, wenn es gar keinen gibt. Doch keine Angst, Konflikte lauern auf der Straße. Zunächst gibt es ein Problem mit einer Bescheinigung, die Juan für die «Brasilianerin», besorgen soll. Aber jetzt erstmal auf zur Buchhandlung, wo er mit einem Kollegen einen kleinen Vortrag halten muss; Thema, wie schreibt man ein Buch – Werbung für Seminare. Als der Kollege endet, will Juan gerade ansetzen, da meldet sich jemand aus dem spärlichen Zuschauerraum, fragt, wozu das ganze Geschwafel gut sein soll, wenn man was zu sagen, das Bedürfnis hat, dann legt man einfach los und schreibt. Hmm …
«Alles war so angenehm, man merkte gar nicht, dass man in eine Falle getappt war. Denn worüber sollte man schreiben, wenn man in dieser berauschenden Schläfrigkeit versunken war? Ehrlich gesagt, bestand mein einzig wahrer, waschechter Konflikt darin, dass ich weiterhin unter allen Umständen schreiben wollte, auch wenn es offenbar keinen Grund mehr dafür gab.»
Wir waren da, wo wir immer hinwollten. Wie furchtbar! Einfach nur glücklich! Juan Pablos hat dann doch was zu erzählen, eine skurrile Geschichte aus einem Friseursalon: Ohr noch dran, doch Finger ab – als wenn er nicht gleich gesehen hätte, dass diese Frau etwas zu verbergen hat und mit ihren zittrigen Händen ihm die Haare versauen wird. Aber schon hat sie ihm den Umhang angelegt und in den Stuhl gedrückt … Und dann gibt es den Securitymann, der unbedingt ein Buch über seine «Erfahrungen» schreiben will …
«‹Okaaaaaaay›, rief er aus, ‹das ist ja alles schön und gut, aber letzten Endes schreibt man doch, weil man das Bedürfnis dazu hat. Weil man etwas zu sagen hat. Was zählt, ist das Bedürfnis, etwas sagen zu wollen, ohne dieses Bedürfnis kann man nicht schreiben. Und wenn jemand das Bedürfnis hat, zu schreiben, schreibt er und fertig, man muss das ja nicht unnötig kompliziert machen.› Ich rückte mit meinem Stuhl»
Eine Satire, die zunächst banal klingt, doch letztendlich ist die kurze Geschichte recht komplex, eine Autofiktion. Wahrheit und Fiktion vermischen sich. Das alles geschickt und schräg und hineingeleitend, man weiß nicht, wo die Fiktion beginnt oder aufhört, aufgebaut als anekdotenhafte Prosa. Eine Parodie auf das Schreiben, die so richtig viel Spaß macht! Gekonnt mit viel Humor gesetzt – einfach lesen!
Juan Pablo Villalobos, 1973 in Guadalajara/Mexiko geboren, zog 2003 für seine Promotion nach Barcelona. Dort arbeitete er als Schriftsteller und in einem E-Commerce-Unternehmen. Er hat mehrere international ausgezeichnete und vielfach übersetzte Romane und Reportagen geschrieben. Auf Deutsch erschienen unter anderem »Fiesta in der Räuberhöhle« (2011) und »Ich hatte einen Traum« (2018). Villalobos lebt mit seiner Familie in Barcelona
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