Ich liebe ja schon seit einer langen Zeit die Ethnologie und die Ethnographie. Schon in meiner Schulzeit bin ich durch Erich Wustmann und Miloslav Stingl neugierig gemacht worden auf die kulturelle Vielfalt unserer Erde. Und diese Liebe zur Ethnologie/Ethnographie ist geblieben, auch wenn sich der diesbezügliche Berufswunsch nicht erfüllt hat. Aber so bleibt ein inspirierendes Hobby, welches neben meinem Schreibtisch plötzlich Bücherberge aus meinen Regalen hochwachsen lässt, weil ich wieder etwas Interessantes entdeckt habe, deshalb viel Zeit im Netz verbringe und plötzlich feststelle, es ist ja inzwischen wieder hell geworden. So ein Feuer tut aber ungemein gut in unserer recht monetär begründeten Welt. Denn gerade diese anderen Sichten, diese anderen Kulturen zeigen ja einen anderen Umgang mit unserer Erde.
Da ich solche Gedanken hege, kam mir dieses Buch von Karl-Heinz Kohl gerade recht. Der Autor und Ethnologe blickt auf unseren Blick auf diese anderen Stämme und beleuchtet dazu den westlichen Blick auf 9 verschiedene Stämme/Stammesgruppen unserer Erde. Denn gerade in diesem Blick auf Andere schwingt ja das eigene Erleben, die eigene Sozialisation immer mit. Jeder Ethnologe wird versuchen dies zu vermindern, aber da wir ja alle fehlbare Menschen sind, gelingt dies nicht immer gleich gut. Und der Blick der von uns Betrachteten tut dann noch ein Übriges dazu. Denn manch ein findiger Geist kann ja genau die Antworten/die Sichten auf unsere Fragen bringen, von denen er glaubt, dass die westliche Welt genau diese Antworten hören will. Und so kommen nicht nur Fehler in der Kommunikation/in der Übersetzung zum Tragen, sondern auch Fehler in den Betrachtungsweisen oder Fehler im Betragen gegenüber anderen. Wobei diese Fehler in dem Betragen gegenüber den Indigenen schon durch die Kolonialgeschichte bedingt waren und oft nichts mit den Ethnologen zu tun hatten.
Für mich besonders interessant waren die neun behandelten Gruppen. Es geht zu den brasilianischen Tupinambá, zu den amerikanischen Irokesen (Eigenbezeichnung Haudenosaunee, ein Stammesverband aus 5 Stämmen, später dann 6 Stämmen der irokesischen Sprachfamilie), zu den australischen Aranda (eine Sprachgruppe innerhalb der Pama-Nyungan-Sprachfamilie aus 4 Sprachen, darunter den eigentlichen Aranda oder Arrernte, die sich dann wieder in 6 Untergruppen teilen, wobei alle diese Gruppen immer wieder als Aranda geführt wurden, zu den brasilianischen Bororo, früher bis nach Bolivien hinein lebend, in eine westliche und eine östliche Gruppe unterteilt, zu den Einwohnern von Palau in Mikronesien, zu den kanadische Kwakwaka'wakw, den früheren Kwakiutl, ein Stammesverband von rund 30 Stämmen an der Nordwestküste, zu den amerikanischen Hopi des Südwestens mit 16 verschiedenen Siedlungen/Pueblos und 4 Dialekten, zu den polynesischen Samoanern und als letztes zu den Dogon in Mali (ein wunderbares Beispiel oberflächiger Blicke, die Dogon sind eine Bevölkerungsgruppe mit 20 verschiedenen Sprachen, die teilweise untereinander nicht verständlich sind, der Niger-Congo-Sprachfamilie angehören und einer Sprache, dem Bangime, welche isoliert ist, keiner Sprachfamilie angehört, aber einen großen Anteil an Nilo-Saharanischem Sprachgut hat. Kulturell bilden sie aber einen Block, sind daher die Dogon-Gruppe.
Diese für deutsche Ethnologen besonders interessante Gruppen initiierten ein Interesse in der deutschen Ethnologie. Heute allerdings werfen manche der alten Erkenntnisse Fragen auf.
Ein interessantes und lehrreiches Buch, welches ich wärmstens den Ethnologie-Interessierten empfehle, aber auch alle Anderen sollten sich angesprochen fühlen. Denn den Tellerrand zu erweitern hat ja bekanntlich noch keinem geschadet.