Zwei langjährig verheiratete Eheleute liefern sich in diesem Buch einen Schlagabtausch aus Tagebucheinträgen. Der Ehemann führt seit Jahren schon Tagebuch und vermutet, dass seine Gattin es heimlich liest. Seit dem Neujahrstag jedoch schreibt er seine geheimsten sexuellen Sehnsüchte in seinem Tagebuch nieder, erstmals lässt er den Schlüssel zu dem Tagebuch offen liegen als latente Aufforderung, dass die Frau seine Gedanken lesen solle. Nun fängt auch erstmals die Frau an Tagebuch zu schreiben, beteuert in ihren Abschriften allerdings, dass sie das Tagebuch entgegen der Vermutung ihres Mannes noch nie gelesen haben wolle, obgleich sie um die Gelegenheit weiß.
Die Eheleute beginnen ein Spiel umeinander, das auch Außenstehende in ihre Lustbarkeiten involviert und sie mehr von den moralischen Vorstellungen entfernt wie ein Mann und seine Frau zu sein haben.
Das war eine ungewöhnliche Leseerfahrung für mich, abwechselnd diese Tagebucheinträge zu lesen und dabei nicht zu wissen, ob die jeweiligen Eintragenden, der Mann oder die Frau, in ehrlicher Weise ihren Tagebüchern die persönlichsten Gedanken anvertrauen oder ob sie ein Spiel miteinander treiben, um sich gegenseitig aufzustacheln.
Die Perversion, über die man sich zum Erscheinen 1956 in diesem Werk von Jun'ichirō Tanizaki empört hat, haben heute definitiv ihre Brisanz verloren, und doch habe ich auch in der Jetzt-Zeit die Übergriffigkeit durchaus wahrgenommen und die Manipulation der Eheleute.
Ein überaus interessantes Stück japanischer Literatur!
Junichiro Tanizaki
Lebenslauf
Alle Bücher von Junichiro Tanizaki
Der Schlüssel
Der Schlüssel
Naomi
The Makioka Sisters (Vintage Classics)
The Makioka Sisters
Neue Rezensionen zu Junichiro Tanizaki
„Der Schlüssel“ ist ein damaliges Skandalbuch, das 1956 erstmals in Japan veröffentlicht wurde und in der vorliegenden Ausgabe in Neuübersetzung im Kein & Aber Verlag erschien und hat in meinen Augen ein sehr schönes neues Cover erhalten.
Es geht um ein Ehepaar, das auf Grund der gesellschaftlichen Konventionen nicht über das eigene Sexualleben sprechen kann. Die beiden vertrauen ihre Gedanken und Gefühle jeweils einem Tagebuch an, das der Partner jedoch liest. Die beiden haben eine Tochter, die mit einem jungen Mann namens Kimura bekannt ist. Als dieser mehr und mehr Interesse statt an der Tochter an der Frau zeigt, beginnt der Professor dies Interesse zu schüren. Die Tochter bemerkt dies ebenfalls und unterstützt die Affäre, die sich zwischen ihrer Mutter und Kimura entwickelt. Das Projekt nimmt jedoch mehr und mehr einen schlimmen Gang.
Der Umgang zwischen den Eheleuten erscheint mit sehr typisch für Japan und vor allem die damalige Zeit: Die Frau sieht es als ihre Pflicht an dem Mann zu dienen und widerspricht nicht. Sie kümmert sich um den Haushalt und sorgt dafür, dass der Mann alles hat, was er benötigt. Er teilt sich seine Zeit ein, wie er es möchte und kann alles zu seiner Zufriedenheit von seiner Frau erwarten. Man spricht nicht miteinander.
Eigenartig finde ich vor allem die Tochter, die die Affäre, auf die sich ihre Mutter wahrscheinlich nie eingelassen hätte, exzessiv schürt und es dann ihrem Vater unter die Nase reibt. Auch das Trinken bis zu Bewusstlosigkeit der Frau, damit der Mann alles mit ihr machen kann, was er wünscht, ist äußerst fragwürdig.
Dennoch hatte die Geschichte ihren Reiz, dem man sich nicht so leicht entziehen kann. Ich habe mich immer wieder gefragt: Wäre das möglich? Könnte man es immer wieder so treiben? Auf jeden Fall möchte ich noch mehr von Junichiro Tanizaki lesen. Er scheint ja des Öfteren gerne angeeckt zu haben, was ich sehr interessant finde.
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Zusätzliche Informationen
Junichiro Tanizaki wurde am 24. Juli 1886 in Tokio (Japan) geboren.
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