Die Menschen in Blackwell sind anders, denn sie stammen von nordischen Gottheiten ab. Nicht jeder weiß davon, aber zumindest Matt Thorsen ist im Bilde, dass er ein Nachkomme Thors ist. Auch Fen Brekke ist sich seiner Abstammung von Loki bewusst – wie auch nicht, wenn man sich in einen Wolf verwandeln kann? Die zwei sind es auch, die sich zusammen mit Fens Cousine Laurie auf den Weg machen, um andere auserwählte Nachkommen der Götter zu finden. Ragnarök naht und es ist Matts Aufgabe, die Midgard-Schlange zu töten, um den Weltuntergang zu verhindern, doch allein wird er nie so weit kommen. Zumal sich einige die Reinigung der Erde herbeisehnen …
Die Hauptcharaktere sind allesamt ungefähr 13 Jahre alt, weswegen ich vermutlich nicht ganz die richtige Zielgruppe bin – aber germanische Mythologie und Kelley Armstrong? Da kann ich schlecht Nein sagen und am Ende hab ich es zumindest nicht bereut – was nicht heißt, dass das Buch perfekt wäre.
Gegen die Hauptcharaktere hab ich erst mal gar nichts einzuwenden, auch wenn sie alles andere als perfekt sind. Matt ist ein lieber Kerl (und er hat rote Haare – ja, das IST ein Argument), allerdings ging mir sein ständiges Gebrabbel von wegen „muss das Mädchen beschützen“, selbst wenn vergangene Szenen deutlich gezeigt haben, dass die Mädels sehr gut auf sich selbst aufpassen können, irgendwann ziemlich auf die Eierstöcke. Ein Glück gibt es sowas wie Charakterentwicklung – auch wenn es hier nicht immer auf die eleganteste Art und Weise geschieht –, so dass der Minithor schließlich auch mitkriegt, dass 1) Mädchen auch was können (mit Boxen kommt man nämlich auch nicht immer weiter), 2) es okay ist, mit 13 Jahren auch mal Angst zu haben und 3) niemand verlangt, dass er die ganze Zeit über der perfekte Anführer ist. Gleiches gilt für Fen Brekke, der außer Laurie normalerweise alles und jedem misstraut und sich lieber in Schwierigkeiten bringt, als sich helfen zu lassen, und genauso für Laurie Brekke, ein besonnenes und kluges Mädchen, das Fen aber eindeutig zu viel durchgehen lässt. Es hat wirklich Spaß gemacht, den dreien auf ihrer Reise zu folgen (und den kleinen Streitereien zwischen Matt und Fen), auch wenn manche charakterliche Änderungen abrupt, aber nie unlogisch erschienen.
Mit den später auftauchenden Charakteren ist es so eine Sache … Owen und Baldwin habe ich quasi sofort ins Herz geschlossen, aber beide lernt man nur wenig kennen, was genauso für andere gilt. Es ist ja auch kein Wunder: Manche kommen kaum vor, andere stoßen beinahe als Gruppe zu Matt, Laurie und Fen und danach ist kaum noch Zeit, mehr über sie zu erfahren – bis zum Ende des Buches zumindest.
Was den Inhalt angeht … nun, ich verstehe, warum einige unzufrieden sind. Es ist nicht so, dass nichts geschehen würde, aber im großen Ganzen ist es wahrlich nicht viel. Wir erfahren, dass Ragnarök naht und alles Nachfolgende ist der – meist eher planlose – Versuch der Protagonisten, andere Götterkinder um sich zu versammeln, damit es eben nicht zum Weltuntergang kommt. Sehr viel weiter gelangen wir da auch nicht, zum großen Kampf wird es sicherlich erst im dritten Band kommen. „Loki’s Wolves“ ist derweil der Auftakt des Abenteuers und zwar ganz genau das. Was ich vom Ende halten soll, weiß ich nicht so recht – die Autoren können es zwar im nächsten Band wieder gutmachen, aber für den Moment kam es nicht nur plötzlich, sondern schien schon beinahe aus der Luft gegriffen. Vielleicht lag es daran, dass es zuvor oft angedeutet wurde, dass ich glaubte, dass es zu offensichtlich wäre und deswegen davon ausging, dass so etwas nicht geschehen würde. Ergebnis war aber keine Überraschung, sondern eher "das hier":http://cdn.alltheragefaces.com/img/faces/png/determined-fumanchu-computer-stare.png
Wie gut, dass ich aufgrund eines Unfalls gerade in der Bahn festsaß und es zu keinem Deskflip kommen konnte.
Abgesehen davon fanden sich ein paar Ungereimtheiten im Buch wieder. Teilweise betraf das nur Unterschiede zwischen Bild und Text. Ab und an gab es ganzseitige Zeichnungen passend zur momentanen Szene – nur dass sie manchmal nicht ganz so passend sind. Da sagt uns der Text, dass Laurie Fen umarmt, als Matt hereinkommt, das Bild zeigt die beiden noch redend, Matt ist aber schon da. Oder: Ein Polizist wird als jung beschrieben, sieht aber aus wie Ende 30. Es sind zugegebenermaßen Kleinigkeiten und das gilt auch für den Text allein. Da verliert Matt etwas, hat es in der nächsten Zeichnung wieder und kurz darauf steht da, dass es zwischendurch neu gekauft wurde. Ganz zu schweigen von dem teils höchst unwahrscheinlichen Verhalten mancher bzw. irrsinniger Annahmen anderer. Es passiert nicht oft, aber manchmal wirkte das Buch dadurch ein wenig zu willkürlich.
Bleibt die Mythologie und die hat mir gefallen – meinetwegen hätte man auch mehr einbauen können. Als Bewohner Blackwells und Nachkomme Thors weiß Matt einiges über die Geschichten und gibt diese zum Besten, wann immer er kann oder muss; für uns heißt das: Trolle und andere mystische Wesen (in die Walküren hab ich mich ja spontan verliebt), einige Geschichten, meist die weniger lustigen, über die Götter, auch wenn einiges davon nichts gänzlich Neues ist, selbst wenn man – wie ich – alles andere als ein Experte ist.
Das Ergebnis ist durchwachsen. Da wären das spaßige Miteinander einiger Charaktere und die Mythologie auf der einen Seite, kleine Ungereimtheiten, der eher spannungslose Plot und wenig beleuchtete Charaktere auf der anderen. Ich habe das Buch trotz allem genießen können, nur richtig begeistert war ich am Ende nicht. Ich werde in Zukunft sicherlich noch weiterlesen, bin aber froh, dass ich mich für die Taschenbuchausgaben entschieden habe – ein gebundenes Buch wär’s mir nicht wert.