Cover des Buches Die gute Tochter (ISBN: 9783959671101)
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Rezension zu Die gute Tochter von Karin Slaughter

Die zerstörerische Kraft eines Verbrechens – und der Verdrängung

von Marie-Enters vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Familiendrama und Thriller zugleich mit vielen überraschenden Wendungen

Rezension

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Marie-Entersvor 7 Jahren

„Die gute Tochter“ beginnt mit einer Rückblende ins Jahr 1989 – zu dem Tag, an dem die Weichen für ein Familiendrama gestellt werden. Das Verbrechen selbst ist schrecklich und es zeichnet sich schnell ab, dass es das weitere Leben der Schwestern, die den Mord an ihrer Mutter mit ansehen mussten und selbst ebenfalls Opfer brutaler Gewalt wurden, überschattet und beschädigt. 28 Jahre später zeigt sich das Ausmaß der Familientragödie, nachdem die jüngere Schwester Zeugin einer Bluttat an ihrer früheren Schule wird.

Persönliche Meinung

Slaughters Schreibstil ist ausgereift, ich war angenehm überrascht, wie komplex sie die familiären Verhältnisse, Charaktere und Lebenswege von Charlie, ihrer älteren Schwester Sam, Mutter Gemma, und Vater Rusty zeichnet. Die großen Fragen nach dem einleitenden Kapitel sind: Wohin wird Karin Slaughter die Geschichte 28 Jahre später führen? Hängen die Morde in der Schule, deren Zeugin Charlie nach einem One-Night-Stand wird, in irgendeiner Weise mit dem zusammen, was der Familie angetan wurde?

Ohne zu viel vorwegzunehmen, löst sich am Ende alles schlüssig auf und die Puzzleteile ergeben ein solides Ganzes. Mein Grundproblem mit dem Buch war, dass es viel Potenzial hat, aber keinen echten Fokus auf die inneren Entwicklungen legt, sondern sich aufreibt in der Anstrengung, die Fäden zusammenzuführen, um am Ende eben den Gesamtzusammenhang zu präsentieren. Stilmittel sind Rückblenden, Tätersuche im aktuellen Fall, Familiengeschichte, Lebensentwürfe der Schwestern und Einblicke in die Psyche. Die Verquickung mit der Schießerei in der Schule, dem Tathergang, die übliche Täter-Opfersuche – die zweite Spannungsebene also sozusagen – hat mich nicht erreicht, während die Charakterstudien und Perspektivwechsel mir gut gefallen haben. Insgesamt wirkte der Plot auf mich zunehmend so konstruiert, dass ich mich durch die Kapitel kämpfen musste.

In einer letzten, sehr gelungenen Rückblende wird klar, was in Wahrheit damals geschehen ist und warum Charlie das, was ihr angetan wurde, über Jahrzehnte verdrängt hat. Die Auflösung des großen Ganzen ist überraschend, aber in sich logisch – und wirkt am Reißbrett entworfen.

Ich möchte aber fair sein und vergebe trotzdem vier Sterne, auch wenn ich persönlich nur drei sehe. Aber ich glaube, dass meine Sichtweise nicht unbedingt der objektive Maßstab ist. Die vielen 5-Sterne Bewertungen lassen erkennen, dass "Die gute Tochter" überwiegend gut ankommt. Und auch ich finde, die Story ist handwerklich top, sprachlich gibt es nichts auszusetzen – und so passten letztlich einfach meine subjektive Erwartungshaltung und das Buch nicht so ganz zusammen.

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