An die Schneeflöckchen, Mimimi und Weichspülgeneration oder Leute die es stört:
!!!ACHTUNG DIESES REVIEW KÖNNTE VIELLEICHT ODER EVENTUELL KLEINERE ODER GRÖSSERE SPOILER ENTHALTEN!!!
Da ist die einzige Warnung die ihr bekommt, ihr lest weiter auf eigene Gefahr.
Uff, warum tu ich mir das an? Ich habe meine Grenzen im Griff, mein Leben ist gut und das was war liegt angekettet in den Tiefen meiner Seele hinter einer dicken Eisentür deren Schlüssel ich weggeworfen habe. Es gibt Allerdings Bücher die kratzen am Narbengewebe auf meiner Seele. Manche wecken auch schlafende Hunde auf oder konfrontieren mich mit alten Dämonen. Deswegen musste ich einige Bücher von Anais C. Miller zur Seite legen da ich seelisch nicht mehr konnte oder Stich ins Leben von Riepegerste / Jekosch das ich nur einmal lesen konnte weil es mich an meine Grenzen brachte. Und jetzt haut U.L. Brich diese Buchempfehlung raus. Nun sitze ich da, denke nach und versuche den Sturm in meinem Inneren zu bändigen. Aber Stürme sind auch gut, sie helfen dabei die Dinge neu zu fokussieren und auszurichten. Zu lernen, zu wachsen.
Aber worum geht es eigentlich? Gar nicht so leicht zu beschreiben. Es geht um menschliche Schicksale in dieser kalten Welt. Es geht um Verlust, Ängste, Trauer, Hass, Fantasie und ein nie enden wollendes Spektrum an Emotionen. Um Ursache und Wirkung was Dinge, wie Worte und Taten, einem Menschen antun können und in welche Richtung sie dessen Leben bestimmen bzw. lenken. Um die Schutzmechanismen die man entwickelt um mit sich Selbst klar zu kommen und um das was Einen verletzt auf Abstand zu halten. Um Realität und Flucht. Es geht um Zwänge, Erwartungen, Traditionen und Eingefahrenes. Es wäre sinnlos auf jede Geschichte im Einzelnen einzugehen. Das würde dem Buch nicht gerecht.
Es geht auch um unsichtbare Krankheiten, die uns in Ketten legen und mit denen wir fertig werden müssen. Diesen ewigen Kampf, das zermürbende Weiter und das Anpassen des Lebens an unsere Defizite die von der Gesellschaft nicht akzeptiert werden. Ein Gefängnis aus dem es kein Entkommen gibt. Der Geist steckt im Körper fest und keiner kann ohne den Anderen. Das Abwenden von Menschen, der Verlust von Kontrolle und die soziale Isolation. Das gebrandmarkt werden in der Familie und in der Gesellschaft, das Gefühl nutzlos zu sein und dies auch zu spüren zu bekommen. Bis man sich selbst für nutzlos hält und dann am Scheideweg steht. Nur ein Stupser reicht um die Welt von Ballast zu befreien. Mörderische Gedanken die im Kopf kreisen wie eine Sirene. Wie es ist in sich Selbst gefangen zu sein, den Hass und die Zweifel auf sich Selbst. Gefangen im eigenen Gedankenlabyrinth. Das versteht Niemand und kann Niemand nachvollziehen der nicht selbst in diesem Kreislauf steckt.
Das Ganze ist so ruhig, mit so viel Gefühl und so viel Fingerspitzengefühl niedergeschrieben das es tief unter die Haut geht und dort bleibt. Es rüttelt auf, zeigt neue Perspektiven auf und vielleicht regt es viele auch endlich mal an nachzudenken. Denn manchmal reicht auch ein Mensch der dich versteht, der zuhört und nicht urteilt. Der die Scherben in dir zusammensetzt obwohl er selbst aus Scherben besteht. Intimität hat viele Ebenen und Schichten, sich zu öffnen und das zuzulassen ist eine davon. Aber es ist ein Prozess der Jahre, vielleicht Jahrzehnte braucht. Was rücksichtslos zerstört wurde, baut sich nie wieder so auf. Es ist fort, kommt nie wieder. Aber man kann, mit viel Zeit, vielen Ängsten und Zweifeln wieder anfangen Etwas aufzubauen. Und es muss nicht mal das sein. Zuhören reicht manchmal, vielleicht auch ein Lächeln.
Die Autorin hat hier ein kleines aufwühlendes Meisterwerk geschaffen. Es gehört viel Gefühl dazu diesen schmalen Grad zu balancieren. Weicht man nur ein wenig in die eine oder andere Richtung kann es anklagend oder voreingenommen klingen. Sie schafft den Spagat spielend und präsentiert Alles ohne den Zeigefinger zu heben. Kudos.
5 Sterne. Diese Rezi ist einem extrem emotionalen Zustand entstanden und ich weigere mich sie zu überarbeiten um mein übliches Verfahren mit Rezis anzuwenden. Sie ist gut wie sie ist, aber ob sie für die Masse ist kann ich nicht entscheiden.