Cover des Buches Pretty Girls (ISBN: 9783959670074)
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Rezension zu Pretty Girls von Karin Slaughter

Nichts für schwache Nerven

von Suicidekatzi vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Widerlich. Brutal. Genial.

Rezension

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Suicidekatzivor 6 Jahren

Inhalt

März 1991. Nach einer Party kehrt die 19-jährige Julia nicht nach Hause zurück. Die eher halbherzig geführten Ermittlungen laufen ins Leere. Eine Leiche wird nie gefunden. Weder die Eltern noch die beiden Schwestern der Vermissten werden je mit dem Verlust fertig.
Vierundzwanzig Jahre später erschüttert eine brutale Mordserie den amerikanischen Bundesstaat Georgia. Und die frisch verwitwete Claire ist vollkommen verstört, als sie im Nachlass ihres verstorbenen Mannes brutales Filmmaterial findet, in dem Menschen ganz offensichtlich vor der Kamera auf grausame Weise ermordet werden. Eines der Opfer glaubt sie zu erkennen. Doch was hatte ihr verstorbener Mann damit zu tun? Wer war der Mensch wirklich, den sie über zwanzig Jahre zu kennen glaubte? Claire begibt sich auf eine lebensgefährliche Spurensuche, die sie immer dichter an eine unfassbare Wahrheit führt. Und an den eigenen Abgrund ...

Meinung

Zunächst war ich ziemlich skeptisch. Denn schnell wird klar: Dieser Thriller hat absolut keine Intention die Polizei näher in die Protagonistenrolle zu schieben – sehr entgegen eines klassischen Thrillers. Kann sowas gut gehen? Besonders nachdem ich ihre anderen Reihen schon gelesen habe und weiß, dass Slaughter absolut brilliant ist, entschied ich mit dem ganzen eine Chance zu geben.

Pretty Girls fängt mit einem Brief von Julia’s Vater Sam an Julia an. Diese Briefe / Briefausschnitte bekommen im Laufe der Geschichte immer wieder ein paar Kapitel. Man bekommt einen guten Einblick in die Psyche eines Vaters, der daran zugrunde geht, dass sein ältestes Kind nie wieder heimkommen wird. Trotz die Einblicke in den Vater, ist Sam kein aktiver Charakter in der Geschichte. Er lebt lediglich durch seine Briefe, denn er hat sich das Leben genommen – soll man zumindest denken. An dieser Stelle muss ich gestehen, habe ich etwas gelangweilt aus der Wäsche geguckt und mich gefragt, ob das Buch so bleibt (hoffentlich nicht).

Als nächstes werden Claire und Paul vorgestellt. Ein Ehepaar. Claire, die nach einer Episode mit einer befreundeten Tennisspielerin auf Probezeit stand und jetzt endlich ihre Fußfessel los war trifft sich mit ihrem Mann in einer Bar. Schnell wird durch Claires Einblicke klar, dass das Ehepaar Scott sehr gut betucht ist. Leider nützt es den beiden nicht viel, denn nur wenige Minuten nachdem sie die Bar verlassen, wird Paul bei einem Raubüberfall umgebracht. Ein sinnloser Tod wie es scheint.

Doch bevor man seine Gefühle verarbeiten kann, wird der dritte und letzte Handlungsstrang eingeläutet über Lydia mit Tochter und Freund. Je mehr Charaktere ins Spiel kamen umso verwirrter war ich. Es gab zunächst keine offensichtliche Verbindung zwischen Sam/Julia, Paul/Claire und Lydia. Innerlich versuchte ich also eine Mindmap zu erstellen um nicht komplett den Überblick zu verlieren.

Schnell wird klar, dass Lydia offenbar eine weniger berauschende Vergangenheit mit Paul hat und dass sie und Claire – Julias jüngere Schwestern – wegen Paul miteinander gebrochen haben. Womit die Verwirrung ein gutes Stück nachgelassen und der Neugier Platz gemacht hat.
Auch muss Claire schmerzlich feststellen, dass sie ihren Mann überhaupt nicht kannte als plötzlich, wegen eines Einbruchs bei ihr, nicht nur Polizei, sondern auch FBI vor ihrer Tür stehen. Claire findet auf Pauls PC grausame Videos, in denen Mädchen misshandelt, missbraucht und zu guter Letzt getötet werden. Schnell kommt die Fragen auf ob Zufall oder nicht; und wenn nicht: hat Paul mitgewirkt? Und ist eines der Mädchen die verschwundene Anna Kilpatrick? Zudem findet sie nicht nur Akten über ihre Schwester, sondern über zahlreiche andere Frauen.

Dem Leser stellt sich außerdem die Frage: Ist es wirklich möglich, dass man sich derart verblenden lässt und nicht den Hauch einer Vermutung hegt? Natürlich will und sollte keine Ehefrau ihrem Mann unterstellen ein Mörder zu sein, aber Entführungen und Morde nehmen Zeit in Anspruch. Wie viel lässt sich durch Arbeit wirklich vertuschen, dass Claire nicht einmal eine Affäre vermutet?

Auch Claire stellt sich diese Fragen und begibt sich somit auf die Suche nach der Wahrheit und wird immer weiter in den Abgrund gezogen, der Pauls Welt zu sein schien. Das einzige Licht am Horizont scheint zu sein, dass die beiden Schwestern sich zaghaft annähern. Claire sieht ein, dass Lydia vor vielen Jahren wohl nicht gelogen hat, als diese behauptete, Paul habe versucht sich an ihr zu vergreifen.

Claire und Lydia werden immer weiteren Herausforderungen entgegengestellt in denen sie beweisen müssen, dass sie sich nicht nur weiterentwickelt haben, sondern einander auch wieder vertrauen können – oder zumindest diesen Anfang wagen können. Besonders Claire muss über ihren Schatten springen. Ist sie bis dato eine verwöhnte Frau gewesen, die die Zügel immer jemand anderem gegeben hat, so muss sie sich spätestens nach Lydias Entführung überlegen welche Art von Mensch sie sein will. Sie entscheidet sich löblich für die starke Art von Mensch und gibt somit nicht nur sich selbst, sondern auch ihrer Mutter die Chance über sich hinauszuwachsen.

Fazit

Während sich die Geschichte entfaltet und man sieht wie die Handlungsstränge ineinander verlaufen, fiebert man unwillkürlich mit. Man rätselt mit, ist geschockt, angewidert und schlussendlich kann man am Ende wieder normal atmen. Dieses Buch ist definitiv nichts für schwache Nerven. Es ist schnell, brutal und die detailierten Beschreibungen stellenweise abgrundtief abartig.

Ein absolut geniales Buch!

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