Ich finde Romane mit Hintergründen zu psychischen Krankheiten immer sehr interessant - es wirkt nicht zu wissenschaftlich, gibt aber einen kleinen Einblick, so dass man ein besseres Verständnis entwickeln kann. Das ist der Autorin hier auch gut gelungen! Man muss allerdings bedenken, dass es sich hier um ein Jugendbuch handelt.
Der 16jährige Adam ist schizophren. Das Leben für ihn, seine Mutter und seinen Stiefvater ist nicht einfach, aber ein neues Medikament soll Besserung schaffen. Wir erleben Adam´s Eindrücke direkt aus seinen Notizen bzw. einem Art Tagebuch, dass er für den behandelnden Psychologen schreibt. Denn während der Therapiestunden, die zur Medikation gehören, spricht er kein Wort.
Dieses Stilmittel finde ich hier sehr passend gewählt, denn man erfährt aus erster Hand, wie es Adam in seinem Alltag mit Schule, Freunden und seiner Familie geht.
Ein bisschen hat es mich übrigens an "Die Blumen von Algernon" von Daniel Keyes erinnert, der eine ähnlich aufgebaute Geschichte um einen Mann mit geistigen Schwächen geschrieben hat.
Adam jedenfalls erzählt recht frei von der Leber weg und sehr authentisch. Auch mit einer gewissen Portion Selbstironie, die mich manchmal auch zum Lachen gebracht hat. Es nimmt den Ernst an der ganzen Situation etwas heraus, was mir gut gefallen hat, denn andererseits zeigt Julia Walton auch viele Beispiele, in denen sich Adam mit schwierigen Situationen auseinander setzen muss.
Die Autorin ist nicht selbst betroffen oder hat große Erfahrungen, was ich aus dem Nachwort herausgelesen habe, aber sie hat gut recherchiert und das Krankheitsbild verständlich rübergebracht. Gerade die Ängste, die andere vor Menschen mit schizophrener Erkrankung haben, klingen immer wieder durch. Auch Adam fühlt sich missverstanden, wenn die Leute ihn ablehnen und Angst haben, er würde ihnen etwas tun, denn solche Gedanken hegt er nicht.
Er sieht Personen und hört Stimmen, die nicht da sind und muss versuchen zu erkennen, was nur in seiner Einbildung passiert und was tatsächlich wahr ist. Keine einfache Situation.
Die Realität ist ein seltsamer Ort, wenn man sich selbst nicht trauen kann. Es gibt keine Fundamente, für michts. Ich habe kein Vertrauen mehr in normale Dinge wie Schwerkraft, Logik oder Liebe, weil es sein kann, dass mein Verstand sie nicht korrekt wahrnimmt.
Zitat Seite 93
Das neue Medikament scheint gut anzuschlagen und Adam findet sich in der neuen Schule gut zurecht. Sogar eine Freundin findet er, kann sich aber nicht überwinden, ihr von seiner Krankheit zu erzählen. Trotz seiner Defizite beweist er viel Einfühlungsvermögen und ist immer bestrebt, ein ganz normaler Teenager zu sein.
Auch die Situation zu Hause ist nicht einfach - doch seine Mutter hält wie eine Löwin zu ihm und auch sein Stiefvater beweist immer wieder, dass er auf seiner Seite steht.
Er ließ mich in sein Leben und hat mich dadurch gelehrt, dass Elternschaft heißt, zu dem Menschen zu werden, den die Kinder am meisten brauchen.
Zitat Seite 279
Die offene und entwaffnende Art von Adams Erzählung lässt sich sehr gut lesen, ohne ins seichte oder übertrieben dramatische abzudriften. Maya, seine Freundin, ist ebenfalls ein sehr eigenwilliger und außergewöhnlicher Charakter, die einerseits unnahbar scheint, die man aber einfach ins Herz schließen muss.
Ich hab Adam auf seinem Weg sehr gerne begleitet und fand die Problematiken gelungen rübergebracht. Man bekommt ein Gespür für die Krankheit und wie schwer es ist, im Alltag damit umzugehen und ein "normales" Leben zu führen.
4.5 Sterne von mir
Weltenwanderer
Julia Walton
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Julia Walton
Wörter an den Wänden
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Words on Bathroom Walls
Neue Rezensionen zu Julia Walton
Rezension zu "Wörter an den Wänden" von Julia Walton
“Wörter an den Wänden” ist ein sehr ernstes und emotionales Werk, das mich bereits durch den Klappentext sehr angesprochen hat.
Ein Buch über einen Jungen, der aufgrund seiner Krankheit immer ein Einzelgänger war und sich mit seinen Dämonen Tag für Tag auseinandersetzt.
Die Atmosphäre in diesem Buch hat mich sofort gefangengenommen, denn sie ist drückend, schwer und auch etwas hoffnungslos. Was sich wirklich sehr gut auf die Thematik niederschlägt.
