Judithe Little

Frankreich, 1897: Julia, Gabrielle und Antoinette Chanel werden nach dem Tod der Mutter vom Vater in einem Waisenheim bei extrem strengen Nonnen abgegeben - und meldet sich danach nie wieder.

Armut und harte Arbeit bestimmen den Alltag der Schwestern.

Doch Coco, wie Gabrielle sich mittlerweile nennt, ist nicht bereit, sich in ihr Schicksal zu fügen.

Antoinette weicht Coco bei ihrem Weg zur Modemacherin nicht von der Seite und unterstützt sie, wo sie kann und schon bald spricht man in Paris ehrfurchtsvoll von den "Schwestern Chanel".

Die komplette Handlung wird aus der Sicht von Antoinette erzählt.

Die Schwestern sind sehr unterschiedlich, stehen sich aber sehr nah.

Nachdem Julia schwanger geworden ist (Skandal!) lebt diese fortan bei den Großeltern.

Das Trio wird durch die etwa gleichaltrige Tante Adrienne quasi wieder komplettiert und die Leser(innen) begleiten die "Drei Grazien" ein paar Jahre auf der Suche nach ihrem persönlichen Glück.

Coco und Antoinette starten als Hutmacherinnen und werden durch Cocos unkonventionelle Kreationen und Antoinettes Verkaufstalent, sehr schnell bekannt und erfolgreich.

Nur in der Liebe und auf der Suche nach einer Familie scheint es das Schicksal nicht gut mit ihnen zu meinen...

Über ihre Vergangenheit hat Coco Chanel Zeit ihres Lebens viel gelogen - einiges auch einfach erfunden.

Vermutlich hat sie sich der ärmlichen und lieblosen Verhältnisse im Waisenhaus schlicht geschämt.

Aber auch dies ist nur Spekulation.

Über Antoinette weiß man, außer ihrer Lebensdaten, nur recht wenig.

Die Autorin hat eine Handlung erdacht, die bekannte Fakten mit etwas Fantasie, zu einer stimmigen Geschichte vereint.

Ich fand in dem Zusammenhang die historischen Gepflogenheiten gut dargestellt.

Da Antoinette sehr jung und unter nicht ganz eindeutig geklärten Umständen verstorben ist, endet das Buch mit ihrem Tod.

Wer sich hier also ein Buch über Coco Chanel und ihren Lebensweg erhofft hat, der wird ggf. enttäuscht sein.

Nach Antoinettes Tod hat diese auch die zweite Schwester verloren, steht aber zeitgleich am Beginn ihrer großen Karriere!

Das Leben von Coco Chanel ist... undurchsichtig.

Ihre Beziehungen und Handlungen... nicht immer nachvollziehbar.

Dieses Buch bietet den Versuch einer Erklärung, warum Coco Chanel so war, wie sie war.

Vielleicht war es so, vielleicht ähnlich, vielleicht ganz anders...

Auf jeden Fall eine interessante Geschichte, in deren Mittelpunkt aber nicht Coco Chanel steht!

Beachtenswert dazu die Fakten und Daten im Anhang.

Da ich Bücher über starke Frauen sehr mag (vor allem über reale Persönlichkeiten), durfte dieses Buch über die Schwestern Chanel natürlich in meinem Regal nicht fehlen. Wie üblich bei diesen Büchern orientieren sie sich an den realen Eckdaten der Personen. Auch einige Ereignisse, die im Buch vorkommen, sind wirklich passiert. Dennoch bleibt es ein fiktiver Roman, denn die Autorin hat ihn um die Eckdaten herumgesponnen.

Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht der jüngeren Schwester Antoinette, die vom Charakter völlig anders war als ihre berühmte Schwester Coco, dennoch aber viel zu deren Ruhm beigetragen hat. Diese Art der Erzählung hat mir sehr gut gefallen, und ich finde, dass sie auch sehr gut zur Story der beiden Frauen passt.

Das Buch greift die Zeitspanne von 1897 bis 1920 auf und erzählt, wie die beiden Mädchen nach dem Tod der Mutter im Waisenhaus aufgewachsen sind und es geschafft haben, sich ihre Freiheit und eine besondere Karriere zu erarbeiten.

Der Roman ist einfach und leicht geschrieben, wodurch ich ihn schnell lesen konnte. Mir hat der Stil sehr gut gefallen, und ich habe es genossen, die Schwestern Chanel auf diese Art kennenzulernen - auch wenn ich eigentlich mit Mode absolut nichts am Hut habe. Doch dieses Buch hat mir Freude gemacht!

Wie die meisten Menschen, die sich für Frankreich und die Welt der Mode interessieren, sind auch mir schon zahlreiche Mythen über Coco Chanels Leben begegnet, sei es in Filmen, Dokumentationen oder Büchern. Die berühmte Modedesignerin war an der Mythenbildung über sich selbst wohl auch nicht ganz unbeteiligt, wie wir heute wissen. Ihr war es unangenehm, in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen zu sein und deshalb hat sie gezielt Lügen über ihre Kindheit und Jugend verbreitet. 

Der Roman "Die Schwestern Chanel" erzählt jedoch von Chanels Lebensweg so, wie er sich aller Wahrscheinlichkeit nach wirklich ereignet hat. Die Autorin führt ihre Leser*innen in das Weisenhaus im Zentralmassiv, in dem Coco, oder Gabrielle, wie sie damals noch genannt wurde, und ihre Schwestern ihre Kindheit verbrachten, auf das Landgut, wo die junge Gabrielle den Luxus kennen und lieben lernt bis nach Paris, wo sie ihr erstes Geschäft, einen  Hutladen, eröffnet. 

Doch das Buch erzählt nicht nur von Coco Chanel, die bald weltberühmt wird, sondern vor allem von ihrer jüngeren Schwester Antoinette, die vielen bis heute unbekannt ist, doch ihrer Schwester an vielen wichtigen Stationen in ihrem Leben treu zur Seite stand und eine genauso scharfsinnige Geschäftsfrau war wie Coco. 

Die Figuren sind sehr gut ausgearbeitet und man hat das Gefühl, einen guten Eindruck davon zu bekommen, wie die Chanels wirklich getickt haben könnten. Es gibt sehr liebenswerte Figuren, wie Antoinettes und Cocos Tante Adrienne oder ihren Neffen André, doch auch komplexere Charaktere mit einigen Ecken und Kanten, allen voran Coco Chanel selbst, die für mehr Tiefe sorgen.

Das Buch ist sehr gut nach den Orten gegliedert, an denen Antoinette und Coco Chanel sich in ihrem Leben aufgehalten haben, sodass es für die Leser leicht ist, den Überblick über die Handlung zu wahren. Die Kapitel sind zudem recht kurz. 

Ich mochte auch den Schreibstil ganz gern, er hat gut zu Antoinettes Perspektive gepasst, war aber nichts wirklich Außergewöhnliches. 

Einen großer Pluspunkt sind das Nachwort zu den wirklichen historischen Ereignissen und die Zeitleiste am Ende des Buches. Ich persönlich konnte aus dem Buch viel über Coco Chanels Biographie lernen, dass sie einen Neffen hatte, der später sogar für sie gearbeitet hat, wusste ich zum Beispiel nicht.

Alles in allem ein sehr lesenswertes Buch, das ich jedem, der sich für Frankreich, die Mode, Chanel oder alles zusammen interessiert, nur ans Herz legen kann, jedoch zumindest für mich kein Buch, das mich extrem gefesselt hat und das ich kaum mehr aus der Hand legen konnte. Deshalb nur vier von fünf Sternen.