Cover des Buches Zimmermanns Stunde (ISBN: 9783426281727)
HibiscusFlowers avatar
Rezension zu Zimmermanns Stunde von Karolien Berkvens

Ein Roman, der eindringlich von der Einsamkeit und dem (Über-)leben erzählt

von HibiscusFlower vor 6 Jahren

Rezension

HibiscusFlowers avatar
HibiscusFlowervor 6 Jahren
Klappentext des Verlages:
Vierzig Jahre im Fünfzig-Minuten-Takt: Loet Zimmerman ist aufgegangen in seinem Beruf an einer Schule, Stundenpläne zu koordinieren. Nun steht er vor dem Ruhestand und der schier unlösbaren Aufgabe, all die Zeit, die plötzlich ungeordnet vor ihm liegt, sinnvoll zu strukturieren. Doch bevor es so weit kommt, wird er auf offener Straße überfallen und der Uhr beraubt, die er von seinem Vater geerbt hat. Als wäre mit dem Messwerkzeug auch die klare Ordnung verschwunden, für die es stand, bricht Zimmermanns Leben ganz langsam auseinander. Schutzwälle geben nach, Furcht kriecht in Ritzen und Winkel – bis Zimmermann beschließt, ein für allemal aufzuräumen.

"Von seinem Leben als Pensionär hatte er keine Vorstellung."
(S. 18)

Vierzig Jahre war er die stille Kraft am Roggeveen-Gymnasium, hat durch seine Koordination Struktur in den Schulalltag gebracht. Selbst als Lehrer zu arbeiten, hatte sich als Katastrophe erwiesen, doch das Erstellen eines perfekten Planes hingegen konnte ihm jedes Mal ein Hochgefühl bescheren. Aber jetzt wartet der Ruhestand mit jeder Menge noch unverplanter Zeit auf ihn.

"Zeit ist alles, was ihm jetzt noch bleibt. Beim Einteilen seiner letzten Jahre brauchte er nichts einzukalkulieren. außer seinen Tod. Das wird die größte Herausforderung für ihn als Koordinator." (S. 23)

Während er die ersten Tage gedanklich durchplant, kommt es zu einem Überfall, bei dem Zimmermann mehr als ein Erbstück, die Haustürschlüssel und seine Geldbörse verloren gehen und löst in ihm ein innerliches Chaos aus, dem er - so wie er es gewohnt ist - mit acht Blöcken zu je fünfzig Minuten entgegentreten mag. Seine Bemühungen vermischen sich mit der Tatsache, dass nichts mehr so ist, wie es war sowie mit den Erinnerungen an seine verstorbene Frau und seiner Vergangenheit. Er fühlt sich verfolgt, die Polizisten scheint einfach nur unfähig zu sein und auf seinen Sohn Daniel kann er offenbar auch nicht zählen.

"Sumpfige Gedanken schwappen wellenartig an seine Schädelwand. Was sind Gedanken wert, wenn der Denkende sie nicht im Griff hat? Kann man dann noch von Gedanken sprechen?" (S. 140)

Karolien Berkvens erstellt in ihrem Debüt das Psychogramm eines Mannes, der sich nach einem Traumata unverstanden fühlt und nach und nach in eine Welt - die von Stress, Panik, Angst und Erinnnerungen dominiert wird - abdriftet. Bilder geistern durch seinen Kopf, Hirngespinste breiten sich aus, jegliche Struktur geht verloren.
Mit ihrem klaren Schreibstil lässt die Autorin ihre LeserInnen die Tragweite seines Verlustes erkennen, die damit verbundene Tragödie spühren und doch vermeidet sie dabei jegliche dramatische Effekthascherei.
Ein Roman, der eindringlich von der Einsamkeit und dem (Über-)leben erzählt.
Angehängte Bücher und Autor*innen einblenden (2)

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks