Dieser Comic ist die Vorlage für einen angeblich sehr leidenschaftlichen Film über die große Liebe zwischen zwei jungen Frauen. Ich kenne den Film nicht, aber von Leidenschaft konnte im Comic für mich keine Rede sein. Ganz im Gegenteil, die amour fou zwischen Clementine und Emma lässt mich völlig kalt.
Das liegt an zwei Dingen: am Zeichenstil und an den Figuren. Ich beginne mit dem Zeichenstil, denn das ist an einem Comic nun mal das Entscheidende. Tolle Zeichnungen können eine mittelmäßige Comic-Story retten; umgekehrt nützt die mitreißendste Handlung nichts, wenn der Autor entweder kein zeichnerisches Talent hat oder einen Stil pflegt, der mit meinem Geschmack schlicht inkompatibel ist.
Hier machen die Zeichnungen einen amateurhaften Eindruck auf mich. Anatomie und Proportionen stimmen nicht und „verrutschen“ von einem Bild zum anderen. Die Gesichter haben kaum individuelle Züge, sodass sich viele Figuren im Grunde nur durch ihre Kleidung und ihre Frisur voneinander unterscheiden. Am meisten stört mich aber die völlig übertriebene Mimik mit aufgerissenen Mündern und hervorquellenden Glubschaugen. Die Autorin wollte auf diese Weise sicherlich die überschäumenden Gefühle ihrer Protagonistinnen zum Ausdruck bringen, aber ich finde diese Grimassen einfach nur hässlich.
Nach unten abgerundet wird der visuelle Eindruck durch die monotone Panel-Aufteilung und eine Farbgebung, die sich für den größten Teil des Comics auf verwaschene Grautöne und Schwarz beschränkt.
Der zweite Punkt ist, dass die übrigen Figuren (Clementines Eltern, ihre Schulfreundinnen, Emmas Ex) kaum bis gar nicht als eigenständige Charaktere etabliert werden. Sogar Clementines bester Freund Valentin, der von allen Nebenfiguren die meiste „Sendezeit“ erhält, ist wenig mehr als das Klischee vom schwulen Kumpel, bei dem man sich ausheulen kann. Und so kann den Leser das, was sie tun, auch nicht wirklich berühren. Egal ob Clementines Schulfreundinnen sie als Lesbe mobben oder ihre Eltern sie vor die Tür setzen – es sind ja nur Papierpuppen, also was soll`s.
Kurz zusammengefasst: Die Zeichnungen gefallen mir nicht und zu den Protagonisten konnte ich keine Beziehung aufbauen. Vielleicht ist der Film ja wirklich besser, aber so wie die Liebesgeschichte zwischen Clementine und Emma hier im Comic-Original präsentiert wird, bleibt Blau für mich eine kühle Farbe.