Cover des Buches Die Bestimmung des Bösen (ISBN: 9783453359345)
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Rezension zu Die Bestimmung des Bösen von Julia Corbin

Das Debüt von Julia Corbin

von nessisbookchoice vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Ein biologischer Thriller, der auch mit ethischen und moralischen Fragen aufwartet und daher zum Nachdenken und lernen anregt.

Rezension

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nessisbookchoicevor 6 Jahren

Titel: „Die Bestimmung des Bösen“
Autor: Julia Corbin
Erscheinungsdatum: 9. Mai 2017
Seitenanzahl: 416 Seiten
Genre: Thriller
Preis: Taschenbuch 9,99€
Verlag: Diana Verlag
ISBN: 978-3-453-35934-5
Klappentext:
„Schließ die Augen und zähl bis hundert.“ Dies sind die letzten Worte, die Alexis von ihrem Vater hört. Kurz darauf sind ihre Eltern tot, und das kleine Mädchen bleibt als Waise zurück, verfolgt von traumatischen Erinnerungen.

Dreiundzwanzig Jahre später ist Alexis Hall Kommissarin bei der Mannheimer Kripo. Die wahren Gründe, warum sie zur Polizei ging, kennt niemand. Als mehrere brutal entstellte Frauenleichen in einem Wald entdeckt werden und sie die Ermittlungen leiten soll, holt sie ihre Vergangenheit ein. Denn die weißen Anemonen, mit denen die Toten geschmückt sind, kennt Alexis nur zu gut – aus ihrer Kindheit …
(Quelle: Randomhouse)

Hier kannst Du Julia Corbins „Die Bestimmung des Bösen“ kaufen.

Wieder einmal kommt von mir an erster Stelle das große Dankeschön an den Diana Verlag, sowie die Verlagsgruppe Randomhouse, für die Bereitstellung des Buches als Rezensionsexemplar!

Cover und Klappentext

Für meinen Geschmack ist das Cover relativ schlicht und eintönig gehalten. Die roten Blutspritzer auf weißen Untergrund springen dem interessierten Leser sofort ins Auge.

Den Titel finde ich, vor dem Hintergrund des Inhalts, wirklich passend. Anfänglich brauchte ich etwas, um eine Verbindung von Titel und Handlung zu erkennen, was im Nachhinein betrachtet aber keinesfalls schlimm war.

Der Klappentext ließ mich neugierig zurück, obwohl hier ein altbekanntes Thriller-Klischee angesprochen wurde: ein Kind, das in frühster Kindheit traumatische Erfahrungen erlebt hat, geht später zur Polizei und wird dort mit einem Fall konfrontiert, der es an die Vergangenheit erinnert. In welcher Weise auch immer.

Obwohl dies also eher als „08/15“ oder „typisch“ bezeichnet werden kann, hat mich der erste Teil des Klappentextes, sowie die bereits vielen positiven publizierten Meinungen zu dem Buch dazu veranlasst, es dennoch zu lesen.

Und ich wurde nicht enttäuscht.

Figuren

Aber widmen wir uns erst einmal den wichtigsten Charakteren im Buch:

Der, bereits im Klappentext vorkommenden Kommissarin, Alexis Hall und ihrer guten Freundin, der Kriminalbiologin Karen Hellstern.

Alexis habe ich zunächst als toughe junge Frau wahrgenommen, die sich in einem Männer dominierten Beruf gut durchzusetzen weiß.
Im Laufe des Buches offenbarte sie aber ihre menschliche, verletzliche Seite und wurde für mich dadurch noch authentischer.

Zwischenzeitlich konnte ich mir nicht gänzlich sicher sein, was den Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte angeht, was es für mich als Leserin allerdings nur noch interessanter machte.

Ich konnte mich gut in sie und ihr Handeln hineinversetzen, auch wenn ich sie manchmal gerne durchs Buch schütteln wollte, um sie von ihren Vorhaben abzubringen und auf die ‚richtige Spur‘ zu lenken.

