Cover des Buches Das kurze wundersame Leben des Oscar Wao (ISBN: 9783100139207)
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Rezension zu Das kurze wundersame Leben des Oscar Wao von Junot Díaz

Rezension zu "Das kurze wundersame Leben des Oscar Wao" von Junot Díaz

von Jari vor 13 Jahren

Rezension

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Jarivor 13 Jahren
Inhalt: Fukú, so nennen es die Alten. Die Jungen glauben heutzutage nicht mehr daran, aber auch sie werden davon heimgesucht. Früher oder später findet es sie. Fukú, der Fluch einer ganzen Generation und der Generation danach. Oscar hat es nicht leicht. Er ist übergewichtig, verliebt sich viel zu schnell viel zu fest und ausserdem ist er ein ausgemachter Nerd mit allem Drum und Dran. Natürlich kriegt er nie ein Mädchen ab, aber aufgeben tut Oscar trotzdem nicht. So kämpft er sich mit seinen Pfunden durch sein Leben und steckt eine Enttäuschung nach der anderen ein. Kann es sein, dass er der einzige Dominikaner ist, der als Jungfrau sterben wird? Doch was heisst es überhaupt, ein Dominikaner zu sein, der in New Jersey lebt? Und irgendwann wird auch der gutmütige Oscar vom Fukú eingeholt. Bis er eines Tages jemanden findet, für den es sich zu kämpfen lohnt... Meine Meinung: "Das kurze wundersame Leben des Oscar Wao" von Junot Díaz hat mich von der ersten Seite an gefangen genommen und nicht mehr losgelassen. Es hat mir den Atem geraubt, mich zum Lachen gebracht und mir die Tränen in die Augen getrieben. Das Buch ist vor allem eines: ehrlich. Man erhält ein glaubhaftes Bild, wie es einer Einwandererfamilie im heutigen New Jersey ergeht. Ebenso ehrlich ist das Bild, das Junot von der Dominikanischen Republik aufzeigt: Grausam und wunderschön zugleich, Traum und Alptraum in einem. Das echte Leben eben. In diesem Buch kommt man um Mord, Prügel und Vergewaltigungen nicht herum, aber gibt es auch Zeilen, die einen zum Lachen bringen, wenn unser ungebundener Erzähler sich frei von der Leber weg über Nerd Oscar auslässt. Yunior, den Erzähler dieser Geschichte, lernen wir erst etwa ab der Mitte des Buches kennen. Bis dorthin müssen wir mit einem namen- und gesichtslosen Freund Oscars rechnen. Dennoch springt auch die Erzählperspektive ganz plötzlich um, denn auch Lola hat ihren Teil beizutragen. Und so erfahren wir mehr und mehr über die Familie "Oscar Waos", wir lernen ihre Mutter besser kennen, Lola und auch die Grosseltern der beiden. Jedoch wird die Geschichte sehr unkontinuierlich erzählt, sodass man am Ende die Teile selber noch zusammensetzen muss. Da dies ein ehrliches Buch ist, wird auch in einer ehrlichen Sprache geschrieben und da es sich hier um spanischsprechende Dominikaner handelt, trifft man in Díaz' Werk auf praktisch jeder Seite auf spanische Ausdrücke. Leider ist das Glossar am Ende des Buches nicht ganz komplett, sodass es sich für Neugierige lohnt, nebenher noch Google Translator o.ä. zu benutzen. Manche Wörter tauchen jedoch derart häufig auf, dass man sie mit der Zeit kennt und dann plötzlich auf Spanisch fluchen kann, denn geflucht und geschimpft wird hier im seitentakt. Dies trägt meiner Ansicht nach jedoch umso mehr dazu bei, dass man Junot Díaz und sein Buch um den dominikanischen Nerd ernst nimmt und nicht als Möchtegern-Werk abtut. Neben dem Blättern, um spanische Worte zu übersetzen, muss man auch mit den Fussnoten rechnen, die Díaz eingeschoben hat, um uns die Geschichte der Dom. Republik näher zu bringen. Somit erzählt uns "Oscar Wao" nicht nur die Geschichte Oscars, sondern auch die Geschichte der Dominikanischen Republik. Fazit: "Das kurze wundersame Leben des Oscar Wao" ist ein Werk, das einen zu fesseln vermag, sofern man sich auf die eigensinnige Erzählform einlässt. Für ungeübte Leser wird das Buch überaus anstrengend sein, da Díaz nicht nur mit spanischen Fluchwörtern und Fussnoten aufwartet, sondern auch sonst über eine gewöhnungsbedürftige Art des Erzählens verfügt. Wer sich darauf einlässt, findet sich in einer harten Welt wider, gemeinsam mit einem sympatischen, aber verlorenen Helden, den man am liebsten mal in die Arme schliessen würde. Ausserdem erfährt man sehr viel über die Dominikanische Republik und die Zustände in denen sich das Land auch heute noch befindet. Wer gerne Literatur liest, die einem auch noch etwas lehrt, und wer Familiengeschichten mag, sollte sich das Buch mal genauer anschauen. Meiner Ansicht nach lohnt es sich auf jeden Fall!
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