Emily Eden, Anna Leonowens, Amelia Edwards, Kate Marsden, Gertrude Bell, Daisy Bates und Alexandra David-Néel.
Sieben Portraits unerschrockener Frauen, geboren im 19. Jahrhundert, die sich aufmachten, die Welt zu entdecken. Manche aus Konvention heraus, um als unverheiratete Frau einen Verwandten in seiner Position im Ausland zu unterstützen, manche aufgrund sich plötzlich veränderter Lebensumstände, manche aus Nächstenliebe und wieder manche einfach aufgrund purer Entdeckerlust und Wissbegierde. Wir begleiten sie nach Indien, Siam, Ägypten, Sibirien, den Irak, Australien und nach Tibet. Erfahren welche Hindernisse, vorallem als Frau, sie damals überwinden mussten, wie sie sich trotz Etikette durchzusetzen wussten und wie sie trotz widriger Umstände nicht aufgaben und ihren Weg gingen. Namen von Vorreiterinnen, die nicht vergessen werden dürfen und die auch heute noch als Beispiel dienen können.📖
Auf der Suche nach einem Buch zu einem Monatslesethema ,,Romane von und über starke Frauen", durchforstete ich neulich mein Bücherregal und mir fiel dieses hier in die Hände. Gut, kein Roman, dafür ein Sachbuch, aber diese Voraussetzung hatte ich nach den ersten Seiten schnell vergessen, denn ich war ziemlich schnell fasziniert von den Lebenswegen dieser Frauen. Auf je dreißig bis fünfzig Seiten wurden sie geschildert und mit reichlich Zitaten aus ihren Tagebüchern oder Aussagen ihrer Wegbegleiter/innen ergänzt. An keiner Stelle empfand ich es als langweilig. Ich reiste in diesem Buch quasi fast einmal um die Welt im 19. Jahrhundert. Ich bewunderte ihre Ausdauer und Entschlossenheit z.B. im Korsett mit Lagen von Kleidern bei unerbärmlicher Hitze durch Wüsten zu reiten, wochenlang der Eiseskälte Sibiriens zu trotzen oder auch einfach nur ihren Standpunkt zu verteidigen und sich durchzusetzen gegenüber männlichen Autoritäten, die sie für schwach und unkundig hielten oder meinten, der Platz einer Frau wäre wunschlos glücklich hinter dem Herd, in einem Harem oder nur gut gekleidet in adretter, vornehmer Gesellschaft Zuhause.
Auffallend war, dass sie fast alle unverheiratet waren. Und die, die verheiratet waren trennten sich kurz darauf oder wurden Witwe. So konnten sie ihrer damals vorherbestimmten Rolle entfliehen und ihren eigenen Weg gehen.
Am sympathischsten fand ich tatsächlich Anna Leonowens, deren Leben Hollywoodmäßig doch recht kitschig aber nett anzusehen bereits vor Jahren als ,,Anna und der König" verfilmt wurde. Auch wenn sie selbst in ihrem Buch ihre Vergangenheit ein wenig verschönerte um von der Gesellschaft nicht als Frau niedrigerer Herkunft zu gelten, sie nahm allein ihr Schicksal in die Hand und wusste mit dem Mongkut, bei dem sie seine Frauen und Kinder unterrichtete, umzugehen ohne sich unterbuttern zu lassen oder respektlos zu werden. Sie besaß meiner Meinung nach auch nicht so ein Standesdünkel wie manch andere Frau im Buch, die in besseren Kreisen geboren war. Ihnen muss man wiederum gutheißen, dass sie fast alle nach kürzerer Zeit ihr überlegenes Denken ablegten oder wenigstens hinterfragten.
Vor Kate Marsdens und Daisy Bates Willen und Mut den Leprakranken im entfernten Sibiren zu helfen und die Kultur und das Leben der Aborigines beschützen zu wollen ziehe ich meinen Hut. Was sie auf sich genommen haben verdient Respekt.
Auf Gertrude Bells Portrait war ich gespannt, jedoch wurde ich doch ein wenig enttäuscht. Ihre zahlreichen Reisen, Sprachkenntnisse und auch Entdeckungen waren ohne Frage beeindruckend. Jedoch schreckte mich ihre etwas rücksichtslose Art ein wenig ab und auch die Tatsache, dass sie gegen das Wahlrecht für Frauen war. Ihre Ansicht war wohl, dass sich die Kämpferinnen für das Wahlrecht nicht ihrer Rolle entsprechend verhielten und Frauen nicht genug Ahnung hätten von Politik. Überhaupt schien sie sich wenig für das Leben und auch Leiden ihrer Geschlechtsgenossinnen zu interessieren, weder im Inland noch in den Länder, in die sie reiste und das Urteil und die Zustimmung eines Mannes schienen ihr das Wichtigste zu sein.
Was mir persönlich noch ein klein wenig mehr gefallen hätte, wären Fotos der Frauen zu den Kapiteln gewesen oder Fotos der Expeditionen. So habe ich diese eben immer nebenher beim Lesen gegoogelt.
Ansonsten hat mir dieses Buch sehr viel Freude bereitet, hat mich sehr beeindruckt und da ich hinter im Anhang noch ein paar mehr Buchtitel dieser Art entdeckt habe, wird es bestimmt nicht das letzte gewesen sein.
Und eine Sache muss ich noch sagen:
Solche Lebensläufe starker Frauen von damals und auch heute finde ich immer noch einfach zu stark unterrepräsentiert. Es gibt die x-te Doku über Kleopatra und das ,,starke und schöne" Schneewittchen wurde auch erst gerade wieder einmal verfilmt. Starke Frauen finden in Filmen oft im fiktiven Bereich statt oder ihre Rolle in Buchklassikerverfilmungen wie z.B. ,,Little Women" wird dann eben etwas feministischer gestaltet. Dabei gibt es und gab es doch so viele reale Heldinnen, wie genau diese hier, deren Lebensgeschichte es wert wäre verfilmt zu werden und ihnen somit auch Respekt zu zollen. Mich würde das interessieren.
Dieses Buch hier hat jedenfalls für mich definitiv (5/5)⭐️ verdient.😊