Rezension zu "Das Feuerschiff" von Siegfried Lenz
Rezension:
In der Nordsee haben Kapitän Freytag und seine Mannschaft die letzte Wache auf ihrem Feuerschiff. Diese Zeit soll möglichst friedlich und entspannt ablaufen. Dies wird jedoch verhindert, als die Mannschaft ein Boot auf dem Meer treiben sieht, dem sie zu Hilfe kommen müssen. Dessen Besatzung stellt sich jedoch als alles andere als friedlich heraus. Wer wird die Oberhand auf dem Schiff gewinnen?
Siegfried Lenz hat einen wunderbaren Schreibstil. Er beschreibt das Meer so eindrücklich, dass man meint, man segele gerade selbst über die Nordsee. Es wird auch keineswegs langweilig, wenn der Autor die Umgebung über mehr als zwei Seiten beschreibt. Ich habe innerlich gebettelt, er möge doch noch weiter über das Meer schreiben, damit ich die Wellen förmlich hören kann.
Auch haben mir die Charaktere sehr gut gefallen, da sie sehr viele Facetten zeigen. Freytag ist ein friedliebender Kapitän, der seine Mannschaft nicht richtig im Griff hat, wodurch es oft zu Problemen kommt. Caspary, der Chef der Gruppe des Bootes, nutzt dies aus, um die Oberhand auf dem Schiff zu gewinnen. Es kommt zu wunderbaren Diskussionen zwischen den beiden, voller Ironie. Nie weiß man, wie es im Innern Casparys wirklich aussieht, da er eine Fassade um sich herum aufbaut. Nichts an ihm scheint wirklich echt zu sein.
Dieser Aspekt macht diese kurze Geschichte dann auch so spannend. Das Ende ist einfach nicht vorherzusehen. Caspary und Freytag stehen sich ebenbürtig gegenüber, es kommt zu Meutereien und mehreren Machtkämpfen, auch unter der Besatzung selbst.
Die Geschichte mag sich vielleicht so anhören, als wenn eher Männer an ihr Gefallen finden könnten. Schließlich geht es um das Segeln und Gewalt unter „echten“ Männern. Davon sollte man sich aber nicht täuschen lassen. Viele Charaktere haben ein trauriges Schicksal hinter sich, sodass es nicht nur um Gewalt und Seefahrt geht.
Am Ende dieser Schullektüre findet man noch Zusatzmaterial zu den Themen Gewalt und Vater & Sohn, unter anderem von Bertolt Brecht. Dieses Material ist zwar interessant zu lesen, hat aber teilweise wenig mit dem Buch selbst zu tun. Das Thema Vater und Sohn kommt in der eigentlichen Geschichte nämlich nur am Rande vor. Stattdessen hätte ich mir Informationen zu Siegfried Lenz und zum Entstehen des Buches erhofft.
Fazit:
Siegfried Lenz hat mit „Das Feuerschiff“ sein ganzes schriftstellerisches Können unter Beweis gestellt. Obwohl der Großteil der Geschichte Spannung mit facettenreichen Charakteren bietet, kommen auch Gefühle nicht zu kurz. Einzig das Zusatzmaterial hätte mehr Bezug zur Geschichte haben können.