Rezension zu "Unter Kannibalen" von Karen Gloy
„Unter Kannibalen“ beschreibt eine abenteuerliche Reise in den Urwald von Westpapua. Beim Stamm der Kombai treffen Karen Gloy und ihre Begleiter auf für westliche Gemüter doch merkwürdig, wenn nicht gar brutal anmutende Riten und Gebräuche.
Auf den ersten Blick klingt es spannend; auf den zweiten fragt man sich, was das Buch eigentlich vermitteln will. Fast schon reißerisch mutet der Beginn an, hier heißt es „Es gibt sie noch, die Kannibalen im 21. Jahrhundert!“ Somit scheint der ein oder andere Ethnologe Unrecht zu haben. So wird zudem berichtet bzw. in abgedruckten Interviewausschnitten versucht zu belegen, dass der Kannibalismus in Westpapua scheinbar nicht nur in rituellen Zusammenhängen existiert(e) - eine eindeutige Beschreibung eines Rituals fehlt vollkommen. Wer sich zu dem Thema näher informieren möchte sei aber an einschlägige Literatur verwiesen, die sich durchweg von diesen geschilderten Erlebnissen unterscheidet. Vom titelgebenden Aspekt mal abgesehen, werden einige Gewohnheiten des Stammes geschildert, die dem geneigten Leser vermutlich den Magen umdrehen könnten. Dennoch sind diese Abschnitte durchaus interessant. Störend dabei ist, dass das Buch sich alles andere als flüssig lesen lässt. Wenn man das Marketing zum Buch betrachtet, dürfte die Zielgruppe außerhalb der akademischen Welt zu finden sein und gerade diese wird vermutlich irgendwann etwas genervt das Buch zur Seite legen.
Am Ende wirft das Werk mehr Fragen auf, als es zu beantworten vermag. Angepriesen als spannender Reisebericht und wertvolles Zeitdokument, neigen einige Passagen jedoch dazu eher wie aus einem Abenteuerroman entsprungen. Kurz zusammengefasst: zwar interessant, aber mit Vorsicht zu genießen.