Körber Joachim

Lebenslauf

Joachim Körber wurde 1958 in Karlsruhe geboren. 1978/79 machte er sich als freier Übersetzer selbstständig. 1984 gründete Körber nach amerikanischem Vorbild zusammen mit Thomas Bürk (der 1993 ausschied) und Uli Kohnle den Verlag Edition Phantasia, um Science Fiction, Horror und Fantasy in gediegenen, nummerierten, häufig illustrierten und von den Autoren und Illustratoren handsignierten Ausgaben auf den Markt zu bringen. 1998 erschien sein erster Roman. Daneben war Körber mehrfach in der Rubrik "Bester Übersetzer" für den Kurd Laßwitz Preis nominiert.

Quelle: Verlag / vlb

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Neue Rezensionen zu Körber Joachim

Cover des Buches Ruhe nirgends (ISBN: 9783716026359)
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Rezension zu "Ruhe nirgends" von William Gay

Stefan83
Whiskey and blood run together ...

„Wie No Country for Old Men von Cormac McCarthy – in doppelter Dosis“ wird Stephen King auf der Rückseite der deutschen Ausgabe von William Gays 1999 im Original veröffentlichten Debütwerk zitiert, womit auch der Arche Verlag dem seit einiger Zeit vorherrschenden Trend folgt und den „Grand Master of Horror“ (der, so scheint es, nicht nur selbst viel schreibt, sondern auch Unmengen an Büchern im Jahr zu lesen scheint) die Werbetrommel rühren lässt. So verkaufsfördernd das am Ende dann sein mag, die Allgegenwärtigkeit des Kings auf Buchdeckeln hierzulande hat meinerseits zuletzt eher fürs Skepsis, denn für begeistertes Zugreifen gesorgt, zumal nicht alle der hymnisch gelobten Titel in der Vergangenheit überzeugen konnten. Selbiges gilt übrigens auch für die immer wieder bemühten Vergleiche mit bereits etablierten Autoren, wobei hier besonders oft Raymond Chandler oder James Ellroy herhalten müssen. Nun also „Cormac McCarthy“. Eine hohe Latte, die King gelegt hat, gehört doch der Pulitzer-Preisträger zu den Schwergewichten der modernen amerikanischen Literatur. Doch eins sei gleich vorab gesagt: William Gay überspringt diese Hürde mit unerwarteter Leichtigkeit.

Sein Erstling „Ruhe Nirgends“ reiht sich nahtlos zwischen den anderen Größen des „Southern Gothic“ bzw.. „Country-Noir“ wie Daniel Woodrell oder Joe R. Lansdale ein. Ja, selbst mit solchen Kalibern wie John Steinbeck oder William Faulkner kann sich der in Tennessee geborene und 2012 eben da gestorbene Autor durchaus messen. Und was meine persönliche Einordnung betrifft: Seit Breece D'J Pancakes Kurzgeschichten und meinem ewigen Favoriten James Lee Burke hat mich kein Vertreter dieser Genregattung mehr derart sprachlich beeindruckt zurückgelassen. Und nun kurz zur Geschichte:

Sie nimmt ihren Anfang im Tennessee des Jahres 1933. Nahe den Wäldern bei Ackerman's Field kommt es in einer regengepeitschten Nacht zu einem tödlichen Streit: Der aufrechte Nathan Winer stellt den zwielichtigen Dallas Hardin zur Rede, der auf Winers Grund und Boden illegal Schnaps brennt. Hardin erschießt ihn kurzerhand. Die Leiche wirft er in das riesige, nach Schwefel stinkende Erdloch auf dem Land des schwächlichen Hovington, ebenfalls ein Schwarzbrenner.

Zehn Jahre später. Während in Europa, Afrika und Asien der Zweite Weltkrieg tobt, hat Dallas Hardin Hovingtons Platz komplett eingenommen, all den Besitz des Mannes samt seiner Frau und Tochter an sich gerissen. Während dieser in einer Kammer dem Tode entgegensiecht, baut Hardin das Anwesen zum bestbesuchten Kneipenbordell der Gegend um, wird nach und nach zum einflussreichsten und gefürchtetsten Mann, zum Fixpunkt allen Bösen in Ackerman's Field. Richter, Anwälte, Sheriffs – sie alle werden geschmiert, Konkurrenten die Häuser abgefackelt oder in „Notwehr“ das Leben genommen. „Sei schön brav, sonst gebe ich dich dem alten Hardin“, drohen die Mütter ihren Kindern. Niemand geht eine Konfrontation mit dem Mann ein, dem selbst noch im höheren Alter ein Blick mit den „gelben Ziegenaugen“ reicht, um jeglichen Widerstand im Keim zu ersticken. All das ändert sich jedoch, als ein junger Mann in die Dienste von Dallas Hardin eintritt. Es ist ausgerechnet Nathan Winers Sohn, der, anders als seine Mutter, nicht glauben will, dass sein Vater die Familie vor zehn Jahren einfach so im Stich gelassen hat. Aber auch er kann nicht ahnen, dass er nun in seiner Anstellung als Zimmermann dem Mörder seines Vater das florierende Bordell erweitert.

