Rezension zu "Dein Kind isst besser, als du denkst!" von Katharina Fantl
Ein Buch, welches direkt beim ersten Sichten mein Interesse geweckt hat.
Als wir vor über 3 1/2 Jahren Eltern wurden, war uns klar, was wir gerne umsetzen wollen würden: Stillen, so lange wie gewünscht; Fingerfood statt Einheitsbrei; die ersten Jahre keine Süßigkeiten; viele Jahre keine Chips; ...
Unsere Liste war lang. Zu lang, wie wir heute wissen.
Anfangs gelang es uns, dem Kind zu vertrauen: Sie durfte probieren, was ihr schmeckt. Sie durfte essen, wenn sie Hunger hatte. Sie durfte die Sachen ausspucken, wenn sie sie nicht mochte.
Doch schleichend hat sich dieses Vertrauen in Kontrolle gewandelt: Wenn sie etwas im Mund hatte, bat ich sie, es mit Wasser herunter zu spülen, statt auszuspucken. Süßigkeiten wurden ständig kommentiert und eingeteilt. Wir baten sie immer öfter, doch wenigstens mal zu probieren.
Irgendwann merkte ich selbst, dass mir das ziemlich gegen den Strich ging. Vor allem, als ich immer wieder von anderen Personen hörte: "Iss mit Besteck!" (bei uns darf sie mit den Händen essen, wenn ihr danach ist) "Probier die Sachen mal so und so." "Leck wenigstens mal dran."
Und irgendwann sagte ich: "STOPP!"
Ich hinterfragte unser ganzes Agieren diesbezüglich und kam zu dem Schluss: Wenn das jemand mit mir machen würde, wäre ich ziemlich schnell sehr genervt davon. Warum wollte ich dies also meinem Kind zumuten?!?
Und so beschlossen wir, wieder mehr Vertrauen in sie zu haben - und bereuen es bis heute nicht!
»Doch nicht die Kontrolle macht stark, sondern das Loslassen!« (S. 29)
Durch das Werk habe ich mir Bestätigung und gute Argumente für mein Gegenüber gewünscht. Denn auch wenn wir als Eltern dieses Prinzip umsetzen, haben wir doch von Außen immer wieder Diskussionspunkte. Hierbei hilft "Dein Kind isst besser, als du denkst!", um angenehm ins Gespräch zu kommen.
Grob ist das Buch in 5 Teile unterteilt:
1. Der Körper, ein Wunderwerk
2. Die fremdbestimmte Ernährungsgesellschaft
3. Gelassen und vertrauensvoll am Esstisch - die ersten Schritte
4. Ein gesundes Essverhalten für Ihr Kind - so schaffen Sie es!
5. Häufige Fragen
Alle sind in ganz viele Unterpunkte gegliedert und geben einen genauen Einblick in die Gedanken der Autorinnen. Manchmal sind auch Erfahrungsberichte von anderen Eltern dabei.
Ein Punkt, der mir besonders gefallen hat, ist der Abschnitt: "Wir schreiben die Regeln neu". (S. 22)
Dort werden 10 "Regeln" aufgelistet, durchgestrichen und neu formuliert. Eine dieser "Regeln" lautet zum Beispiel:
10. Mit Süßigkeiten clever jonglieren.
Helfen Sie Ihren Kindern,
einen selbstbestimmten Umgang mit Zucker zu erlernen,
indem Sie Süßes nicht verteufeln, verbieten oder einschränken
und gleichzeitig achtsam mit Ihrem Kind und sich selbst sind. (S. 23)
Etwas, was auch wir als Eltern erst lernen mussten. Denn natürlich greifen Kinder, sobald sie selbst bestimmen dürfen, erstmal mehrfach zu Süßem. Nach einer Weile hat sich das jedoch ganz von selbst geregelt. Bei uns waren das nur ein paar Tage, nicht mal eine Woche. Es gehört sehr viel Vertrauen dazu, den Konsum vor allem anfangs nicht zu kommentieren.
Doch Katharina Fantl & Julia Litschko geben noch so viel mehr Ratschläge, wie zum Beispiel:
"Zehn pragmatische Tipps für eine unbeschwerte Zeit am Esstisch" (S. 88 - 92)
1. Vertrauensvorschuss
[...]
10. Essen Sie mit Freude und undogmatisch
Alles wird begründet, jedoch niemals mit erhobenen Zeigefinger vorgetragen.
Doch das Beste: Die Lektüre lässt uns nicht nur über das Essverhalten unserer Kinder nachdenken, sondern man wird eingeladen, auch sein eigenes zu reflektieren. Auf alle Fälle hat sie mich darin bestärkt, weiterhin für meine Tochter einzustehen, denn:
»Ihr Kind ist nicht etwa verwöhnt, verzogen oder launisch,
wenn es keine Erdbeeren isst oder Tomaten vehement verweigert.
In den allermeisten Fällen gibt es körperliche Gründe dafür,
dass Menschen bestimmte Lebensmittel nicht mögen.
Wenn Ihr Kind ein Lebensmittel ablehnt, dann zwingen Sie es bitte nicht dazu,
davon eine größere Menge zu essen.
Sie verwöhnen es nicht, wenn Sie ihm erlauben,
die Erbsen übrig zu lassen oder die Banane vom Maulwurfkuchen zu verschmähen.« (S. 42)
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