“Wenn wir unsere eigene Vergangenheit vernichten, welche Zukunft haben wird dann?“ Seite 9
Die Spree ist nur noch eine staubige Senke.
Ungefilterte, dreckige Luft, die sofort einen Hustenreiz auslöst, wabert an der Oberfläche New Berlins.
Doch nicht nur oben ist es äußerst unwirtlich. Unten in den Subleveln unter New Berlin tobt seit zwanzig Jahren ein erbitterter Krieg. Die Universals führen diese Auseinandersetzung gegen die Colonials. Jedes Lager hat, wie bei den Alliierten in finsterer Vergangenheit, seine Sektoren unter Kontrolle und verteidigt diese erbittert.
Brick oder Max Hofstetter, wie er mit richtigem Namen heißt, gehört zu den Universals.
Er ist bei der Geheimpolizei als Kopfgeldjäger angestellt. Seinen Spitznamen hat er aufgrund eines leichten Dachschadens. Ihm könnte ein Backstein auf den Kopf gefallen sein. Er erinnert sich nicht.
Dabei gibt es in ganz New Berlin keine Backsteine.
Und es gibt keine Sonne.
Brick aber träumt von der Sonne und davon an der Spree zu picknicken.
Doch die Realität konfrontiert ihn mit dem Mord eines mutmaßlichen Colonials an Paul Bull, einem Antiquitätenhändler, dem ein wertvolles Artefakt entwendet wurde. Von Bull selbst ist nur noch Mus übrig und dies wirft fast noch mehr Fragen auf, als der abhanden gekommene Gegenstand.
Der Autor Karsten Krepinsky erbaut hier eine dystopische Version Berlins. Über den Rest der Welt erfahren wir erst einmal nichts. Wir kriechen durch finstere Gänge wie Ratten, die unterhalb der Stadt, ihre eigene erbaut haben. In diesem gewundenen Moloch verwickelt uns der Autor mit ungeheurem Erzähltempo in schnelle Verfolgungsjagden.
Wir machen die Bekanntschaft mit Squeezern, Diggern, Seedys, Supervisoren, PID’s und und und. Lebensform oder Job ist oft nicht so krass auseinanderzuhalten.
Auch tauchen wie auf Endlosbildern ständig neue Zonen auf.
Und natürlich ist der Feind nicht unbedingt der Feind, die Grenzen verschwimmen bzw. werden bedeckt von einem alles überwuchernden Myzel.
Wer die grafischen Bilder von M.C. Escher kennt, kann dieses Gefühl der Orientierungslosigkeit nachvollziehen.
Ein klug geschmiedeter Science Fiction Roman, der durch eine detaillierte Kenntnis Berlins brilliert aber seine Leser so manches Mal in den vielen unterirdischen Windungen verliert.
Hey, wieviele von Euch sind noch da unten?
Wer keine Pfadfindererfahrung besitzt hat hier leider verloren.
Der Rest sitzt sicher am Ende mit einem dicken Schleudertrauma im Stuhl, verursacht durch ein wahres Feuerwerk an Twists beim finalen Showdown.