Während er in der Sonne schwitzt, wird er unbemerkt von jemanden beobachtet. Und dieser Jemand war einst Zeuge des Mordes an Winer senior und bewahrt ein äußerst makabres Beweisstück auf …

Die Tiefen des amerikanischen Hinterlandes, die Wildheit der Naturgewalten, die Ursprünglichkeit des rohen und rauen Staates Tennessee – William Gay, der sich lange seinen Lebensunterhalt als Maler und Schreiner inmitten der Wälder verdingt hat, kennt sie aus eigener Erfahrung, aus erster Hand. Und genau das spürt man in jeder einzelnen Zeile dieses beeindruckenden Romans, der sich so schroff und kantig liest, als hätte der Autor die Worte wie Holzpflöcke mit einer scharfen Axt bearbeitet. Man mag es kaum glauben, dass hier jemand zum ersten Mal zur Feder gegriffen hat, derart kraftvoll, zielstrebig und vor allem stilsicher kommt diese Geschichte daher, die, mit alttestamentarischer Wucht erzählt, den Leser sogleich gefangen nimmt und mittels bildlicher Vergleiche eine dichte Atmosphäre kreiert, welche sich höchstens mit einem aufziehenden Sturm vergleichen lässt.

Dunkle Wolken ziehen über das Land, prasselnder Regen geht hernieder, Fluten lassen Bäche über die Ufer treten, in der elektrisch aufgeladenen Luft hört man die Rufe der Ziegenmelker. Langsam, zäh, ja schwerfällig der Beginn, in dem Gay immer wieder zwischen Perspektiven wechselt, nur kurze Einblicke in die Leben der Protagonisten gewährt, während in erster Linie die Beschreibungen von Wetter und Licht die Erzählung bestimmen. Hier erkennt man den Maler Gay, dessen feine Augen Gesehenes eins zu eins übernehmen, nur dass in „Ruhe Nirgends“ keine Leinwand den Resonanzkörper bildet, sondern ein zutiefst ursprüngliche Geschichte, die zwischenzeitlich gar märchenhafte Züge zeigt.

Vom schwarzen Ritter in seinem Schloss, über die Jungfrau in Nöten und dem weisen, alten Mann bis hin zum jungen Lehrling. Gay spielt mit der klassischen Mythologie, ohne aber dabei Gefahr zu laufen, ein künstliches Gerüst um die Handlung zu spannen. Ganz im Gegenteil: Trotz der lyrischen Sprache ist „Ruhe Nirgends“ zutiefst authentisch, aufs Wesentliche konzentriert, ohne jede Form des sonst so typisch amerikanischen Pathos. Es ist eine archaische, moralisch verkommene Welt ohne Gesetze, in die Gay uns führt und die für die Schwachen und Zweifelnden keinerlei Hoffnungen bereithält, keinerlei Mitleid hat. Brutale Gewalt, Betrug, Grausamkeit, Mord scheinen Alltag in den Wäldern nahe Ackerman's Field zu sein. Ein Hort des Bösen und der menschlichen Kälte, der aber trotzdem genauso wenig greifbar scheint, wie die handelnden Charaktere, die uns als Spiegelbild ihrer Umwelt begegnen.

„Ruhe Nirgends“ ist keine Lektüre für zwischendurch, kein kurzweiliges Urlaubsbuch für den Sommer, keine schlichte Unterhaltung. Es ist die Rückkehr in längst vergessenen geglaubte Züge des Menschlichen, in eine Zeit und eine Gegend fernab der Zivilisation, in der das Recht des Stärkeren herrscht. Das ist mitunter schwer verdaulich, ja bedrückend, lässt uns aber andererseits auch trotz all der Trostlosigkeit und der Distanz innerhalb der Erzählung nicht kalt, zumal es Gay hervorragend gelingt, das anfangs noch so verzettelte Szenario in einem stetig ansteigenden Spannungsbogen zu einem nachdrücklich beeindruckenden Klimax zu führen. Der Weg dorthin ist für Leser wie Hauptfigur Nathan Winer junior gleichermaßen eine Reifeprüfung, die man bestehen muss. Wer daran scheitert, wird wohl kaum ein weiteres Buch dieses Autors in die Hand nehmen.

