Karl-Markus Gauß

 4,3 Sterne bei 51 Bewertungen
Autor von Die Hundeesser von Svinia, Im Wald der Metropolen und weiteren Büchern.

Lebenslauf von Karl-Markus Gauß

Karl-Markus Gauß, geboren 1954 in Salzburg, wo er heute als Autor und Herausgeber der Zeitschrift Literatur und Kritik lebt. Seine Bücher wurden in viele Sprachen übersetzt und oftmals ausgezeichnet, darunter mit dem Prix Charles Veillon, dem Österreichischen Kunstpreis für Literatur, dem Johann-Heinrich-Merck-Preis, dem Jean-Améry-Preis und dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung. Bei Zsolnay erschienen zuletzt Abenteuerliche Reise durch mein Zimmer (2019) und Die unaufhörliche Wanderung (2020).

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Karl-Markus Gauß

Cover des Buches Die Kapuzinergruft (ISBN: 9783902950376)

Die Kapuzinergruft

 (47)
Erschienen am 24.08.2015
Cover des Buches Die Hundeesser von Svinia (ISBN: 9783423134378)

Die Hundeesser von Svinia

 (11)
Erschienen am 01.03.2006
Cover des Buches Im Wald der Metropolen (ISBN: 9783552059719)

Im Wald der Metropolen

 (5)
Erschienen am 01.08.2019
Cover des Buches Die verschlossene Tür (ISBN: 9783552052628)

Die verschlossene Tür

 (4)
Erschienen am 08.09.2003
Cover des Buches Die fröhlichen Untergeher von Roana (ISBN: 9783423346313)

Die fröhlichen Untergeher von Roana

 (3)
Erschienen am 01.11.2010
Cover des Buches Ruhm am Nachmittag (ISBN: 9783552073203)

Ruhm am Nachmittag

 (3)
Erschienen am 14.02.2022
Cover des Buches Die sterbenden Europäer (ISBN: 9783423308540)

Die sterbenden Europäer

 (3)
Erschienen am 01.08.2002
Cover des Buches Abenteuerliche Reise durch mein Zimmer (ISBN: 9783552059238)

Abenteuerliche Reise durch mein Zimmer

 (2)
Erschienen am 11.03.2019

Neue Rezensionen zu Karl-Markus Gauß

Cover des Buches Die sterbenden Europäer (ISBN: 9783293209329)
aus-erlesens avatar

Rezension zu "Die sterbenden Europäer" von Karl-Markus Gauß

Europas lebendige, fast vergessene Völker
aus-erlesenvor einem Jahr

Immer wieder staunt man doch wie wenig man als weit gereister, weltoffener Europäer über den eigenen Kontinent weiß. Das standardisierte Europa kennt man. Allenthalben werden einem die konformistischen Begriffe um die Ohren gehauen. Doch abseits von EU, Europa, Außengrenze gibt es mehr als nur Statistiken, die brav von Beamten gefüttert werden, um dem Tun eine Zahl anzuheften. Mit dieser Zahl, mit diesen Zahlen lässt sich leichter arbeiten.

Aber in Europa lebt man, nicht um zu arbeiten, sondern um zu leben, es zu gestalten. Und so kommt auch, dass auf dem Balkan, in Bosnien, es für Spanier teilweise sehr leicht ist sich zu verständigen. Die Sepharden wurden Ende des 15. Jahrhunderts, zu der Zeit als Kolumbus die Neue Welt entdeckte, aus ihrer Heimat vertrieben. Dem Ruf Bajezet II. folgend trieb es sie gen Osten. Ins Osmanische Reich. Religionsfreiheit, Sicherheit im Recht und in wirtschaftlicher Hinsicht waren gute Argumente der iberischen Halbinsel den Rücken zu kehren. Einige blieben auf dem Balkan hängen. Hier stand man dem Judentum ebenfalls aufgeschlossen gegenüber. Karl-Markus Gauß lässt sich in Sarajevo, einer Stadt, die noch immer vom Krieg gezeichnet ist, von Jakob Finci die Geschichte seines Volkes erzählen. Finci ist der Vorsteher der jüdischen Gemeinde. Von Clinton bis zum Papst und dem UN-Generalsekretär ließen sich bei ihm nieder, um seinen Worten zu lauschen. 

Das Volk der Sorben ist in unseren Breiten sicher das bekannteste unter den im Buch vorgestellten europäischen Völkern. Von Bautzen bis zum Spreewald sind die auffälligsten Hinweise auf ihre Existenz die zweisprachigen Ortsschilder. 