Alexis‘ Vergangenheit empfand ich als äußerst spannend. Ich wollte unbedingt erfahren, was damals geschehen ist und wie es mit ihrem aktuellen Fall zusammenhängt.
Nach und nach kamen immer mehr Erlebnisse aus ihrer Kindheit und Jugend ans Licht, die man selbst in die Gegenwart einpuzzlen konnte.

Karen Hellstern habe ich als gute Freundin kennengelernt, die am meisten von der Biologie fasziniert ist und in ihrem Beruf vollkommen aufblüht.
Sie ist mit Herz und Seele dabei und versucht der Polizei, so gut sie kann, unter die Arme zu greifen.

Gerade in der zweiten Hälfte des Buches erfahren wir einige Dinge über ihre Familienangelegenheiten. Ab dort verwandelte sie sich für mich regelmäßig von der hartgesottenen, sehr intelligenten Kriminalbiologin in einen herzlichen Familienmensch.

Schreibstil und Inhalt

Ich muss gestehen, dass ich anfänglich kleinere Probleme hatte, in das Buch einzufinden.
Ich konnte es nur stockend lesen und kam nicht recht voran.

Nach und nach gewöhnte ich mich allerdings an den Schreibstil und den massiven theoretischen, biologischen Input.

Man merkt anhand des Stils und der Handlung des Buches, sowie der Protagonisten, dass die Autorin Biologin ist und das Maximale an Wissen in diesen Thriller stecken wollte.
Ich selbst belegte in der Oberstufe einen Biologie Leistungskurs, was mir innerhalb dieses Buches das ein oder andere Mal tatsächlich zugute kam.

Ich las interessiert über Verwesungsgerade der Leichen, pürierte Madenproben, sowie die Aussagekräftigkeit von Geruch und äußerlichem Zustand von toten Lebewesen.

Leider muss ich dazu sagen, dass etwas weniger Biologie dem Thriller gut getan und mehr Leben eingehaucht hätte, da es zeitweise wirklich anstrengend war, das Gelesene zu Verarbeiten und in Verbindung zu anderen Dingen der momentanen Handlung zu setzen.

Die Handlung erfahren wir als Leser in verschiedenen Erzählperspektiven, die uns Alexis als Person, die Vergangenheit, die Fortschritte von Karens Arbeit und später das Leben einer zunächst unbekannten Person näher bringen.

Beginnen tut dies mit einer Rückblende von vor 23 Jahren. Die Zeitabstände der Rückblenden werden immer kürzer, sodass wir die Erlebnisse von über 20 Jahren in relativer kurzer Zeit miterleben.

Der Prolog an sich weckte meine Neugier und ist gut geschrieben.

Von einem rasanten Einstieg geht es direkt weiter in die nächste rasante Szene, in der der Leser mit relativ detailliert beschriebenen Gewalttaten konfrontiert wird.

Nach und nach scheint es Verbindungen zu Alexis‘ Privatleben zu geben und man wird auf eine spannende Reise durch Vergangenheit und Gegenwart mitgenommen.

Ich würde nicht sagen, dass der Spannungsbogen kontant hochgehalten wird, da es doch einige Momente gab, die hätten abgekürzt werden können.
Andererseits gab es dann wieder jene Situationen, über die ich gerne mehr gelesen hätte.

Hauptsächliches Interesse hatte ich tatsächlich an Alexis, ihrer Person, ihrer Vergangenheit und ihren aktuellen Handlungen, sodass der Kriminalfall für mich teils in den Hintergrund rückte und ich mich durchgehend fragte, wie alles nun zusammenhängen kann.

Im Laufe der Handlungen lesen wir Kapitel aus der Sicht eines unbekannten Dritten.
Hier hatte ich zwischendurch eine Vermutung, die die Identität des Dritten betrifft, die ich dann wieder verwarf, nur um am Ende doch recht zu behalten.