Insgesamt ein stilistisch und sprachlich beeindruckender erster Wurf eines Schriftstellers, der schon fast folgerichtig in den USA als neuer Star des „Southern Gothic“ gefeiert und vom großartigen Joachim Körber (mal wieder) bis hin zum letzten I-Tüpfelchen perfekt übersetzt worden ist. Ich bin mehr als begeistert. Oder um es mit Bela B.s Worten bei Pulp Master zu sagen: „Hab mich selten so gut schlecht gefühlt.“

Cover des Buches High Life (ISBN: 9783716026748)
M

Rezension zu "High Life" von Matthew Stokoe

M.Lehmann-Pape
Rezension zu "High Life" von Matthew Stokoe

Drastisch

Jene Leser, die „American Psycho“ vielleicht grenzwertig fanden und nur mit Mühe die drastischen Sex- und Gewaltszenen dort ertragen haben, sollten sich äußerst gewappnet diesem Buch von Matthew Stokoe, welches bereits im Jahre 2002 erstmalig erschien, nähern.

Vordergründig sind zunächst zwei Erzählthemen im Raum. Einerseits der Mord an Karen. Der „Kurzzeitehefrau“ von Jack, Prostituierte, die vollkommen „ausgeweidet“ wie weggeworfen gefunden wird.
„Ausgeweidet wie ein Fisch und ausgespritzt“. Bis auf den männlichen Samen, den man in der Körperhöhle findet. Und der post mortem dahin gelangt sein muss.

Auch wenn Karen schon längere Zeit verschwunden war, ihn verlassen hatte, das schlägt Jack doch auf den Magen. Ihm, der in Los Angeles gestrandet ist. Nicht durch Zufall, sondern weil sein ganzes Sinnen und Trachten jener Traumwelt Hollywood gilt, die er in einer Endlosschleife durch bunte Fernsehmagazine hindurch betrachtet. Die einzige Welt, die für ihn gilt, die lebenswert ist.

Das ist das zweite vordergründige Thema des Buches, die Obsession des Jack für Stars und Sternchen. Alles würde er dafür tun, zu dieser Welt zu gehören. Und es wird sich ihm eine Chance ergeben, aber anders, als er es vermutet. Ein abgehalfteter Inspektor der Sitte, Ryan, nähert sich Jack, hängt sich an ihn, will den Mord aufklären. An jenen Jack, der mittlerweile aus reinem Geldmangel als Stricher auf dem hintersten Strich der Stadt landet, der sich über eine Agentur für sexuelle Dienste jedweder Art verdingt und so zufällig mit einer geheimnisvollen Frau in Kontakt gerät, die mit ihrem Vater einer sehr speziellen „Beziehung“ und einem sehr speziellen „Hobby“ nachgeht.

„Jedweder Art von Diensten“ sollte der Leser übrigens durchaus wörtlich nehmen, denn die sexuellen Praktiken, die „im Finstern Hollywoods“ vorherrschen, zu denen Jack sich selbst intensiv hingezogen fühlt, an denen auch der Polizist interessiert und intensiv teilnimmt, die brauchen schon einen starken Magen auf Leserseite. Was da an Exkrementen, Verdrehungen, purer Gewalt, realem Snuff und vielem mehr gelebt und erlebt wird überschreitet jedes Tabu, dass allgemein noch für Ekel oder Verstörung stehen mag. Weidlich, plastisch, direkt, klar und ohne Filter von Stokoe geschildert, versteht sich. Wie jenes bedauernswerte junge Mädchen, dass mit einem Presslufthammer „bedient“ wird. Nichts an drastischen Fantasien und drastischen Schilderungen lässt Stokoe aus. Wenn dann noch erwähnt wird, dass Jack den höchsten Grad seiner Erektion erreicht, wenn das gegenüber nicht mehr atmet und nur mehr starr den Akt über sich ergehen lassen kann (Männer wie Frauen, da macht Jack keinen Unterscheid, wenn genügend Salatöl zur Hand ist), dann ist eindeutig zu ahnen, auf welche innere Reise sich ein Leser einzulassen hat in diesem Buch.

Sprachlich kompromisslos und klar, in durchaus hohem Tempo, mit überraschenden Wendungen in allen Bereichen der Geschichte und durchaus großem Wortschatz legt Stokoe diese „Reise ins Finstere“ vor. Und lässt hinter all dem Drastischen, Dreckigem, Dunklem und Triebgesteuerten noch eine andere Ahnung aufblitzen, eine tiefer Erkenntnis.

Wie leer eine solche Welt letztlich ist, in der jeder jeden für ein sexuelles Erlebnis, für eine Chance vor irgendeiner Kamera, für den eigenen Vorteil fallen lässt. IN er alle entweder gelangweilt vor Reichtum den eigenen, dunklen Strömungen nachgehen oder in der Gier nach ebendiesem Reichtum jede Haltung fallen lassen. So wie Jack seinen besten Freund Rex, seine erste Kollegin, jeden und jede einfach.

