Rezension zu "False Lights" von K.J. Whittaker
Was wäre, wenn Napoleon die Schlacht von Waterloo gewonnen und danach Großbritannien besetzt hätte?
Ich finde alternative Zeitlinien faszinierend und deswegen war ich sofort Feuer und Flamme, als ich durch einen Tweet auf diesen eben erst im englischen Original erschienenen Roman aufmerksam wurde.
Die Handlung des Romans setzt 1817 ein. Auf den Scilly-Inseln ermorden französische Besatzungstruppen den John Harewood, einen Helden der Schlacht von Trafalgar und Vater von Hester, einer jungen, dunkelhäutigen Frau, der die Flucht aufs Festland gelingt. Hier trifft sie auf den Earl auf Lamorna, der mit seinen Schuldgefühlen ringt, da er die Niederlage der Briten bei Waterloo verschuldet hat. Das ungleiche Paar schlägt sich nach London durch, wo Napoleons Ex-Frau Josephine und sein Bruder Jerome Hof halten und die besiegten Massen unterjochen. In der Stadt gärt es, Widerstandsbewegungen und Revolutionäre warten auf das Signal für den Aufstand. Der Duke of Wellington, den die Franzosen auf den Scilly-Inseln weggesperrt haben, versucht derweil, zu den verbliebenen britischen Streitkräften nach Amerika zu entkommen.
Leider hat mich das Buch überhapt nicht fesseln können und ich habe mich redlich abgemüht, es bis zum Ende zu lesen. Vor allem unter drei Aspekten hat meine Lesefreude gelitten:
Die Sprache. Wahrscheinlich um dem Roman den Flair des beginnenden 19. Jahrhunderts zu verleihen, müht sich die Autorin ab, den Stil von Jane Austen zu imitieren. Seitenweise wechseln sich Beschreibungen und lange Passagen in erlebter Rede ab. Mit der Zeit fand ich das zunehmend ermüdend, weil im Grunde kaum etwas geschieht, außer dass wir das Innenleben der Figuren erkunden oder zum gefühlt 18. Mal lesen, dass in Cornwall Narzissen wachsen. Leider fehlt zudem ein wichtiges Stilmittel aus dem Austen-Katalog: die Ironie. Der Roman ist vollkommen humorfrei.
Der Plot. Die Handlung des Romans empfand ich als wirr. Selten kommt Spannung auf und aufgrund der Fülle der Perspektivfiguren musste ich oft erst einmal sortieren, wo wir uns gerade befinden und wessen Sicht gerade geschildert wird. Das Ende empfand ich zudem nicht zur düsteren Stimmung des Buches passend.
Die Figuren. Obwohl die Autorin das Innenleben ihrer Figuren so breitwalzt wie eine Londonder Stadtautobahn, konnte ich mich in keinen der Charaktere wirklich einfühlen und mitleiden. Der Earl von Lamorna ist ein von Flashbacks und Albträumen gequältes Wrack. Aber die 37. Wiedergabe der immer gleichen traumatischen Erinnerung konnte ihn mir nicht näher bringen. Ich empfand eine große Distanz zu den Figuren und das hat mein Interesse an dem Buch stark abkühlen lassen.
Positiv hervorzuheben ist die Darstellung der Kriegsgräuel und der Situation der Bevölkerung. Da sind der Autorin einigen unter die Haut gehende Schilderungen gelungen.
Fazit: Die Idee hat mich begeistert, die Ausführung empfand ich als unbefriedigend. ich hätte mir mehr Abenteuer und weniger Jane-Austen-Kopie erhofft.