Generell haben wir es hier nicht nur mit einem Fall und einer Auflösung zu tun, sondern mit einem Geflecht aus mehreren Ereignissen und Hintergründen.
Einer der Handlungsstränge war ziemlich vorhersehbar, was den Täter betrifft. Die Auflösung ist bestimmt auch deutlicher, wenn man, im Gegensatz zu mir, gut darin ist, Storys vor dem Ende des Buches zu lösen.

Das Buch beschäftigt sich ebenfalls mit, in meinen Augen, ethischen und moralischen indirekten Fragen, durch die man selber anfängt über dieses Thema nachzudenken und seine Einstellung dazu zu überdenken.

Achtung, der folgende Abschnitt könnte Spoiler enthalten!

Ebenso lernen wir hier das fiktive kill:gen kennen, das Alexis‘ Adoptivvater erforscht und studiert hat. Er hat massig Studien darüber geleitet und Thesen veröffentlicht.

Hier ist der mögliche Spoiler zu Ende.

Nun stell dir selbst einmal die Frage:

Glaubst du an eine genetische Vererbung von „Gut“ und „Böse“?
Hat man selbst automatisch die Veranlagung zum „Bösen“, nur weil die Eltern bisher nicht die klügsten Entscheidungen getroffen haben?

Ich selbst sehe das entstehende Leben und die Charakterentwicklung eher als ein Zusammenspiel von Anlage und Umwelt.
Ich denke schon, dass gewisse Vorlieben oder Charaktereigenschaften durchaus vererbbar sind, allerdings möchte ich auch in großem Teil an den Einfluss der Umwelt auf die Entwicklung des Ichs glauben.

Und genau vor diesem Hintergrund empfinde ich den Titel als wirklich passend, denn gibt es eine „Bestimmung des [oder besser „zum“] Bösen“?

Diese These wird in den einzelnen Handlungssträngen immer wieder indirekt und teils ziemlich drastisch beleuchtet und innerhalb der fiktiven Handlung des Buches thematisiert.

Das Ende beziehungsweise die Auflösung des großen Ganzen und das Zusammenkommen der einzelnen Stränge ist nicht mehr gänzlich überraschend, da man schon vorher ahnt, auf was diese hinauslaufen wird.

Mit einem Aspekt des Endes bin ich allerdings unbefriedigt zurückgelassen worden.
Hier hätte ich mir definitiv mehr Input und einen Abschlussabschnitt gewünscht.

Fazit

Wer die Bücher von Kathy Reichs verschlungen hat, wird hier definitiv auch bedient.

Dieser mit biologischen und ethischen Fakten, sowie Einstellungen, gespickter Thriller weckt in jedem die Neugier, der sich ein wenig mit Kriminalbiologie und genetischer Veranlagung auseinandersetzen möchte.

Für Leser, die eher auf getaktete und strikte Polizeiarbeit und Ermittlungen ohne große Bohei stehen, wird dieser Thriller wohl nicht das Highlight des Jahres werden.

Ich selbst wurde von Autorin Julia Corbin durchweg gut unterhalten, sodass man über den, für meinen Geschmack, übergroßen Anteil an Biologie teils hinwegsehen kann.
In den meisten Szenen war ich allerdings mit großem Interesse dabei und habe gespannt verfolgt, wie später alles zusammengesetzt wird.

Der Aspekt am Ende, den ich im oberen Abschnitt als etwas zu kurz deklariert habe, könnte allerdings im nächsten Buch der Autorin auftauchen, das „Das Gift der Wahrheit – Ein Fall für Hall und Hellstern“ heißen und somit den zweiten Band rund um Alexis und Karen darstellen wird.
Daher hoffe ich, dass dies dort ebenfalls noch einmal Thema sein wird.

Im Großen und Ganzen möchte ich Julia Corbin für ihr Debüt 4/5 Sternchen geben und freue mich auf den nächsten Teil, der am 9. Juli 2018 erscheinen wird!

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