In Süditalien trifft man – bei Weitem nicht so offensichtlich – auf die Arbëresche. Sie kamen einst aus dem Süden Albaniens. Einige wenige Dörfer Kalabriens sind durch ihre Kultur geprägt. Gauß wird bei seiner reise gebeten einen Streit zu schlichten. Ihm als überzeugten Europäer traut man das wohl zu. So entspinnt sich eine Geschichte über einen bedeutenden Teil europäischer Geschichte.

Um die Jahrtausendwende war Karl-Markus Gauß in Europa unterwegs, um nach Menschen zu suchen, deren Identität nicht durch Landesgrenzen bestimmt wird. Ihre Geschichte verläuft oft im Treibsand der Vergangenheit. Nur wenige Reste ihrer Kultur sind noch vorhanden. Gesetze und Regeln, Traditionen und Gebräuche zu bewahren liegen in den Händen einzelner sich noch bewusster Sepharden, Gottschee (in Slowenien) Arbëresche, Sorben und Aromunen (in Mazedonien). Ihre Länder existieren nicht mehr, wenn es sie denn je gab. Sie leben in einem Europa, das sich durch Vielfalt auszeichnet. Und sie sind sich ihre Verantwortung das in Jahrtausenden Geschaffene an die nächsten Generationen weiterzugeben, bewusst. „Die sterbenden Europäer“ ist ein provokativer Titel. Der Autor Karl-Markus Gauß richtet ein starkes Licht auf ihre Kulturen, auf dass sie niemals verblassen. Preisgekrönter Autor mit dem Leipziger Buchpreis zur europäischen Verständigung 2022.

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Cover des Buches Die versprengten Deutschen (ISBN: 9783293209176)
aus-erlesens avatar

Rezension zu "Die versprengten Deutschen" von Karl-Markus Gauß

Geschichtsreise mit echten Akteuren
aus-erlesenvor 2 Jahren

Zuerst reiste Karl-Markus Gauß in seiner guten Stube herum und erforschte aus der Froschperspektive die Geschichte Europas. Dann zog es ihn in die Metropolen der Welt, in denen er noch mehr Geschichte fand. Es war die große Geschichte Europas, die er fand. Und nun? Nun sucht er nach den Geschichten. Nach der Geschichte der Deutschen, die in der vermeintlichen Fremde ihre deutschen Wurzeln noch pflegen, sie teils sogar suchen, mit ihnen hadern. 

Fündig wird er im Baltischen Raum, in Litauen, Memelgebiet, wie es hier und da einmal hieß. Er trifft Luise. Sie hat ihre Muttersprache erst spät wieder erlangt. Jahrzehntelang war sie frei wie ein Vogel im Wind. Ihr Nest war in Litauen. Ihre Wiege stand in Deutschland. Immer wieder wechselten wie bei so vielen die Herren, die die Geschicke des Landes leiteten. Immer mit Repressionen verbunden. Dabei ist es egal, ob es nun Deutsche im Namen eines menschenverachtenden Feldzuges sind oder Russen auf dem Kreuzzug gegen die Besatzer waren. Sie flatterte aufgeregt zwischen den fronten hin und her. Meist aus einem zwang heraus. Was von ihr noch deutsch ist, kann sie kaum noch bezeichnen. 

Gauß reist weiter. Quer durch Europa. Bis ans schwarze Meer. Bis an den südlichen Zipfel Europas. In die Berge, ans Meer. Doch immer in die Seelen der Menschen. Er ist wahrhaft kein Seelenfänger im bösartigen Sinn. Schon gar niemand, der das Deutschtum vergöttert, es in etwas verwandelt, was einen bitteren Beigeschmack mit sich führt. Gauß sucht, Gauß findet, Gauß hört zu, Gauß schreibt nieder. Die von ihm gesuchten, gefundenen, niedergeschriebenen Geschichten sind eindrucksvolle Einblicke, die man ohne ihn niemals gelesen hätte. 

Wenn heutzutage von Assimilation, Eingewöhnung gesprochen wird, ist es immer mit einer Forderung verbunden, sich gefälligst unterzuordnen und sich selbst aufzugeben (was natürlich niemand so meint, wie er es sagt…). Das ist kein Phänomen der Gegenwart. Wer die Heimat verlässt, geht ein Wagnis ein. Das Wort Abenteuer hat im Laufe der Zeit an Bedeutung verloren und hat was von einem Erlebnisparkbesuch, der mit Einbruch der Dunkelheit endet, weswegen Wagnis hier wohl angebracht erscheint. Dieses Wagnis mündet in eine Neuentdeckung der eigenen Wurzeln. Neues kommt hinzu, Altes tritt vereinzelt in den Hintergrund. 

