Cover des Buches Das Kaff der guten Hoffnung – Jetzt erst recht! (ISBN: 9783737350662)
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Rezension zu Das Kaff der guten Hoffnung – Jetzt erst recht! von Kai Lüftner

Käffchen gefällig? - Von Vieren, die auszogen, das Kaff zu retten...

von Cappuccino-Mama vor 10 Jahren

Rezension

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Cappuccino-Mamavor 10 Jahren

Kennt Ihr das auch? Ihr gelangt in eine Gegend, in der man nicht mal begraben sein möchte, so langweilig ist diese - ein echtes Kaff eben. Und in solch ein Kaff kam, so erzählt es das Buch, einst ein reisender Alleinunterhalter, der Klein-Kalabrien den Namen DAS KAFF DER GUTEN HOFFNUNG verpasste. Und in eben diesem Kaff trägt sich die Geschichte zu, die in diesem recht außergewöhnlichen Kinderbuch erzählt wird.


Das Cover:

Die Grundfarbe des Covers besteht wohl aus einem Erbsensuppengrün (so würde der Autor diese Farbe in seiner bildlichen Sprache wohl nennen). Büsche und Bäume sind zu sehen, dazwischen befinden sich vier Personen, von denen eine (die mit der Mono-Augenbraue) wirkt, als hätte Frankenstein höchstselbst sie erschaffen. Im Hintergrund ist ein schlossähnliches Gebäude zu sehen, das etwas sonderbar und gruselig anmutet.


Die Handlung:

Kalle war bereits in 136 Kinderheimen, die er allerdings auf dem schnellsten Wege wieder verlassen hat. Anders als andere Kinder hofft er nicht darauf, vermittelt zu werden, sondern sucht lediglich seinen verschollenen Bruder Georgie. Und so taucht er eines Tages im KAFF DER GUTEN HOFFNUNG auf – in Klein-Kalabrien. Dort leitet die (übrigens äußerst erfolglose und noch nicht entdeckte) Schauspielerin Frau Galgenstrick ein Kinderheim für schnell vermittelbare Kinder.

Doch fast zeitgleich sucht Graf Arg von Hinterlist den Bürgermeister Doktor Balduin Sesselfurz auf. Er erhebt Erbansprüche auf Klein-Kalabrien und Umgebung. Die Existenz des Kinderheimes ist bedroht. Wird es Kalle und seinen Freunden gelingen, das Heim zu retten? Und wird Kalles sehnlichster Wunsch in Erfüllung gehen und er seinen verschwundenen Bruder wiederfinden?...


Unsere Meinung:

Das Buch DAS KAFF DER GUTEN HOFFNUNG – JETZT ERST RECHT! Ist der Auftakt einer Kinderbuchreihe des Kinderbuchautors Kai Lüftner.

Der hinterhältige Graf Arg von Hinterlist will die gesamte Stadt, und somit auch das Kinderheim, in eine riesige Wellness-Oase verwandeln. Und das versucht er auch mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln durchzusetzen – zur Not auch mit dem Haselwerder Rachenputzer oder mit seinen tollpatschigen und dümmlichen Handlangern A und B. Eines ist der Graf ohne Zweifel: äußerst humorlos, was vielleicht auch daran liegen mag, dass er eine Allergie gegen Lachen jeder Art hat, selbst gegen sein eigenes. Man sieht, der hagere Graf mit dem „feinstseidig umhüllten“ Körper und dem schwarzen Umhang, der an ihm herabflattert wie „die Schwingen eines gichtigen Raben“ ist alles andere als ein Sympathieträger.

Wir fanden es immer sehr witzig, als der schwerhörige Diener Dieter, der oft das was sein Herr sagte falsch verstand, und der blondierte (Kampf-)Teckel Dieter sich ineinander verkeilten und kaum mehr zu trennen waren. Wie unpraktisch (oder auch mitunter praktisch), wenn Diener und Hund den gleichen Namen tragen – man muss nur diesen nennen, um beide anzusprechen – das nennt man wohl zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen...

Aber auch den Professorprofessor (ja, der Titel gehört in diesem Buch zusammengeschrieben!) Gunnar Gabriel Gagga (nomen est omen) fanden wir in seiner Zerstreutheit sehr unterhaltsam – ihm, dem Pflanzologen und zertifizierten Botano—Astronomiker, dem Träger der goldenen Denker-Brosche, fehlten im wahrsten Sinne des Wortes die Worte, weshalb seine halbgesprochenen Satzfetzen meist ein „Dingens“ enthielten.

„Verrückt“ wirkt allerdings nicht nur der kleine Professorprofessor selbst, sondern auch seine witzigen Erfindungen, als da sind Haugummi und Pustelblume, Schwafelsäure und Pudelwasser, sowie der aufblasbare Haustürschlüssel. Und wenn Gunnar Gabriel Gagga zu Tisch bittet, werden solche Köstlichkeiten wie hoppelnde Pferdbeeren, schmackhafte Bohnanen und klingelnde Klimbim-Beeren serviert.

Besonders begeistert war mein Sohn von einem Gemälde, das der Professorprofessor in seiner Sammlung hatte und das den Titel „Mann fällt in Fluss und Freund schaut zu“ trug. „Auch wenn ein Bild mehr als tausend Worte sagt, so schwieg dieses die Kinder in seiner gesamten Schlechtigkeit an.“ - Schön hat er das gesagt, der Autor, denn das Bild war so ein dahingekritzeltes „Kunstwerk“, dass jeder Dreijährige es besser gemalt hätte. Schade, dass dieses Bild nicht eine eigene Illustration im Buch erhielt, denn interessiert hätte meinen Sohn und mich die Umsetzung dieses „Kunstwerks“ dann doch schon.

