Südamerikanische Literatur mag ich, in ihr liegt etwas Besonderes. Die Autorin, geboren in Venezuela, lebt in Spa und nimmt den Leser mit in eine düstere Welt. Durch Venezuelas Hautstadt ziehen Banden, korrupte Staatsbedienstete leben von zur Seite geschafften Lebensmittel. Demonstranten werden zusammengeschlagen, überall Hoffnungslosigkeit. Es schmerzt, liest man sich durch den schmalen Band, denn man ahnt, dass es genau jetzt so in Caracas zugehen könnte. Ein bisschen Normalität, weniger Not, weniger Gewalt wünscht man der Protagonistin und dem Land. Das Buch nimmt mit, es war mir nicht möglich, es in einem Rutsch zu lesen. Ich brauchte ein bisschen Abstand. Es ist eine schonungslose Geschichte des Alltags in einem zerrüttetem Land, beeindruckend geschrieben.
Lebenslauf von Karina Sainz Borgo
Literatur, die wachrüttelt: Karina Sainz Borgo wird 1982 in Caracas, Venezuela geboren, wandert aber mit 12 Jahren nach Spanien aus, wo sie bis heute lebt, ihre Verwandten sind in Venezuela geblieben.
Borgo ist in Madrid als Journalistin tätig und schreibt für verschiedene Zeitungen und auch Blogs. 2019 veröffentlicht sie ihren ersten Roman, »La hija de la española«, der auch in Deutschland unter dem Titel »Nacht in Caracas« erscheint. Das Buch erzählt die Geschichte von Adelaida, die jeden Tag um ihr Überleben kämpfen muss, und beruht dabei auf Tatsachen.
Alle Bücher von Karina Sainz Borgo
Nacht in Caracas
Nacht in Caracas: Roman
It Would Be Night in Caracas (English Edition)
Neue Rezensionen zu Karina Sainz Borgo
Rezension zu "Nacht in Caracas" von Karina Sainz Borgo
Viel liest man im Moment über die politische Lage in Venezuela. Was dabei manchmal zu kurz kommt: Die Stimmung in der Bevölkerung, die Lage der Individuen. Darum geht es in Nacht in Caracas von Karina Sainz Borgo (übersetzt von Susanne Lange).
Adelaidas Mutter ist gestorben. Nach der Beerdigung, kann sie jedoch nicht lange an ihrem Grab stehen bleiben, denn auf dem Friedhof ist es zu gefährlich. Auch in ihrer Wohnung kann sie nicht bleiben und es beginnt eine verzweifelte Suche nach einem Weg, das Land zu verlassen.
Es hat etwas gedauert, bis ich in das Buch reingekommen bin und dann war es einfach nur krass. Mir war nicht bewusst, wie schrecklich die Situation in Venezuela aktuell für die Bevölkerung ist. Zwar finde ich es schwer zu beurteilen, wie realitätsnah der Roman von Karina Sainz Borgo tatsächlich ist, aber einige Zeitungsartikel bestätigen diesen Eindruck: Laut einer Studie galten im Jahr 2017 87% der Bevölkerung als arm. Kriminalität und Gewalt bestimmen den Alltag, was auch die Protagonistin am eigenen Leib erfahren muss.
Für mich war die Lektüre dieses Buches sehr erhellend, wenn auch nur schwer zu ertragen. Sprachlich hat sie mich zwar nicht umgehauen, war mir stellenweise zu metaphorisch und irgendwie sperrig geschrieben, aber der Inhalt ist unglaublich wichtig und eindringlich!
Da ich mich sehr für Außenpolitik interessiere und besonders die Situation in Venezuela angespannt verfolge, habe ich mich sehr auf dieses Buch gefreut. Das Cover finde ich super, es gibt eine erste Idee von der Lage in Venezuela. Ein buntes, lebendiges Land, das immer mehr ins Dunkel abrutscht.
Worum geht’s?
Adelaida Falcon beerdigt ihre Mutter. Sie war in den sich aufdrängenden Zeiten des Schreckens ihr Anker und ihre Hoffnung. Aber nun ist sie nicht mehr da. Mit steigender Verzweiflung begegnet Adelaida ihrem Schicksal. Marodierende Terrorgruppen, die unter dem Schutz der Regierung stehen, ziehen durch die Straßen und machen das alltägliche Leben zum Spießrutenlauf. In ihrer Aussichtslosigkeit sucht Adelaida nach dem berühmten Licht am Ende des Tunnels, aber immer mehr bekommt sie das Gefühl sie ist in einer Sackgasse und es wird nur immer dunkler.