Gauß staunt selbst über die Vielfältigkeit des Deutschseins. Und lässt den Leser mit seinem Staunen nicht allein. Immer weiter treibt es ihn in Gemeinschaften, in Landstriche, die mehr deutsche Prägung haben als an der Oberfläche zu sein vermag. Diese europäische Deutschlandreise ist ein intelligenter Streifzug durch Europa zu deutschen Wurzeln, tiefer in die Kultur als so manches von Oben gewünschte Verhalten. 


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Cover des Buches Die Kapuzinergruft (ISBN: 9783902950376)
awogflis avatar

Rezension zu "Die Kapuzinergruft" von Joseph Roth

Reread im Vergleich mit Radetzkymarsch
awogflivor 2 Jahren

Nach meinem Erstdurchgang von Kapuzinergruft 2012 habe ich nun 2021 einen Re-Read gewagt, nachdem ich mir kurz vorher noch den Radetzkymarsch zu Gemüte geführt habe. Ich lasse die alte Rezension von 2012 stehen, denn sie hat noch immer ihre Gültigkeit, will mein damaliges Urteil nicht revidieren, möchte aber in der überarbeiteten Rezension auch noch Anmerkungen im Vergleich zum Radetzkymarsch machen.

Ursprüngliche Review von 2012:
Ein literarisches Schmankerl, das vor Ausbruch des ersten Weltkrieges in Wien eine dekadente überhebliche, leichtfertige Adelsschicht beschreibt, die nichts kann und zu nichts nütze ist, außer vielleicht für den Krieg. Nach der "glücklichen" Heimkehr aus einem Weltkrieg, der für die adeligen Offiziere eigentlich gar nicht so schlimm war, kommen der junge Baron und seine Freunde überhaupt nicht mehr mit der veränderten Welt zurecht, sie jammern und philosophieren aber nicht so viel wie diese russischen Adelsparasiten bei Dostojewski, sondern gehen fatalistisch und ein bisschen humoristisch eben typisch österreichisch sehenden Auges unter, oder lavieren sich eben so durchs Leben.
Roth beschreibt es ganz treffsicher: "Für den Tod untauglich befunden" - und meiner Meinung nach für das Leben irgendwie auch nicht wirklich geeignet.

Fazit: Grossartige Literatur, traurig, humorvoll, charmant, dekadent, nachdenklich, elegant......eben sehr gut die historische österreichische Seele eingefangen.

Update und Reread von 2021:
Als ich zuerst die Kapuzinergruft mit dem Radetzkymarsch verglich, war ich anfänglich enttäuscht, denn natürlich auch Roth kam nie wieder qualitativ an sein Meisterwerk heran, das auch allgemein als absolutes Meisterwerk seiner Zeit gilt, mit dem sich kaum einer seiner Zeitgenossen messen konnte. Eigentlich spricht alles für meine prinzipielle Strategie, ein Buch niemals zwei Mal zu lesen, denn es vergällte mir nun ein bisschen zu Beginn meine Begeisterung des ersten Durchgangs, weil ich einfach alles mit der Genialität des Radetzkymarschs vergleiche. Das ist aber unfair, denn wenn ich die Kapuzinergruft mit anderen Werken der Zeit vergleiche, und versuche, den Radetzkymarsch auszublenden, ist die Kapuzinergruft noch immer um Hausecken besser als alle anderen. Der Roth ist in seinen schlechtesten Werken, die ich bisher gelesen habe, besoffen und fix und fertig noch tausendmal besser als der Musil und der Doderer.

Zu Beginn haben mich die "Gleichheit" der Figuren und die Analogien zwischen Radetzkymarsch und Kapuzinergruft sehr irritiert und ein bisschen gestört, am Ende des Romans nach intensivem Nachdenken über die verzwickten Beziehungen begeistern sie mich aber zusehends.