Frau Helene-Griselde Galgenstrick, ihres Zeichens Heimleiterin und Schauspielerin - da dachte ich doch gleich an Fräulein Knüppelkuh aus dem Film MATILDA. Einen besonders herzlichen Eindruck macht die gestrenge Dame wahrlich nicht - „vielmehr handelt es sich bei ihr um eine „untersympathischeFrau mit streichholzdünnen Lippen“. Frau Galgenstrick leitet das Kinderheim „Zur guten Hoffnung“ in Klein-Kalabrien, dem „Kaff der guten Hoffnung“, oben auf dem Gigantokatepetel, dem größten Berg einer ganzen Bergkette.

Doktor Balduin Sesselfurz, Träger des mobilen Frettchen-Toupets (es sitzt nur selten perfekt auf dem Haupt seines Besitzers) ist der Bürgermeister von Klein-Kalabrien, sowie der zweite Vorsitzende des örtlichen Wandervereins „Müllers Lust“. Doch was wäre er nur ohne seine erfahrene Vorzimmerdame:

Fräulein Agneta-Brunhilde Brenner ist die Sekretärin des Bürgermeisters – seit 24 Jahren bereits steht sie im Dienste von Doktor Sesselfurz und seinen fünf Vorgängern. Für die Vorzimmerdame des Bürgermeisters ist Kasimir Haudegen ein wahrer Held – ihr Supermann, den sie verehrt, zumal er ihren Scharfsinn lobt. Da gerät Fräulein Brenner regelrecht ins Schwärmen...

Kasimir Haudegen ist ein riesiger Polizist, mit einer sahnigen Karamell-Bonbon-Stimme (erwartet hätte man hier wohl eher eine kellertiefe Stimme, oder?). Türrahmen stellen wohl eines der größten Probleme für Kasimir dar, denn gegen diese donnert er immer wieder mit seinem Kopf.

Sven Svensson ist der Hausmeister des Kinderheimes. Trotz des schwedischen Namens handelt es sich bei ihm um einen rothaarigen Schotten. Er verehrt Frau Galgenstrick, hält die vollkommen talentfreie Schauspielerin für die beste Schauspielerin aller Zeiten, die ihr Talent vergeudet, indem sie es ganz selbstlos an die ca. dreißig Kinder des Heims verschenkt.

Und dann gibt es noch die Unvermittelbaren (auch die Makel-Kids genannt), als da sind Kalle Ohnenamen, Röschen, Theobald und Magda – vier, die auszogen, das Heim zu retten. Unterschiedlicher könnten die Kinder wirklich nicht sein: Magda ist einfach nur riesig, Theobald klein und unscheinbar, spricht nicht viel und stottert, Röschen ist sehr ernst und streng, wirkt regelrecht humorlos und beherrscht es hervorragend, böse zu schauen. Kalle wirkt selbstbewusst – weiß was er will, und schließlich hat er schon viele Heime betreten und auch ebenso schnell wieder verlassen.

Der Schreibstil des Autors Kai Lüftner hat es in sich – in seinen Sätzen. Bislang dachte ich immer, ich wäre die Meisterin des „Schachtelsatzes“, doch offenbar habe ich mich getäuscht, denn den Satz im Satz, das scheint die Spezialität des Autors zu sein. Der Nachteil solcher Sätze ist allerdings, dass das Lesen, oder auch das Zuhören, ein hohes Maß an Konzentration erfordert.

Aber auch die Wortkreationen des Autors Kai Lüftner haben es uns angetan. Angefangen bei ungewöhnlichen Farbgebungen, z.B. schmierpopelgrün und leberwurstgrau, grummelgrün und schreckschraubgrau, bis hin zu ungewöhnlichen Orten, wie z.B. das Fulminantolaboratorium (das sich beim lauten Vorlesen als wahrer Zungenbrecher entpuppen kann). Und wer hörte je etwas von mumpfig-öligem Wasser? Ich zumindest nicht.

Das Buch lässt sich recht flott lesen, da die Kapitel stets nur wenige Seiten lang sind – ganze 33 Kapitel befinden sich auf ca. 200 Seiten, dazu ein Nachwort, ein zweites Nachwort, sowie eine Danksagung. Wie es in Kinderbüchern stets der Fall sein soll, gibt es in diesem Buch Illustrationen – angefangen bei kleinformatigen Bildchen, bis hin zu einigen wenigen ganzseitigen Zeichnungen, ist hier alles vertreten.


Fazit:

Nein, es sind nicht die vier Musketiere, die für die Gerechtigkeit kämpfen, sondern vier sehr unterschiedliche Kinder, die das Schicksal verbindet und die das gleiche gemeinsame Ziel haben: Ihr Zuhause vor einem hinterlistigen Bösewicht zu retten!

Ein Buch, wie es seinesgleichen sucht – voll Wortwitz, skurrilen Gestalten und in einem sehr ungewöhnlichen Schreibstil – der Autor ist ein wahrer Wort-Jongleur. Gedacht ist das Buch ab einem Alter von 9 bis 11 Jahren, wobei ich eher zu 11 tendieren würde, da jüngere Kinder eventuell einige der Andeutungen und Wortspielereien nicht verstehen und vielleicht auch von den verschachtelten Sätzen überfordert sind.

Das Buch erhält eine Leseempfehlung von uns, sowie 5 Sterne, wobei ich persönlich zu viereinhalb Sternen tendiert habe, mich aber dem Junior-Urteil angeschlossen habe, weil (wie der Professorprofessor sagen würde) Dingens...

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