Cover des Buches Wovon wir träumten (ISBN: 9783442479689)
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Rezension zu Wovon wir träumten von Julie Otsuka

Überaus lesenswertes Buch über Japanerinnen in den USA

von sydneysider47 vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Ein kurzes, aber sehr gut geschriebenes und erschütterndes Buch über japanische Einwanderinnen, die ihr Glück in den USA suchen.

Rezension

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sydneysider47vor 6 Jahren

Auch das Buch

„Wovon wir träumten“

der Autorin Julie Otsuka habe ich schon vor einigen Jahren gelesen.

Die Handlung: Was Japanerinnen in den USA erwarteten – und was sie bekamen

Anfang des 20. Jahrhunderts reisen junge Japanerinnen auf einem Schiff in die USA. Nur wenige Habseligkeiten haben sie als Gepäck dabei. Aber sie hoffen, in den USA das große Glück zu finden – Männer, die sie heiraten werden. Japanische Männer, die sie nur von Fotos kennen. Japanische Männer – jung, gesund und fit. Männer, mit denen sie eine Familie gründen wollen, Männer, denen sie zur Hand gehen werden. Männer, denen sie treu sein werden bis an ihr Lebensende.

Männer, die ihre Hoffnungen auf ein besseres Leben erfüllen werden.

Doch die Realität ist anders. Sie ist hart. Die Männer sind älter als auf den Fotos. Die Japanerinnen sind Arbeiterinnen auf Feldern. Sie schuften. Sie werden von der amerikanischen Gesellschaft oft nicht akzeptiert. Sie werden diskriminiert – beispielsweise in Restaurants und bei Friseuren.

Nebenher bekommen einige von ihnen Kinder. Kinder, die schon bei der Geburt sterben. Kinder, die an Krankheiten sterben. Aber auch Kinder, die überleben – die aufwachsen, amerikanische Schulen besuchen und sehr gute Noten schreiben. Aber auch Kinder, die sich Gangs anschlossen und sich prügelten. Gehorsame Kinder und ungehorsame Kinder.

Japanerinnen in den USA – ihr Sehnen nach Glück in den USA scheint sich nicht zu erfüllen…

Interpretierungswürdige Lektüre – oder: meine Leseerfahrung

Die Handlung ist ergreifend, zu Herzen gehend. Schon beim Lesen der ersten Seiten war ich gepackt von den Wünschen, den Hoffnungen der Japanerinnen auf dem Schiff. Ihre Gedanken sind sehr gut dargestellt – und ich hoffte als Leserin mit, dass die Japanerinnen in den USA glücklich werden.

Das Buch ist weder aus der Ich-Perspektive, noch aus der Perspektive des auktorialen Erzählers (kein Ich-Erzähler) geschrieben. Die Perspektive, die hier vorliegt, finde ich interessant. Es ist die Wir-Perspektive. Die Japanerinnen erzählen, wie es ihnen allen erging: auf dem Schiff, in den USA, auf dem Feld beim Arbeiten, mit ihren Kindern und so weiter. So sah ich als Leserin nicht nur eine Person vor meinem geistigen Auge – sondern viele. Und gerade das machte das Leseerlebnis für mich so beeindruckend und somit das Buch umso glaubwürdiger.

Würde hier nur von einer einzigen Japanerin erzählt werden, würde ich denken, dass sie die Ausnahme war/ist und es den restlichen Japanerinnen gut ging. Aber es ist so, dass alle Japanerinnen in den USA nicht ihr Glück fanden – sie fügten sich in ihre jeweilige Situation oder sie schlossen mit ihrem Leben ab. Aber Glück sieht anders aus. Nicht so, wie in diesem Buch geschildert.

Wer denkt, dass man hier schnell zu lesende Lektüre bekommt, irrt. Das Buch ist in einer lyrischen, poetischen Sprache verfasst – und aus den Ereignissen in jedem Kapitel könnte man bereits ein eigenes Buch gestalten.

Als Beispiel nehme ich das Kapitel „Die Kinder“ (ab Seite 77). Hier könnte man fast jeden Satz interpretieren. Man könnte über fast jeden Satz ein eigenes Kapitel verfassen – es stecken so viele Menschenschicksale darin! Die Japanerinnen legten ihre Babys in Gräben und Ackerfurchen, während sie arbeiteten, und riefen ihnen immer etwas zu. Erziehungs- und Mutterschaftsurlaub gab es nicht. Die Kinder wuchsen „nebenher“ auf. Manche von ihnen gehorchten nicht und machten das, was sie wollten. Andere von ihnen waren sehr ruhig und unproblematisch. Sie lernten sehr schnell, sich alleine zu beschäftigen, denn die Mütter hatten ja kaum Zeit für sie. Natürlich gibt es noch viel mehr über die Kinder der Japanerinnen in diesem Kapitel zu erfahren.

Ich will nicht zuviel verraten – denn es sollen ja viele Leser und Leserinnen das Buch lesen. Auch wenn es nur aus Sicht von Frauen geschrieben ist, würde ich es dennoch Männern ebenso zum Lesen empfehlen. Denn es beinhaltet viel Geschichtliches. Geschichte, wie man sie im Geschichtsunterricht in Deutschland nie gelernt hat. Erschütternde und bewegende Geschichte über Auswanderinnen in einem fremden Land. Ein zivilisiertes Land, dessen Gesellschaft japanische Einwanderinnen ausgrenzt…

Mein Fazit

„Wovon wir träumten“ ist ein kurzes, aber sehr gut geschriebenes und erschütterndes Buch über japanische Einwanderinnen, die ihr Glück in den USA suchen.

Den Preis finde ich ziemlich hoch – ich bin allerdings der Meinung, dass solch ein Buch in Schulen gelesen werden sollte, da man hier sehr gut das Interpretieren von Texten üben kann.

Ich vergebe 5 Sterne und eine Leseempfehlung. Mit dem Kauf würde ich allerdings warten, bis das Buch als günstigere Taschenbuchausgabe erhältlich ist. Ich hatte das Glück, das Buch aus einer Bücherei zum Lesen ausleihen zu können.

P.S.: Diese Rezension erschien in ähnlicher Form bereits im Jahre 2013 bei Ciao.de.

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