Rezension zu "Redfield Farm" von Judith Redline Coopey
Inhalt
Der Hass der Quäker-Geschwister Ann und Jesse Redfield auf die Sklaverei ist so unerschütterlich wie der Kalkstein aus Pennsylvania. Als Jesse sich bei der Underground Railroad engagiert, einem illegalen Netzwerk, das entflohene Sklaven in US-Staaten ohne Sklaverei oder nach Kanada weiterleitet, schließt Ann sich seinem Kampf an. (Amazon)
Achtun! Diese Rezension enthält Spoiler!
Meine Meinung
Nachdem das Lesejahr mit "Calpurnias (r)evolutionäre Entdeckungen" so gut los ging, folgten einige 3-Wolken-Bücher. Das ist natürlich nicht schlecht und ich habe alle Bücher gerne gelesen, aber dieser Bewertungseinbruch hat mich doch gewundert. Zum Glück geht's jetzt wieder aufwärts, angeführt von diesem wundervollen Buch, mit dem ich schon länge liebäugle. Ich wollte es eigentlich auf englisch lesen, dann war es aber auf deutsch im Angebot und ich habe zugeschlagen. Ich glaube aber, dass es auch in der Originalsprache sehr gut zu Lesen gewesen wäre, denn die deutsche Version liest sich total angenehm und die Zeit fliegt beim Lesen nur so dahin.
Der Roman spielt Mitte des 19. Jahrhunderts in Pennsylvania, die Protagonistin Ann reist jedoch in einem gewissen Radius viel hin und her und einmal verschlägt es sie sogar nach Kanada. Ann ist die einzige Tochter des Farmers der Redfield Farm, kommt jedoch sehr gut mit ihren Brüdern und besonders dem zwei Jahre älteren Jesse aus. Die Familie ist Mitglied der örtlichen Quäkergemeinde und ich konnte nur darüber staunen, wie fortschrittlich diese Glaubensgemeinschaft doch gewesen sein muss. Obwohl Frauen auch dort für Haushalt und Kinder zuständig waren, wurden sie doch als gleichwertiges Mitglied der Gemeinschaft angesehen und durften ihre eigenen Entscheidungen treffen. Mich hat die Fortschrittlichkeit besonders erstaunt, als Ann ein uneheliches Kind erwartet, denn die Tatsache wurde zu einem weniger großen Problem für Ann und ihre Familie, als ich zunächst dachte.
Aufgrund der Fortschrittlichkeit der Quäker spricht auch nichts dagegen als Ann darauf besteht, gemeinsam mit ihrem Bruder bei der Underground Railroad mitzumachen, nachdem ihre Hoffnungen auf eine baldige Heirat zerschlagen wurden. Diese Organisation schleuste zu jener Zeit entflohene Sklaven über "sichere Bahnhöfe", das heißt, teilnehmende Familien, auf ihrem Weg nach Norden. Dieses Unterfangen ist nicht ungefährlich, denn skrupellose Sklavenfänger und ein unsinniges Gesetz zwingen sie zu ständiger Vorsicht. So kommt es auch, dass sich einer der Sklaven, Josiah, für längere Zeit in einem geheimen Raum auf der Redfield Farm versteckt halten muss. Ann nimmt sich seiner an, bringt ihm Lesen und Schreiben bei, und erfährt gleichzeitig etwas über sein Leben.
Die Annäherung der beiden hat mir sehr gut gefallen und ich fand es sympathisch, wie Ann trotz allem doch irgendwie Vorurteile gegenüber dem Leben der Sklaven hatte, jedoch gerne bereit war, ihre Vorstellungen zu revidieren. Die beiden bleiben noch lange in Freundschaft verbunden, was einen roten Faden im Roman darstellt. Josiahs Frau Lettie und seine Mutter befinden sich noch in den Südstaaten und ihre Rettung und sichere Reise sind ein Hauptanliegen von Ann. Ich fand es faszinierend, wie sie sich mit Lettie angefreundet hat und wie stark diese von Coopey gezeichnet wurde. Dass sie sich selbst zum Wohle anderer zurück nimmt ist bei ihr kein Zeichen von Schwäche, sondern von Respekt vor dem Leben und Nächstenliebe. Sie ist einer meiner liebsten Nebencharaktere gewesen.
Doch im Grunde mochte ich jeden einzelnen der vielen vielschichtigen Charaktere, denn man merkt, wie sorgfältig sie von der Autorin geschaffen und entwickelt wurden. Jeder fügt sich harmonisch in das Gesamtbild ein und erfüllt seine Rolle - ob sie nun gut oder böse war. Sie verknüpfen die vielen verschiedenen Themen, die in diesem Buch behandelt werden, und diese Vielfalt ist es, die den Roman zu einem besonderen Leseerlebnis machen. Es geht natürlich in erster Linie um den Abolitionismus und die Underground Railroad. Gleichzeitig ist es eine Studie des Lebens der Frauen in einer Quäkergemiende der damaligen Zeit, wovon Coopey viele verschiedene Facetten zeigt. Eingebettet ist alles in eine Art Familienchronik, denn am Anfang und gegen Ende des Romans stehen die Familie und das Familienleben im Vordergrund, sodass sich ein rundes Gesamtbild ergibt.
Ich vergebe 5 von 5 Wolken für diesen phantastischen Roman.