Karolina Weiss
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Kinderherz
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Kurzmeinung
Kinderherz ist ein autobiografischer Bildungsroman, der mit leisen Zwischentönen überzeugt, die eine kraftvolle Botschaft in die Welt senden. Er ist bildgewaltig, ungeschönt, bitter und zugleich voller Liebe und Humor.
Ausführliche Besprechung
Kinderherz ist für mich ein Buch, das lange nachhallt. Eine Geschichte mit Zeitzeugencharakter, die in ihrer Vielfalt und Einzigartigkeit tief bewegt, dabei unverkitscht und ehrlich bleibt. Eines jener Bücher, die einen lange begleiten werden. Einen das eigene Leben hin und wieder überdenken lassen, da unsere heutigen Kämpfe so anders, teils so viel leichter sind. Da sich das Mädchen dieser Geschichte ein Leben und einen Standard bitter erkämpft hat, der uns heute selbstverständlich erscheint. Es tut gut, sich daran zu erinnern, dass dem nicht immer so war. Das Buch lehrt einen Dankbarkeit und Weitsicht, Demut vor dem Leben und Mut, sich das zu erarbeiten, wonach das Herz nun strebt. Zeigt aber auch, dass das Leben nicht nur eine Seite hat. Wo es Liebe und Zuneigung gibt, finden sich im Kontrast auch Gewalt und Abweisung. Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit. Gewinn und harter Verlust. Vorzug und Nachteil. Eine Gesellschaft ist immer breit. Wo es dem einen gut geht, leidet ein anderer bittere Qualen. All das gibt das Mädchen, die spätere Frau überraschend erwachsen wieder. Sie hat nicht weggeschaut, sie hat erlebt. Wo die Worte manchmal auch etwas fremd wirken, der Gedanke dahinter ist klar. Karolina besitzt schon früh die Kraft, auch in schweren Zeiten Humor und Leichtigkeit zu erhalten, ihr Kinderherz ließ sich nicht brechen. Das beweist sie mit diesem Buch und als Zeugin jener Zeit, in der sie doch so vieles erlebt und begleitet.
Dabei zeigt die Autorin von Kindesbeinen an eine beeindruckende Sprachgewalt. Zeichnet den Zeitkolorit des Vorabends des ersten Weltkrieges mit all seinen Seiten auf. Den schillernden, leuchtenden und von neuen Entdeckungen getragenen sowie den Schattenseiten und dem Dunkel der Gesellschaft in Bezug auf Andersdenkende und Arme. Was in der Naturverbundenheit szenisch und harmonisch wirkt, findet sein Gegenstück im brutalen Gesellschaftsleben jener Zeit. Einer Zeit, die – und das darf man nicht vergessen – auch von Entbehrungen geprägt war. Karolina behält und beweist in dieser Zeit großen Mut. Vor allem, als ihr »Großmenschenleben« mit 14 Jahren beginnt – in heute unvorstellbar jungen Jahren.
»Die Zeit wuchs und dehnte sich in Unendliche. Die Tränen meines Erbarmens durchnässten sein Hemd […]«
Karolina Weiss (geb. 1893), aufgewachsen mit sehr vielen Geschwistern, beginnt bereits 1907 mit dem Niederschreiben ihres Lebens. Mit 14 Jahren fasst die den Entschluss, bereits Erlebtes in Form eines Tagesbuchs festzuhalten. Sie greift dabei zurück bis in die tiefste Kindheit, gibt aber auch für sie Aktuelles scharf, klar und real wieder. Die von ihr verfassten Tagebucheinträge bilden die Grundlage des Buches, das beeindruckend und wachrüttelnd ist. Es zeigt das Leben in der damaligen Zeit von der Kindheit bis in ihre Teenagerzeit, bis diese abrupt vorbei ist. Garniert es mit frischen Bildern, die sich mit starken und derben Dialogen paaren. Geprägt ist es, wie bereits gesagt, von Kindheitseindrücken und bereits Vergangenem und doch getragen vom Moment. Ungeschönt, spitz und ehrlich. Erfrischend anders. In ihrer Sprache nimmt sie kein Blatt vor den Mund und zeigt doch eine Feinheit und Grazilität im geschriebenen Wort, die man zunächst nicht erwartet hätte. Entwickelt sich mit ihrer Schreibe. Gibt das Leben in all seinen Facetten wieder. So finden sich in vorliegendem Roman wunderschöne Erzählungen über die Atmosphäre des Almlebens und der Natur in Kontrast mit den Schrecken gegenüber Minderheiten und unehelichen Kindern. Sie erzählt von der tiefen Liebe ihres Vaters, aber auch von Schlägen und Misshandlungen, die vor allem den armen Schichten der Gesellschaft zuteilwurden. In voller Härte und Brutalität.