Der letzte Baron von Trotta aus dem Radetzkymarsch und der bürgerliche Trotta aus der Kapuzinergruft sind Urgroßcousins, der gallizischen Graf Chojnicki, der mit dem Baron von Trotta in dem kleinen Dorf an der russischen Grenze lebt, ist der Bruder des Wiener Graf Chojnicki, der mit dem bürgerlichen Trotta befreundet ist. Konsistenz kann er der Joseph Roth, sogar hervorragend, alle verzweigten und verzwickten Beziehungen werden letztendlich logisch aufgedeckt.

Auch die Analogien zum Radetzkymarsch, die mich urspünglich a bissi störten, weichen nun am Ende der Geschichte doch der Begeisterung. Die Protagonisten beider Romane führen quasi teilweise ein Spiegelleben, das sich einerseits frappant gleicht, aber andererseits doch sehr unterschiedlich ist. Die Hauptfiguren haben sich nie persönlich getroffen oder kennengelernt, haben aber sehr viele Analogien im Lebenslauf. Haben beide Trottas dieselbe freundschaftliche Beziehung zu einem Bruder Chojnicki, so gibt es auch in beiden Trotta-Haushalten den gleichen Achetypen von Diener, der wiederum von beiden Familien innig geliebt wird. Baron Trotta und den bürgerlichen Trotta verbindet auch eine Analogie im Kriegsschicksal. In den ersten Tagen ihres Kriegseintrittes ist für die beiden schon wieder der Kampf vorbei. Baron Trotta fällt, und der bürgerliche Spross gerät in Gefangenschaft. Dabei kann es sogar möglich, und bei den Beschreibungen der Gegend um das Grenzdorf ist es vielleicht sogar wahrscheinlich, dass beide Trottas in der selben Gegend in Ostgallizien an der russischen Grenze ihr Kriegsschicksal erleiden. Der wiener bürgerliche Trotta muss erst von Wien zu seiner Einheit anreisen und sein Regiment suchen, zu diesem Zeitpunkt war Baron Trotta schon tot, sonst hätten sie sich möglicherweise in diesen Kriegswirren auf dem Rückzug und der Flucht vor den russischen Truppen sogar getroffen. Spätestens im Gefangenenlager wären sie aufeinander getroffen, wenn der eine nicht gestorben wäre.
Das ist so genial konzipiert, das es mich im Nachgang mehr und mehr begeistert. Beide Trottas leben eben irgendwie ein Spiegelleben aber trotzdem anders. Das ist ein bisschen Wiederholung, aber so konzipiert, dass man nachdenken muss und es nicht langweilig wird. Ein Nick Knatterton Rätsel - kombiniere.

Zusätzlich hat mir auch im zweiten Durchgang diese punktgenaue Beschreibung dieser Verlorenheit der Zwischenkriegsgeneration ausnehmend gut gefallen. Bei der ehemals gut situierten Bevölkerung wird das Zuoberste nach Zuunterst gekehrt. Die reiche Gesellschaft hat infolge des Kaufes von Kriegsanleihen, galoppierender Inflation, Einführung der neuen Währung und durch das blinde Vertrauen in Betrüger beziehungsweise Schmarotzer all ihre Wertanlagen verloren. Sie können halt auch so gar nix Praktisches sind lebens- und arbeitsunfähig und nicht anpassungsfähig an die so plötzlich geänderte Zeit.

Leider endet der sehr kurze Roman mit dem Sturz der österreichischen Regierung und der Errichtung des Ständestaates. Schad, dass Roth hier nicht mehr den Aufstieg der Rechten kommentieren konnte, das hätte hier noch perfekt dazugepasst, aber wahrscheinlich war er dazu auch schon zu alt und zu fertig. Warum ich das hier noch hineinmoniere? Mich hätte wahnsinnig interessiert, was Roth als treffender Beobachter und Analyst zu dieser politischen Situation zu sagen gehabt hätte. Aber der sehr unpolitische Abschluss, als sich Trotta gar nicht mehr für seine Umwelt interessiert und nicht einmal mehr Zeitung liest, ist auch gut gewählt. Er wird erneut von einem Zusammenbruch überrascht. Die Regierung stürzt und er verliert sein ZuHause.

Fazit: Kapuzinergruft ist soltiär gesehen grandios und im zweiten Lese-Durchgang zu Beginn ob meines ständigen Vergleichs mit dem Radetzkymarsch etwas holprig, aber bei finaler Betrachtung dann wieder sehr gut. Also in beiden Beurteilungen 5 Sterne!

Kommentare: 4
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Karl-Markus Gauß wurde am 14. Mai 1954 in Salzburg (Österreich) geboren.

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