Cover des Buches Clean (ISBN: 9783551583826)
Rezension zu Clean von Juno Dawson

Hysterisches Gossip Girl in Therapie

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 6 Jahren

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 6 Jahren
Je länger ich über das Buch nachdenke, desto mehr bin ich versucht, statt 3 doch nur 2 Sterne zu vergeben.

Normalerweise zähle ich gerne immer erst die positiven und dann die negativen Seiten auf, aber jetzt - ein paar Stunden, nachdem ich das Buch beendet habe - fällt mir gar nicht so viel ein, was meine 3 Sterne rechtfertigen kann.

Vielleicht sollte ich also deswegen einfach sagen, dass das Buch besser wird. Während ich auf den ersten 200 Seiten versucht war, einfach abzubrechen, gab es dann geben Ende doch ein paar Szenen, die sich schön lesen ließen.
Generell gab es einige interessante Handlungsstränge und (wenn auch leider ein wenig oberflächlich) schöne Interaktionen und Dialoge zwischen den verschiedenen Figuren. Auch die Entwicklung der Protagonistin war schön mitzuverfolgen.

Mir hat gefallen, dass nicht plötzlich alles gut ist oder alles fallen gelassen wird, sobald sich gewisse Handlungsstränge ergeben haben (auch wenn das Ende dann leider in ein ziemliches Klischee abrutscht), sondern es sich erlaubt wurde, Fehler zu machen und alte Probleme noch einmal aufzugreifen. Des Weiteren fand ich schön, dass die Dinge nicht beschönigt wurden und wir Seiten zu sehen bekommen, von denen ich in dieser Art Bücher noch nie gelesen habe. Generell ging es oft auf Konfrontation, was ich erfrischend fand. Obwohl es zwischendurch immer wieder Szenen gibt, die mich die Augen verdrehen ließen, gab es andere Stellen, die ich sehr authentisch fand.

Ich finde, dass die Grundidee total spannend ist, leider aber jede Menge Potenzial einfach verschwendet wurde. Das Buch kam mir weniger wie das vor, als was es angepriesen wurde, sondern viel eher wie eine Reihe hysterischer Figuren aus Gossip Girl, die ihren Sommerurlaub auf - oh Gott, oh Gott - einer Insel verbringen müssen, wo dann nebenbei noch ein bisschen Therapie angesagt ist. Ich weiß, dass die Probleme vieler der Charaktere schwerwiegend sind und gut sowie sensibel behandelt wurden, aber ehrlich gesagt konnte ich zu keiner einzigen Figur eine Bindung aufbauen oder wenigstens Empathie aufbringen, weil das Buch einem das Gefühl gibt, dass da außer Lexi kein Platz ist. Viele Nebenhandlungen wurden dann auch einfach irgendwann nie wieder aufgegriffen. Eine willkommene Abwechslung war für mich dann tatsächlich die Figur der Sasha, die allerdings genauso kurz kommt, wie alle anderen. Alle Figuren existieren quasi nur, um Lexi in Situationen zu bringen, die sie am Ende besser dastehen lassen. Doch selbst Lexi kennt man am Ende nicht wirklich, da bringt es mir auch nicht wirklich etwas, wenn die Autorin auf zwei von den fast 400 Seiten von ihren Hobbys schreibt.

Es gab dann auch so Charaktere, von denen ich nicht mal wirklich verstanden habe, was sie überhaupt in dem Buch zu suchen hatten, weil sie eigentlich absolut nichts zur Handlung beigetragen haben, außer zu existieren. Und dann tauchen eben wirklich viele Klischees auf, vor allem was die Krankheitsbilder betrifft, obwohl das Buch doch das Stigma aufbrechen wollte, das Sucht und psychische Erkrankungen umgibt.

Jetzt kommen wir aber zu meinem größten Problem mit dem Buch: Dem Schreibstil. Ich weiß nicht, ob es an der Übersetzung liegt, aber ich fand den Anfang fürchterlich zu lesen. Je weiter die Handlung fortschreitet, desto besser scheint auch der Schreibstil zu werden, allerdings musste ich mich wirklich erstmal durch knapp 150 Seiten quälen, die ich durch den arroganten und patzigen Ton, den die Protagonistin anschlägt (eine Mischung aus Reicher-Möchtegern-Gangster und Dumme-Fashionikone-Hotelerbin), sehr langatmig fand. Die Sätze sind dafür ganz oft abgehackt, manchmal werden auch Wörter einfach weggelassen, was ich sehr nervig fand. Zwischendurch gab es ein paar Sätze, die Potenzial gezeigt haben, und je weiter das Buch voranschreitet, desto besser wird auch der Schreibstil, aber insgesamt wirkt alles sehr unbeholfen und extra jung. Ich habe schon lange kein Buch mehr gelesen, dessen Schreibstil anfangs so eine Katastrophe war.

Außerdem fand ich das Ende unsinnig und klischeehaft, allerdings lässt sich darüber wohl streiten.

Ich weiß auch übrigens gar nicht, wieso in jedes Buch eine Liebesgeschichte gekleistert werden muss, obwohl es total unsinnig ist und da keinerlei Chemie herrscht.

Wieso ich also trotzdem 3 Sterne gebe?

Es gab Szenen, die ich sehr genossen habe. Vor allem, wenn die Protagonistin etwas zu tun hatte und sich dabei irgendwie selber zu finden schien, fand ich das Buch mehr als erträglich. Ich finde die Grundidee noch immer sehr interessant.
Auch wenn ich denke, dass das Buch einiges an Potenzial vergeudet hat, habe ich nach Beendigung dennoch das Gefühl, ein bisschen besser über all die behandelten Themen Bescheid zu wissen.
Es war kein von Grund auf schlechtes Buch. Es war ein durchschnittlich gutes Buch, was vielen Leuten gut gefallen wird. Ich glaube durchaus, dass die Protagonistin einigen Menschen ans Herz wachsen wird. Nur bei mir war es leider nicht so.
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