Cover des Buches Rehruf (ISBN: B00REWXEIW)
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Rezension zu Rehruf von Julia Mayer

Teilweise sehr poetisch geschrieben - nur den Sinn dahinter hab ich nicht entdeckt ...

von Aleshanee vor 9 Jahren

Kurzmeinung: 3,5 Sterne - Wunderschön poetischer Sprachstil in einer sehr berührenden, tragischen Geschichte. Einiges hätte noch ausgebaut werden können

Rezension

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Aleshaneevor 9 Jahren
3,5 Sterne

"Ich bin ein Reh.
Und die Welt ist ein Tal,
das voller Hoffnung vor mir liegt."
Pos. 793

Zum Inhalt

Schon seit ihrer Kindheit ist die 16jährige Inga krank, todkrank. Ihr Leben besteht aus schlimmen Phasen und besonders schlimmen, in denen sie kaum mehr die Kraft hat, aufzustehen.
Zusammen mit ihrer Mutter und ihrer 4 Jahre jüngeren Schwester Frederike lebt sie in dem kleinen Dörfchen Wasserwacht in Mecklenburg-Vorpommern. Die Besuche bei den Großeltern sind eine Qual, die vereinzelnten Schultage eine Farce und Inga weiß nicht mehr, ob sich in diesem Zustand ein Weiterleben überhaupt noch lohnt.
Doch dann kommt ihre Großtante Rani zu Besuch. Jahrelang hat sie sich von ihrer Familie ferngehalten - und der Grund dafür wird Ingas Leben für immer verändern ...

Meine Meinung

Entdeckt hab ich dieses Buch durch eine Rezension von Insi Eule und ihre Bücher. Durch ihre sehr positive Meinung und da ich immer neugierig auf neue Märchenadaptionen bin, wollte ich es unbedingt auch lesen :)

Gleich zu Beginn lernt man Inga kennen. Durch die Ich Perspektive erlebt man sehr eindrucksvoll, wie sehr sie schon seit Jahren unter ihrer schweren Krankheit leidet; unter ihrer Hilflosigkeit und den Schmerzen, die ihr nach und nach den Lebensmut geraubt haben.

Ihre Schwester Frederika hingegen, aus deren Sicht auch einige Passagen erzählt werden, hat ein sehr einsames Leben im Schatten von Inga geführt. Grade ihr Blinkwinkel hat mich sehr berührt und traurig gemacht, denn sie hat nie wirklich die Chance bekommen, neben ihrer Schwester aufzuleben. Auch das Verhalten der Mutter hat mich betroffen gemacht; man weiß ja nie, wie Menschen nach schweren Schicksalsschlägen reagieren, aber das war schon beim Lesen schwer zu ertragen.

Die Grundstimmung ist meist traurig, ja geradezu schwermütig und von Hoffnungslosigkeit durchtränkt, obwohl es auch kleine Momente mit Lichtblicken gibt.
Mit ihrem Schreibstil hat Julia Mayer diese Atmosphäre wunderbar übertragen - teilweise fast schon poetisch und wirklich wunderschön und flüssig zu lesen - irritierend war für mich dabei zu Beginn aber diese Mischung mit der "banalen" Realität. So einen Stil kannte ich bisher noch nicht und es hat etwas gedauert, bis ich mich daran gewöhnt habe. Der Name des Ortes "Wasserwacht" z. B. hat mich leider immer an den Rettungsdienst erinnert, wodurch mir die magische Stimmung ein bisschen abhanden gekommen ist. Aber das ist mein ganz individuelles Problem :)

Ingas "neues" Leben als Rehdoppel bringt natürlich einige Schwierigkeiten mit sich. Angelehnt ist diese Idee an das Märchen "Brüderchen und Schwesterchen", in dem der Bruder zum Reh wird, nachdem er aus einer Quelle getrunken hat. Etwas mehr Bezug zu dem Märchen hatte ich mir allerdings schon erwartet - wer darauf spekuliert, sollte am Ende nicht enttäuscht sein!
Die Autorin hat hier eine schöne Idee verarbeitet, wobei mir manchmal ein bisschen mehr Tiefe gefehlt hat. Die anderen Figuren, die Inga in der "Rehdoppel"-Gemeinschaft kennenlernt, hätten viel Potenzial gehabt: es gab einige Andeutungen von denen ich mir erhofft hätte, dass da der Faden noch weitergesponnen wird. Hier sind immer wieder Momente verstrichen, aus denen man noch ein bisschen mehr hätte herausholen können.

Aber es gab auch einige spannende Aspekte und kleine Überraschungen, die meine Neugier zum Weiterlesen geweckt haben. Die Geschichte ist sehr bewegend und ein sensibles Konstrukt aus Schuld- und Rachegefühlen, dem Schicksal und dem Zusammenhalt von Gleichgesinnten. Durch den überraschenden Schluss fehlt mir ein bisschen der Sinn, den ich nach so einer gemütvollen Geschichte erwarte, dafür gibt es zwischendurch immer wieder sehr tiefgründige Details, die einem sehr zu Herzen gehen.

Fazit

Eine sehr berührende und bedrückende Geschichte über zwei Mädchen, deren Schicksal so verschieden und doch unlösbar miteinander verbunden ist - mit einer wunderschön poetischen Sprache erzählt.

© Aleshanee
Weltenwanderer
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