Denn was man hier liest, hat mit Positivität nicht all zu viel zutun. Und doch hat es mich keinen Moment losgelassen. Denn mit jedem Schritt brechen Einsamkeit und Ängste durch, die Adams Leben bestimmen.
Eine Einsamkeit, die in der Seele weh tut und auch darüber nachdenken lässt.
Adam ist für mich ein außergewöhnlicher Charakter, der mich wirklich begeistert hat. Sein Sarkasmus an manchen Stellen so belebend, so anders. So Adam.
Adam ist nicht schwach. Er ist stark. Stärker als ihm selbst bewusst ist. Er ist mutig, klug und weiß auf seine Art mit dem Leben umzugehen.
Julia Walton zeigt uns auf sehr einfühlsame, aber auch sehr eindringliche Art und Weise, wie Adam ist und wie er sich mit allem auseinandersetzt. Besonders die Hintergründe haben mir sehr gut gefallen, weil sie gezeigt haben, wie sein Umfeld damit umgeht. Das nicht immer alles so einfach ist, wie man es gern hätte.
Schizophrenie ist nicht nur eine sehr ernste Thematik, sondern auch sehr beängstigend und wichtig.
Dabei konnte ich mich wirklich sehr gut in Adam hineinversetzen. Es ist beängstigend wie leicht, fast mühelos die Grenzen von Halluzinationen und Realität ineinander verschwimmen. Es ist beängstigend und ich hatte das Gefühl, mich selbst mit aller Hilflosigkeit darin zu verlieren.
Es ist intensiv, bewegend und einfach schonungslos ehrlich, womit man hier konfrontiert wird.
Es gibt einem eine andere Sicht auf Dinge, die man nicht versteht. Nicht verstehen kann.
Man erlebt hier ,wie sich Adam mit dem neuen Medikament fühlt, welche Wirkung es hat und auch wie er mit allem umgeht.
Dabei mochte ich vor allem seinen starken Willen und seinen Humor sehr gern. Maya hat ihn verändert. Doch reicht das, um aus diesem Kreislauf auszubrechen?
Und ist er genug für Maya?
Doch wer entscheidet, was eigentlich genug bedeutet?
Liegt es nicht immer im Auge des Betrachters?
Wiegt Glück nicht unheimlich viel und trägt zu Linderung und Seelenheil bei?
Ohne Frage macht Adam hier eine erstaunliche Entwicklung durch, was aber nicht allein am Medikament liegt.
Dabei war besonders interessant, wie dieses Buch verfasst wurde. Man erfährt dabei nicht nur seine Perspektive. Es sind Tagebucheinträge, die er für seinen Therapeuten verfasst hat. Und alleine wie Adam fühlt und schreibt, alleine daran erkennt man schon, was für ein Mensch er ist.
Aufgrund der Thematik ist es kein besonders rasantes Buch. Es ist vor allem ein Buch darüber, womit sich Adam Tag für Tag auseinandersetzt. Ganz zart wird eine Liebesgeschichte eingewoben, die dem Ganzen eine neue Richtung gibt und diese Geschichte nachhaltig verändert.
Julia Walton hat mich hier auf eine Reise mitgenommen, die mich sehr mitgerissen und völlig für sich eingenommen hat.
Es gab keine schockierenden oder besonders überraschende Wendungen. Viel wichtiger ist hier auch, was dir Adam mit auf den Weg gibt. Und das ist einfach so viel mehr.
Die Charaktere sind einfach großartig ausgearbeitet. Allen voran Adam. Allesamt authentisch und absolut greifbar. Lebendig in ihrem Sein und mit jeder Zeile verliert man sich mehr in Ihnen. Jeder ist wichtig.
Eindrucksvoll, bewegend und einfach anders.
Besonders gut haben mir dabei Maya und Ian gefallen. Denn egal wie man es dreht und wendet. Jeder hat sein Päckchen zu tragen und das schlägt sich auch auf das Umfeld nieder.
Eine außergewöhnliche Geschichte, die gerade durch die schonungslos ehrliche Art bewegt und immer wieder für Spannung sorgt.
Fazit:
“Wörter an den Wänden” von Julia Walton ist ein Werk, das durch eine ernste Thematik hervorsticht, die absolut bewegt und immer wieder für Auftrieb in dieser gnadenlosen Welt sorgt.
Schonungslos ehrlich, intensiv und eindringlich.
Adam ist für mich ein außergewöhnlicher Charakter, der mich wirklich begeistert hat. Sein Sarkasmus an manchen Stellen so belebend, so anders. So Adam.
Julia Walton nimmt uns auf eine Reise mit, die weh tut und sämtliche Dämme brechen lässt.
Ein außergewöhnliches Buch, über einen außergewöhnlichen Jungen, das zum nachdenken anregt.
Es sollte viel mehr dieser Art geben.
Eine Geschichte über eine Krankheit, die ernst ist und nicht unterschätzt werden sollte, aber trotzdem einfach und ehrlich von einem Jugendlichen erzählt wird.
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