Karen Jennings

 4,7 Sterne bei 7 Bewertungen
Autor*in von Eine Insel, Island und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Karen Jennings, geboren 1982 in Kapstadt, hat bereits fünf Romane und einen Gedichtband veröffentlicht und ist Dozentin an der Stellenbosch University. »Eine Insel« (Blessing 2022) war das erste ihrer Bücher, das auf Deutsch erschien, und wurde 2021 für den Booker Prize nominiert. Karen Jennings lebt in Kapstadt.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Karen Jennings

Cover des Buches Eine Insel (ISBN: 9783896677389)

Eine Insel

 (6)
Erschienen am 05.10.2022
Cover des Buches Die Wurzel allen Übels (ISBN: 9783896677563)

Die Wurzel allen Übels

 (0)
Erschienen am 15.05.2024
Cover des Buches Island (ISBN: 9781910688922)

Island

 (1)
Erschienen am 12.11.2020

Neue Rezensionen zu Karen Jennings

Cover des Buches Island (ISBN: 9781910688922)
wandablues avatar

Rezension zu "Island" von Karen Jennings

Sehr traurig, sehr schön
wandabluevor 3 Monaten

Wieder eine Insel. Irgendwo in der Karibik. Am dazugehörenden Festland ein übler Diktator am Werk. Auf der Insel, klein und karg, ein alter Mann. Einst hat er gegen den Diktator aufbegehrt. Davor war er als Jugendlicher ein Taugenichts, zuerst ein liebenswerter Taugenichts, dann einer von denen, die „Ausländer raus“ brüllen, Krawall machen, Leute anrempeln und schlagen, aber vorm Töten ist er, der auf der Insel lebt, immer zurückgeschreckt. Er konnte es nicht. Dem Diktator kam das rebellische Grüppchen, dem er sich anschloss, in die Quere. Folter. Zwangsarbeit. Verrat. Schließlich kommt er frei, aber er ist nicht mehr gesellschaftsfähig. Alt und ausgestoßen lebt er als Leuchtturmwärter auf der Insel. Allein. Einsam, aber mit sich im Reinen. Da schwemmt die See einen halbtoten Flüchtling an Land. 

Der Kommentar und das Leseerlebnis: 
Ich konnte dieses wunderschöne Büchlein nur ganz langsam lesen. Vor jeder neuen Seite hatte ich Angst. Eine neue Katastrophe bahnt sich an. Die Autorin hat die Beziehung des alten Samuel zu seiner Insel, zu sich und seiner Vergangenheit bemerkenswert schlicht und anrührend gestaltet, man spürt dysfunktionale Familie, dysfunktionales Land, Armut, Erbärmlichkeit, Hoffnungsschimmer, Hilflosigkeit, Tapsige Annäherungen. Dazu immer wieder die Insel. Wind, Tang, Einsamkeit, Meeresrauschen. Man möchte heulen, weil manche Menschen keine Chance im Leben bekommen. Aber Samuel ist ein Mensch geblieben trotz seiner Vergangenheit, er liebt seine Kräuter, seinen Garten, wenn man ihn so nennen möchte und die kleine Henne, die von allen anderen gemoppt wird. Sie ist sein Augenstern. 

 Fazit: Rundum gelungener, sogar liebevoller Roman über die Chancenlosigkeit des Menschen in unmenschlichen Systemen. 

 Kategorie: Anspruchsvolle Literatur
Longlist Man Booker, 2021/dt. Eine Insel, Verlag: Blessing
Verlag: Holland House Books am 12.11.2020

Cover des Buches Eine Insel (ISBN: 9783896677389)
Karola_Dahls avatar

Rezension zu "Eine Insel" von Karen Jennings

Die eigene traumatische Vergangenheit aufarbeiten – berührend!
Karola_Dahlvor einem Jahr

Im Cover kunstvoll versteckt zeichnet sich ein Gesicht aus den ausrollenden Wellen, in der Gischt des Meeres ab. Beim genauen Hinsehen findet sich auch ein einsamer Insulaner am unteren Rand, der diesem Eiland seinen persönlichen Fußabdruck nicht nur im Sand hinterlässt, nicht ganz wie Robinson Crusoe. Im Buch geht es um dekadente, korrupte Machtverhältnisse mit Diktatoren, deren Politik Menschen entwurzelt, die daraufhin in ihrem ganzen schwierigen Leben nach Identität, neuer Verortung scheinbar vergeblich suchen. Schwach, schuldbeladen und voller Reue im Alter – ohne wahre Mitmenschlichkeit und Solidarität – so entpuppt sich das Leben der Hauptfigur, das veranlasst durch das Anspülen eines rätselhaften Schiffsbrüchigen in Erinnerungsfetzen wieder hochkommt. Wie gerne wäre er ein Mensch mit Familie gewesen statt im Alter voller Angst, Engherzigkeit und Feindschaft einsam zu enden. Der auffällige Schreibstil ist teils poetisch, teils die Gesellschaft kritisierend. Insgesamt ein lohnenswertes Lesevergnügen!

https://www.penguinrandomhouse.de/meinerezension/3546.rhd

https://www.buecher.de/go/my/my_ratings/

https://www.hugendubel.de/de/account/review

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https://www.weltbild.de/konto/kommentare

Cover des Buches Eine Insel (ISBN: 9783896677389)
B

Rezension zu "Eine Insel" von Karen Jennings

Eine lesenswerte literarische Allegorie
buchlesenliebevor 2 Jahren

„Hören Sie, wir haben alle Hände voll zu tun. Mit echten Verbrechen. Mit tatsächlichen Gräueltaten, ja? Wir können nicht jedes Mal auf die Insel kommen, wenn irgendwelche Ausländer auf der Flucht ertrinken. Die gehen uns nichts an“ (S.12). 

