Cover des Buches Sieben Frauen aus Tripolis (ISBN: 9783862200238)
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Rezension zu Sieben Frauen aus Tripolis von Kamal Ben Hameda

Rezension zu "Sieben Frauen aus Tripolis" von Kamal Ben Hameda

von Clari vor 13 Jahren

Rezension

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Clarivor 13 Jahren
Als der kleine Kamal Ben Hameda seine Mutter nach ihrer Heirat fragt, bekommt er zur Antwort:“Ein andermal, später, wenn du groß bist". Mit dieser geheimnisvollen Antwort muss sich der Junge zufrieden geben, denn genaue Ausführungen über die Unterdrückung der Frauen im Lybien gibt es nicht. Jahrhunderte lang herrschte das Patriarchat und Frauen wurden zu hilflosen Opfern ihrer Männer, die im schlimmsten Fall mit brutaler Gewalt über sie herfielen. Aus den Augen des etwa zehnjährigen Kamal sieht die Welt verwirrend aus. Neben den wunderschönen Geschichten, die ihm seine Tanten und die Freundinnen seiner Mutter erzählen, sind es die Gewohnheiten der Männer und Frauen, die den Jungen interessieren und ihm den Sinn für eine ungerechte Welt enthüllen. Hier zeigt der Orient zwei Seiten: poetisch und malerisch und von exotischen Gerüchen und Farben belebt sind es die Geheimnisse wie in "Taudensundeine Nacht" auf der einen Seite, die einen gefangen nehmen. Auf der anderen Seite sind es die Magie und Zauberei und die bösen Prophezeiungen weiser Frauen, die dem Jungen in unheimlicher Weise die Welt zu erklären versuchen. Unvorbereitet erleidet er seine Beschneidung, die jeden Jungen traumatisiert, während die Familie das Ritualopfer feiert. In der Moschee leiert der Junge seine Gebete herunter wie alle anderen. Er denkt sich dabei, dass er es absurd findet, unentwegt vor dem Höchsten niederzuknien, während dieser je nach Laune Schmerzen verteilt, Ungerechtigkeiten duldet, Menschen in der Hölle schmoren lässt oder nach dem Wiederauferstehen weitere Schmerzen zufügt. Kamal mochte diesen unsichtbaren Gott nicht! Mit seiner klaren Stimme und treffenden Worten, poetisch und hingebungsvoll erzählt Kamal Ben Hameda die Geschichten seiner frühen Kindheit und der Erfahrungen, die er dort machte. Frauen waren die heimlichen Herrscherinnen über die Liebe und ihre Folgen, aber sie wurden auch vielfach zu Opfern ihrer alle beherrschenden Ehemänner. Beängstigend erlebte Kamal, wie Frauen ihrem Schicksal zu entrinnen trachteten. Sie verbrannten sich, wurden verbannt oder entwichen, bevor sie dem Martyrium ihrer Ehen erlagen. Mit seinem Buch bezeugt er die kulturelle Vielfalt der Erzählkunst seiner Region und prangert zugleich das ungleiche Verhältnis zwischen Mann und Frau an. Es ist ein kleines aber feines Werk, das sich unbedingt zu lesen lohnt. Der Autor hat schon früh sein Land verlassen, wurde Dichter und Jazzmusiker und lebt heute in den Niederlanden.
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