Rezension zu "Connect" von Julian Gough
Der Thriller „Connect“ lag schon länger auf mein SUB. Ich habe ihn gekauft, weil mich Techno-Thriller, die in nicht allzu ferner Zukunft spielen und damit manchmal sehr nah an einer möglichen Realität liegen, schon oft beim Lesen gefesselt haben. Der Klappentext, die Zusammenfassung im Buch und einige Rezensionen versprechen einen mitreißenden Sci-Fi-Pageturner, bei dem auch das Zwischenmenschliche nicht zu kurz kommt.
Nach einer intensiven Beschäftigung mit den wissenschaftlichen Ansatzpunkten, die der Roman thematisiert, wird aus dem Plot ab etwa der Hälfte ein mithin spannender Thriller, dessen Adrenalinkurve im weiteren Verlauf bis zum Ende hin mangels Überraschungen und aufgrund der im Folgenden beschriebenen Punkte mehr und mehr abflacht.
Mit dem Schreibstil des Autors musste ich zunächst warmwerden: Er schreibt streckenweise in extrem kurzen Sätzen und Absätzen. Gewöhnungsbedürftig, aber nicht uninteressant, wenn man sich darauf einlässt.
Schwieriger finde ich die Detailverliebtheit des Autors, was besonders das Thema Vernetzung und IT angeht. Wenn man als Leser nicht tief in der Materie der Online-Games, der Internetsicherheit und der Softwareprogrammierung steckt, dann ermüden diese Textabschnitte. Ich stolperte beim Lesen immer wieder über weitschweifige Erklärungen, die wie Ansammlungen zusammengeklaubter, bisweilen zusammenhangloser Fachbegriffe wirken und vor allem dem Zweck dienen, dem Plot den Anstrich fundierter Kenntnis zu verleihen.
Diese Detailtiefe steckt auch in den Beschreibungen der kleinsten Regungen und Denkpausen der Protagonisten. Sicher helfen viele dieser Einblicke, die Handlungen nachvollziehen zu können, aber auch hier wäre hin und wieder weniger mehr gewesen. Selbst die lose über die 600 Seiten eingestreuten sexuellen Handlungen, ob sie von zärtlicher oder gewaltsamer Natur sind, werden endlos zelebriert und lassen wenig Freiraum für Fantasie. Zudem sind sie nur mittelmäßig ansprechend geschrieben und stören damit den Gesamtcharakter des Romans.
Aufgefallen sind mir noch die Perspektivwechsel innerhalb der Kapitel: Im einen Absatz geht der Autor auf Colts Gefühlswelt ein und beschreibt dessen Eindrücke und Gedanken, im nächsten Absatz befindet sich die Leserin im Kopf seiner Mutter und muss sich mit ihrem Denken auseinandersetzen. Solche Wechsel der Perspektive sind zwischen einzelnen Kapiteln üblich und erlauben unterschiedliche Sichten auf die Handlung. Innerhalb eines Kapitels oder gar einer Szene ist das – Entschuldigung – schlechtes Handwerk. Ärgerlich finde ich neben alledem, dass ein so erfolgreich vermarktetes Werk eine erhebliche Anzahl an Satzfehlern enthält.
Die beschriebenen Stolpersteine führten dann auch dazu, dass ich weite Passagen des letzten Drittels diagonal gelesen und trotzdem nicht das Gefühl habe, wesentliche Inhalte verpasst zu haben.
Fazit: Das Buch zehrt von einer interessanten Grundidee (Naomis Forschung), aus der sich ein komplexes und spannendes Szenario für einen Tech-Thriller entwickelt. Die Beziehungen zwischen den Charakteren kommen dabei wirklich nicht zu kurz. Allerdings liefert der Autor über die ganze Strecke hinweg in wichtigen Aspekten – Wissenschaft, Interaktion, Emotion – zu viel und bremst den Lesefluss immer wieder aus. Hundert Seiten weniger wären genug gewesen, um die Spannung von Anfang bis Ende zu halten.