 

23 Jahre saß der 70-jährige Samuel als Dissident im Gefängnis. Ebenso lang arbeitet er nun als Leuchtturmwärter auf einer einsamen Insel in einem nicht näher bezeichneten Land im Süden des afrikanischen Kontinents. Abgesehen von der Crew des Versorgungsschiffes, das alle zwei Wochen anlegt, hat Samuel keinerlei Kontakt zur Außenwelt und lebt mit seinen Hühnern in völliger Isolation. 

 Eines Tages findet Samuel am Kiesstrand nicht nur ein blaues Ölfass, sondern auch einen – scheinbar – leblosen Mann. Nichts Ungewöhnliches für den Inselbewohner, denn Leichen (es handelt sich dabei vor allem auch ertrunkene Geflüchtete) werden regelmäßig angespült und so hat das Ölfass, das ihn an den „dicken Präsidenten“ aus der Vergangenheit erinnert, für Samuel auch erstmal Vorrang. Doch es stellt sich heraus, dass der Mann noch atmet. Widerwillig und unter größter Anstrengung zieht Samuel ihn auf seiner Schubkarre zu seiner verfallenen Hütte. Er gewährt ihm einen Schlafplatz auf seiner Couch und versorgt ihn, bis der Mann langsam wieder zum Leben erwacht. Vier Tage verbringen die Männer gemeinsam auf der Insel, doch eine gemeinsame Sprache finden sie nicht, sodass sie sich vor allem durch kleinere Gesten verständigen müssen. Diese „Sprachlosigkeit“ führt zunehmend zu Missverständnissen, schürt in Samuel die Gefühle der Engherzigkeit, Feindschaft, Angst und tiefsitzende Ressentiments. Er steigert sich in die paranoide Überzeugung hinein, dass der Mann ihn töten wird. 

 In der Begegnung mit dem Geflüchteten wird Samuel an seine eigene dunkle Vergangenheit erinnert, in der er sowohl als „Opfer“ als auch „Täter“ agierte. In der Retroperspektive erinnert sich der ältere Mann szenenhaft: an die „Ausmerzung“ von ganzen Dörfern und Familien durch die ehemaligen Kolonisatoren, an die utopischen Träume seines Vaters hinsichtlich der Unabhängigkeitsbewegung, an das Leben in ärmlichen Verhältnissen unter dem grausamen Diktaturregime, an Samuels eigene Rolle im Widerstandskampf, an die grausame Zeit als politischer Häftling und an das sozial marginalisierte Leben nach seiner Freilassung … nicht nur Traumata holen ihn ein; es stellen sich auch sinnstiftende Fragen nach der kollektiven versus individuellen „Schuld“ und den eigenen Fehlbarkeiten. Wird aus dem widersprüchlichen Antihelden schließlich ein „ethisch korrekt“ handelnder Mensch oder bleibt er dem Geflüchteten ein feindlich gesinnter „Wolf“, der es nicht schafft sein gewalttätiges Erbe zu überwinden? 

 

Der Kurzroman von Karen Jennings, der auf zwei Zeitebenen spielt, weist sicherlich Bezüge zur Geschichte Südafrikas auf, doch er ist universell les- und interpretierbar. „Eine Insel“ liest sich prosaistisch schlicht, bildhaft in den Naturbeschreibungen und besticht vor allem in seiner Mehrdeutigkeit sowie Metaphorik. Es handelt sich bei dem Roman, der 2021 auf der Longlist des Booker Prize stand, um eine literarische Allegorie in Bezug auf die Komplexität von (Post-)Kolonialismus und dessen Nachwirkungen. Der Roman setzt sich außerdem kritisch mit Fragen nach Nationalität, Identität, Rassismus, der Angst vor dem vermeintlich „Anderen“, Traumaverarbeitung und dem individuellen sowie gesellschaftspolitischen Umgang mit den Notlagen von Geflüchteten auseinander. Ich vermute, dass die Autorin im Kontext von Unterdrückung, individueller Freiheitseinschränkung und dem Zwang zum Schweigen bewusst auf das Sprechen ihrer Figuren verzichtet hat. Es ist etwas schade, dass auch der geflüchtete Mann im Roman keine eigene Stimme bzw. Erzählperspektive erhält und der Fokus primär auf Samuel liegt. Davon abgesehen, ein äußerst lesenswerter Roman, der viel mehr Aufmerksamkeit verdient hat. Das Ende ist verstörend - doch folgt es erzählerisch und in seiner Botschaft einer inneren Logik – und lässt mich als Leserin äußerst nachdenklich zurück.  Übersetzt aus dem Englischen von Regina Rawlinson.

 

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