Ein kleines Dorf mit großen Geheimnissen...
von KristinSchoellkopf
Kurzmeinung: Der Leser als Gesellschaftskritiker!
Rezension
Was ist interessanter, als die Analyse von Menschen? Wer mag wohl etwas zu verbergen haben oder ein Geheimnis hüten?
Juli Zeh widmet sich diesem Thema in ihrem Roman, der einen passenderen Titel nicht tragen könnte, als „Unterleuten“.
In dem Roman blickt der Leser auf ein kleines Dorf, das auf den ersten Blick nicht außergewöhnlich scheint. Doch je mehr der Leser sich mit den einzelnen Figuren beschäftigt, umso misstrauischer wird er. Was genau, verbergen die Menschen in diesem Dorf? Im Leseprozess wird der Leser selbst zu einem Gesellschaftskritiker und analysiert das Verhalten der Charaktere fast schon fachmännisch. Einen zuvor womöglich nicht allzu kritischen Leser zu einem aktiven zu machen, ist eine wahre Kunst, die Juli Zeh glänzend beherrscht.
Die Autorin weiß, wie viel Bedeutung sie jedem Wort zuschreibt, tendiert allerdings dazu, Szenen zu genau zu beschreiben. Ich persönlich konnte mir die Szenen sehr gut vorstellen, wie auch die Akteure in ihnen, und empfand einige Erläuterungen als überflüssig. Sie sorgten nämlich auch dafür, dass die eigene Interpretation zu weit gefasst wurde und ich Details Wert zugeschrieben habe, die nur einer sehr genauen Darstellung einer Szene dienten.
Dennoch finde ich die Art und Weise, wie die Autorin den Leser in das Werk einbindet, einzigartig und „Unterleuten“ kann ich nur weiterempfehlen.
Denn wer weiß, ob im eigenen Dorf nicht eine Leiche im Keller versteckt ist und man sie nur noch nicht entdeckt hat?