Rezension zu "Civilizing Argentina: Science, Medicine, and the Modern State: Science, Medicine and the Modern State" von Julia Rodriguez
Buenos Aires, das Paris Südamerikas. Argentinien, der Traum aller Auswanderer. Im 19. Jahrhundert bildete sich das heutige Argentinien. 1880 als Staat konsolidiert, will Argentinien zu einem Land der unbegrenzten Möglichkeiten werden. Nimmt sich Europa und die USA zum Vorbild. Helfen sollen Immigranten, ebenfalls aus Europa. Mitbringen sollen Sie ihr Wissen, ihre Expertise, ihr Geld.
Rodriguez zeichnet in ihrem Buch ein anderes Bild Argentiniens. Ein Bild, dass von den Rassentheorien seiner Zeit beherrscht wird und das aufzeigt, dass nicht alle Gewinner im goldenen Zeitalter waren. Sie stellt die „Barbarei“ der „zivilisierten Welt“ gegenüber und zeigt auf, dass seit der kolonialen Unabhängigkeit Argentiniens die Ureinwohner (sog. native people), als Stellvertreter für den Rückschritt, systematisch ausgelöscht und verfolgt wurden – oftmals legitimiert durch eine enge Zusammenarbeit von Staat und Wissenschaft. Im Gegenzug wurden die Immigrationen aus Europa stimuliert, denn sie sollte die „zivilisierte“ Welt fördern. Doch mit den Immigranten kamen neue Probleme, denen man wiederum mit den Wissenschaften beizukommen versuchte.
Ein spannendes Buch, dass differenziert eine neue Perspektive auf Argentinien eröffnet und den Leser ermutigt, auch die „guten, goldenen Zeiten“ zu hinterfragen. Wissenschaftlich gut aufgearbeitet und zugleich sehr verständlich geschrieben.
Fazit: Erschreckend und spannend, differenziert und gut geschrieben. Eine Lektüre, die dem Leser Argentinien von einer anderen Seite her näher bringt.