Leer wie die Welt der geheimnisvollen Frau, auf die Jack trifft, sich in eine triebgesteuerte Beziehung stürzt, eine Frau, für die Morde und gemordet werden anstehen könnte.
Leer wie all dieser Hollywood-Glitzer-Tand.

So könnte man am Ende der Lektüre gerade die massive und vorherrschende Nekrophilie im Buch auch als ein Bild verstehen, wie die Protagonisten (aber vielleicht auch viele, viele andere) ungeheuer viel Energie darin hineinsetzen, etwas einfach „Totes“ bis zum Exzess haben zu wollen..

Ob der Mord an Karen aufgeklärt werden wird, dass Jack vielleicht sein Ziel erreicht, dass einige Leichen noch die Wege im Buch pflastern werden, dies ist übrigens zudem eine intelligent erzählte Geschichte, die leider hinter all die drastischen pornographischen Schilderungen fast ein wenig zu sehr zurücktritt. Hinter diesen auch Ekelgrenzen überschreitenden „Abgesang“ auf die schönen Fassaden und die Gier nach Ruhm und Reichtum.

Ein hartes, drastisches, Grenzen zerstörendes Buch, das gute Nerven braucht und dennoch sprachlich und in den vielfachen Ebenen weit über trivialen Schilderungen von Pornographie und Gewalt steht. Loslassen lässt einen das Buch jedenfalls nicht.

Cover des Buches Ruhe nirgends (ISBN: 9783716026359)
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Rezension zu "Ruhe nirgends" von William Gay

Clari
Rezension zu "Ruhe nirgends" von William Gay

Düsteres Szenario mit archaischen Lebensformen.

Düster und dräuend kommt eine Geschichte daher, in der Naturgewalten das Sagen haben. Regen, Wolken, Blitz und Donner begleiten eine Handlung, in der ein böser Held sein Unwesen treibt. Dallas Hardin ist dieser Tunichtgut, der mit seiner Schwarzbrennerei schon an sich das Böse verkörpert.

Die Welt dieses Helden zeigt vorwiegend abartige menschliche Regungen und lässt ihn zum Unmenschen mutieren. Niemand ist sicher vor ihm, keine Frau und kein Dieb und am allerwenigsten der Sohn seines Erzfeindes Nathan Winer. Diesen hatte er in einer Unwetternacht umgebracht. Nun ist sein Sohn dran; auch er heißt Nathan Winer wie sein toter Vater, und seine Person wird einen guten Teil der Handlung bestimmen.

William Gay versteht es, seine Geschichte so aufzubauen, dass man die Atmosphäre der Untaten von Hardin überall spürt. In Satzfetzen und abgerissenen Szenen begegnet man diesem und jenem Bewohner im Umfeld seines Anwesens, das sich irgendwo im wilden Tennessee befindet. Das Böse lauert überall, und doch bekommt man es nicht zu fassen.
Ähnlich wie in dem Roman von McCarthy „Die Straße“ ist man betroffen von dem „ Nirgendwo“, das einen erfasst, wenn man sich mit dem Inhalt des Romans vertraut macht. Die Distanz, mit der berichtet wird, belässt die handelnden Personen als Fremde, denen man sich menschlich nicht nähern möchte; zu kalt, trostlos und andersartig zeigt sich hier eine fast archaische Welt des Lugs, des Betrugs und der Grausamkeit. Die Guten müssen dran glauben, und die Rabauken mit ihrem großspurigen Gebaren scheinen immer wieder die Oberhand zu gewinnen. Eine rüde, verlorene und moralisch verkommene Welt wird beschrieben, in der es nur Verlierer zu geben scheint. Die brutale Realität, mit der man sich konfrontiert sieht, ist bedrückend.
Die beschriebenen Charaktere sind ausnahmslos kantig, schroff und wild in ihrer Lebensweise; sie schrecken vor nichts zurück, und es entsteht eine Grauzone der rauen Kerle, in der kaum sensible oder ängstliche Typen vorkommen. Düster und bedrückend bleibt die Geschichte bis zuletzt, in der es um Mord, Totschlag und eine abseitige Moral des Siegens oder Verlierens geht. Geheimnisvoll und tiefenscharf beschreibt William Gay diesen Ort der harten und rücksichtslosen Menschen. Auf den Ausgang der Geschichte wartet man gespannt.


In Amerika gilt der 1942 geborene William Gay als herausragender Autor. Der Übersetzer Joachim Körber wird dem Klang der mörderischen Handlung durchaus gerecht.

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