Für mich war es ein schnelles, da überaus fesselndes Lesen, wie ich es lange nicht erlebt habe. Karolina Weiss (†)weiß einen mit ihren Worten in die damalige Zeit zu ziehen. Veranschaulicht bildhaft das Almidyll ihrer Heimat und in scharfem, ungeschöntem Ton das Leben in der Vorkriegszeit. Was sich malerisch schön und heimelig als Kulisse darstellt, findet sich hart und tief greifend, teils erschütternd in der Gesellschaftszeichnung ihrer Worte wieder. Man denkt nach, hinterfragt das eigene Leben, die eigene Kindheit und das, was wir heute als Probleme ansehen. Die Autorin beweist in so jungen Jahren Tapferkeit, erhält sich ihren Stolz und ist so unfassbar stark in ihrer Person. Ihr Buch zeigt das ganze Spektrum an Leben. Das Gute wie das Schlechte, Familienzusammenhalt wie menschenunwürdige Erbarmungslosigkeit. Die Unterschiedlichkeit der Lebensumstände. All das stellt sie ohne Wegblenden, ohne Weichzeichnung, sondern einfach, wie es für sie war, dar. Das hat mich sehr beeindruckt und ich kann jedem dieses Buch nur empfehlen.
Eure Jil Aimée
Karolina Weiss wurde Ende des 19. Jahrhunderts geboren, begann als junges Mädchen mit dem Schreiben eines Tagebuches. Auszüge daraus finden sich hier in diesem wunderbaren Rückblick „Kinderherz“. Sehr authentisch, mit viel Herzblut beschreibt sie ihr Leben in und um die Familie, beschreibt das Erwachsenwerden bis zum „Großmenschentum“, was sich nicht immer einfach gestaltet. Sie erzählt von der besonderen Beziehung zum Vater, der zwar ein Hallodri war und so manchen Gulden durchbrachte und von der strengen Mutter, mit der sie viele Tränen gemeinsam weinte.
Immer wieder liest man über die tolerierte Gewalt, über menschenunwürdiges Dasein von unehelichen Kindern – besonders berührt hier die Geschichte um ihren Halbbruder Gottlieb, dessen Tod nicht so recht aufgeklärt wurde. Der Missbrauch von kleinen Kindern wurde heruntergespielt, von der kleinen Karolina oft noch nicht richtig zugeordnet, was hier passiert. Es fällt nur auf, dass so manche Männer dann von den Gendarmen geholt werden…
Schön finde ich die Beziehung zu ihrem Onkel und ihrer Tante, wobei der Onkel ganz schön frech mit einem Telegramm Karolina zu sich beordert, nur weil ihm langweilig ist. Herrlich!
Sie erzählt auch von ihren anfänglichen Arbeitsstellen als Haushaltshilfe, später dann dem Leben in Innsbruck, von der ersten Liebe und auch von so manchem Schabernack, den sie anstellte.
Ein Glück, dass unsere Kinder heute anders aufwachsen dürfen, dass Frauen Rechte haben und auch Männer in gewisse Pflichten genommen werden.
Gerne habe ich diese Lebensgeschichte gelesen, die Verbundenheit mit der Natur, die viele Arbeit, aber auch die positive Ausstrahlung und eine gehörige Portion Mut gehörten dazu.
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