Wie war’s?
Ich denke, dass kein Außenstehender einen Roman über die Situation in Venezuela schreiben kann, der ansatzweise beschreibt wie dramatisch die Zustände vor Ort sind. Lebensmittelknappheit, Verrohung, Kriminalität – all das schildert Karina Sainz Borgo ohne Übertreibungen, sondern mit einer beklemmenden Nüchternheit. Mit Adelaida als Protagonistin wirft sie einen intelligenten Blick auf das Grauen, das sich in dem Heimatland der Autorin abspielt. Solch ein Buch zu schreiben, finde ich absolut bemerkenswert. Der Schmerz über das Unglück ihrer Heimat ist ständig präsent. Ich verstehe das Buch von Sainz Borgo als wichtigen Beitrag zur lateinamerikanischen Literatur und auch, um ihren unterdrückten Mitbürgern (und Verwandten) vor Ort eine Stimme zu verleihen. Ihr seid nicht alleine und ihr werdet gehört. Der Schreibstil ist „typisch“ lateinamerikanisch mit einer Melancholie und Traurigkeit versetzt, die einem das Herz schwer macht. Die Beschreibungen von den „Mörserfrauen“ und dem Leben vor dem Horror in Venezuela sind authentisch und vermitteln einen guten Eindruck von einem der ehemals florierendsten Staaten Südamerikas. Die Geschichte ist spannend und Adelaida sympathisch. Der Leser erhält viele Einblicke in ihre Gedankenwelt und kann so mitfühlen. Bis auf an einer Stelle ist sie sehr selbstbewusst und schlagfertig.
Die Übersetzung ist gut, teilweise ist die bildliche Sprache aber schwer in deutsche Worte zu fassen. Ich denke, dass die Originalversion ein wahres literarisches Highlight ist.
Insgesamt ein sehr schönes Buch mit vielen Momenten, in denen man an dem Guten im Menschen zu zweifeln beginnt. Ständig im Bewusstsein, dass es sich hier nur sehr bedingt um Fiktion handelt. Für diesen wichtigen Roman zur Situation in Venezuela gibt es 5 Sterne und die Hoffnung, dass endlich wieder Frieden in diesem schönen Land einkehrt!
Gespräche aus der Community
Ich bin schon gespannt, für welches der vier Bücher ihr euch entscheidet und drücke euch ganz fest die Daumen für die Buchverlosung!
Mehr zu den Büchern:
Es ist Wochenende. Wir sind in einem Haus an einem spätwinterlichen See, das Licht ist hart, die Luft ist schneidend kalt, der gefrorene Boden knirscht unter unseren Füßen. Gerade sind Reik und Max angekommen, sie feiern ihre Liebe, die nun zwanzig ist. Eingeladen sind nur ihr ältester Freund Tonio und seine Tochter Pega, so alt wie die Beziehung von Max und Reik. Sie planen ein ruhiges Wochenende. Doch ruhig bleibt nur der See.
Adelaida beerdigt ihre Mutter, aber sie bleibt nur kurz am Grab stehen. Auf dem Friedhof ist es gefährlich, genau wie an jedem anderen Ort in Venezuela. Noch vor kurzem kamen die Menschen aus Europa, um hier ihr Glück zu machen. Nun versinkt das Land in Chaos und Elend. Als Adelaida gewaltsam aus ihrer Wohnung vertrieben wird, weiß sie nicht wohin. Alles, was sie geliebt hat, existiert nur noch in ihrer Erinnerung. Wenn sie sich retten will, bleibt ihr nur die Flucht.
Ein intensives literarisches Debüt über das Schicksal einer jungen Frau und das virtuose Portrait eines untergehenden Landes.
Seit ihrer Jugend ist Petina Gappah von der Geschichte um David Livingstone besessen – dem berühmten schottischen Missionar und Afrikaforscher, der sich des großen geografischen Rätsels seiner Zeit verschrieben hatte, der Entdeckung der Nilquellen. Aus Faszination wurde ein Roman: Als Livingstone 1873 auf der Suche stirbt, will seine treue Gefolgschaft seinen Leichnam in seine Heimat zurückbringen. So machen sich 69 Gefährten auf den wagemutigen Weg, ihn quer durch Afrika zu tragen, angeführt von einer jungen Frau – Halima, Livingstones scharfzüngiger Köchin. Eine abenteuerliche und lebensbedrohliche Reise über 1.000 Meilen, auf der ihnen Hunger, Krankheit und Tod begegnen – und immer wieder die Frage: Wie weit sind wir bereit für unsere Freiheit zu gehen?