Amelie kehrt nach einer enttäuschenden Beziehung aus München zurück in ihre Heimat, um ihre Großmutter in deren traditionsreichem, aber etwas in die Jahre gekommenen Hotel zu unterstützen. Schnell wird klar, dass das Hotel nicht nur Charme, sondern auch einige finanzielle Schwierigkeiten hat. Während Amelie voller Tatendrang neue Ideen umsetzt, sorgt der zuständige Banker für zusätzliche Probleme. Doch mit der Ankunft neuer Gäste, darunter ein charismatischer Mann mit seinem Großvater, scheint sich für Amelie und ihre Großmutter nicht nur geschäftlich, sondern auch privat eine neue Perspektive zu eröffnen.
Der Roman fängt die malerische Kulisse von Rothenburg ob der Tauber und die stimmungsvolle Weihnachtszeit wunderbar ein. Die liebevollen Beschreibungen der historischen Altstadt, der Weihnachtsmärkte und der festlichen Dekorationen machen das Buch zu einer perfekten Lektüre für die kalte Jahreszeit. Besonders gelungen sind die Szenen, in denen Amelie gemeinsam mit den Hotelgästen die winterlichen Ausflüge unternimmt – sie verleihen der Geschichte eine einladende, gemütliche Atmosphäre.
Allerdings bleiben die Charaktere und ihre Entwicklungen oft an der Oberfläche. Während Amelie eine sympathische Protagonistin ist, fällt es schwer, ihre emotionale Reise wirklich nachzuvollziehen. Ihre Beziehung zu Franklin, einem der Gäste, entwickelt sich in einem rasanten Tempo, das wenig Raum für authentische Momente oder tiefere Gespräche lässt. Dadurch wirkt die Liebesgeschichte stellenweise überstürzt und wenig greifbar. Ähnlich verhält es sich mit den Konflikten – einige Wendungen, insbesondere in Bezug auf die finanziellen Probleme des Hotels, sind vorhersehbar und lösen sich recht einfach auf.
Ein weiterer Aspekt, der mich etwas gestört hat, ist die Darstellung der weiblichen Charaktere. Amelie und ihre Großmutter sind zweifellos starke Frauen, doch gerade gegen Ende hatte ich das Gefühl, dass sie zu oft auf die Hilfe männlicher Figuren angewiesen sind. Es wäre schön gewesen, wenn sie ihre Herausforderungen eigenständiger hätten bewältigen können, ohne dass der Eindruck entsteht, sie bräuchten eine Rettung von außen.
Insgesamt ist „Weihnachtswunder im Hotel Mistelzweig“ ein stimmungsvolles Buch für die Weihnachtszeit, das mit seinem Setting und der festlichen Atmosphäre punktet. Wer eine leichte, romantische Geschichte sucht, die sich mühelos lesen lässt und nicht allzu viel Tiefe erfordert, wird hier gut unterhalten. Wer jedoch eine komplexe Handlung oder tiefgründige Charakterentwicklungen erwartet, könnte enttäuscht werden.